Syrische Aktivist*innen machen vor dem Oberlandesgericht Koblenz auf die weiter andauernden Verbrechen des Assad-Regimes aufmerksam.

Dieses Folter-Urteil muss ein Anfang sein – nicht das Ende

Lebenslange Haft lautet das Urteil des Oberlandesgericht Koblenz für Anwar R., einen ehemaligen Geheimdienstler, der unter anderem Folter in über 4000 Fällen und mindestens 27 Morde im Al-Khatib-Gefängis verantwortet. Überlebende des Assadschen Folterregimes und Hinterbliebene der Opfer sehen das Urteil als ein wichtiges Zeichen – aber nicht als Genugtuung. Denn in Syrien dauert die Folter an. Daran haben heute in Koblenz etliche Menschen erinnert.

Syrische Aktivist*innen machen vor dem Oberlandesgericht Koblenz auf die weiter andauernden Verbrechen des Assad-Regimes aufmerksam.

Aktivist*innen der Initiative Families for Freedom halten Transparente in die Luft. Darauf steht um was es in Koblenz bei diesem Prozess ging: Nicht allein um den heute verurteilten Anwar R., sondern um einen Folterstaat, der bis heute Menschen willkürlich verhaftet und sie in Foltergefängnissen verschwinden lässt, die viele Gefangene nicht überleben.

“Ein erster, winziger Schritt” – das sagen Aktivist*innen aus Syrien zum Staatsfolterprozess in Koblenz.

Rund 130.000 Menschen sind seit März 2011 in Assads Gefängnissen verschwunden. Über 14.000 wurden nachweislich zu Tode gefoltert – von den anderen fehlt meist jedes Lebenszeichen. Was in diesen Gefängnissen passiert, hat der Prozess gegen Anwar R. in vieler Hinsicht deutlich gemacht, auch wenn das Grauen schwer zu fassen ist.

Bei der Urteilsverkündung vor Ort dabei war auch der syrische Aktivist Samer al-Hakim von der Kampagne #SyriaNotSafe. Seit den frühen Morgenstunden wartete er vor dem Gericht, um einen der wenigen Zuschauerplätze zu ergattern. Hier schildert er seine ersten Eindrücke.

Das Urteil in Koblenz darf kein Feigenblatt sein!

Ebenfalls zur Urteilsverkündung nach Koblenz gereist war unsere Kollegin Christin Lüttich. Sie berichtete, wie die Urteilsbegründung zur detaillierten Beschreibung dessen wurde, was in syrischen Haftanstalten bis heute alltäglich ist: Systematische Folter und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Nach vier Stunden, in einer Verhandlungspause, zog sie eine Zwischenbilanz. Ihre Forderung: Das Urteil muss ein Auftrag an die deutsche Politik sein, sich viel stärker als bisher für ein Ende von Unterdrückung und Verfolgung in Syrien einzusetzen.

Die Aufarbeitung von Verbrechen des syrischen Regimes geht derweil weiter. Schon in den nächsten Tagen steht der nächste Prozess gegen einen mutmaßlichen Folterer des Assad-Regimes an. Am 19. Februar beginnt in Frankfurt das Verfahren gegen den Arzt Alaa M., der in einem Militärkrankenhaus gefoltert haben soll.

Adopt a Revolution unterstützt die aktive Zivilgesellschaft in Syrien auch bei der Aufklärung von Verbrechen. Die Aktivist*innen unseres Partners Human Rights Guardians sammeln Belege und leiten sie an internationale Organisationen weiter – um solche Verfahren wie das in Koblenz zu ermöglichen. Helfen Sie mit, unterstützen Sie diese wichtige Arbeit mit Ihrer Spende!