Giftgasangriff in Khan Sheikhoun: Die Menschenrechte dürfen nicht auf dem Müllhaufen der Geschichte landen

Auf den erneuten verheerenden Chemiewaffenangriff in Syrien müssen endlich Konsequenzen folgen. Zu viel steht auf dem Spiel, wenn auf internationaler Ebene wieder ein dreckiger Deal geschlossen wird.

Verkrümmte Leichen, Schaum vor den Mündern. Die Bilder, die aus Khan Sheikhoun kommen, machen fassungslos. Über 70 Tote könnten es Aktivisten zufolge sein, darunter viele Kinder. Vieles ist zu diesem Zeitpunkt noch unklar, wenngleich die vorliegenden Indizien für die Täterschaft des Assad-Regimes sprechen. Doch selbst losgelöst von der Schuldfrage illustrieren die Ereignisse in Idlib wieder einmal die Grausamkeit des Regimes und seiner Verbündeten: Kaum waren die Verletzten in ein Feldlazarett gebracht worden, bombardierte ein syrisches oder russisches Kampfflugzeug die Klinik. Ein perfider und verbrecherischer Akt, der zeigt, worum es in Syrien zuvorderst geht: Den Staatsterror der Diktatur.

Gegen die Straflosigkeit
Der Vorfall zeigt aber auch – wieder einmal – das Versagen der internationalen Diplomatie in Syrien. Die Resolution 2118 des UN-Sicherheitsrates aus dem September 2013 hat dem Chemiewaffen-Terror in Syrien kein Ende gesetzt. Jeder, der den Syrienkrieg über die letzten Jahre beobachtet hat, weiß, dass das Assad-Regime immer und immer wieder Chemiewaffen eingesetzt hat. Dies zeigen unabhängige Untersuchungen von Menschenrechtsorganisationen und der Vereinten Nationen. Doch Konsequenzen gab es keine. Um nach dem Chemiewaffenangriff auf Ost-Ghouta im August 2013 angekündigte militärische Strafmaßnahmen gegen das Assad-Regime zu verhindern, schlossen Washington und Moskau einen Deal. Er sah die Zerstörung der Chemiewaffenbestände des syrischen Militärs vor – etwaige Verstöße sollten von Russland und den Vereinigten Staaten geahndet werde. Nichts von alledem ist geschehen. Weiterhin tötet das Assad-Regime ungeahndet. Erst im Februar diesen Jahres verhinderte Russland im UN-Sicherheitsrat erneut Sanktionen gegen das Assad-Regime wegen des Einsatzes von Chemiewaffen.

Aufklärung fängt vor der eigenen Haustür an
Doch es wird sich nichts ändern: Wie auch? Ohne Russland geht es nicht und der syrische Chemiewaffendeal zeigt, was Abkommen mit Moskau derzeit in Sachen Syrien wert sind. Doch die Straflosigkeit in Syrien muss ein Ende nehmen, sonst werfen wir das Konzept der Menschenrechte und des internationalen Rechts auf den Müllhaufen der Geschichte. Jede Diktatur auf diesem Planeten weiß heute, dass sie sich alles leisten kann, solange sie nur eine einzige Vetomacht im Sicherheitsrat hinter sich weiß. Das stößt das Tor für immer brutalere Repression gegen Oppositionelle noch weiter auf.

Die Bundesrepublik etwa könnte direkt vor der eigenen Haustür damit beginnen, der Straflosigkeit entgegenzutreten. Es waren deutsche Firmen, die das Chemiewaffenprogramm in Syrien mit aufgebaut haben. Doch statt endlich für Aufklärung über das Ausmaß der Verstrickung dieser Unternehmen zu sorgen, blockiert die Bundesregierung und schützt weiterhin die beteiligten Firmen. Solange im Westen so gehandelt wird, braucht man sich über den eigenen Bedeutungs- und Glaubwürdigkeitsverlust nicht wundern.

Die neuerlichen Chemiewaffen-Angriffe in Syrien müssen aufgeklärt werden und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Aber es braucht auch Hilfe für die Überlebenden. Die Opfer des bislang größten Giftgas-Angriffs in Syrien haben seit 2013 keine Hilfe durch internationale Organisationen bekommen. Helfen Sie jetzt mit, stärken Sie Projekte im betroffenen Ost-Ghouta mit einer Spende!

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