Die syrische Zivilgesellschaft will nicht fatalistisch darauf warten, bis die Covid-19-Pandemie die Flüchtlingslager Nordsyriens erreicht. In Selbstorganisation tun unsere Partner*innen alles in ihrer Macht Stehende, um die Folgen der drohenden Katastrophe zumindest abzumildern.
Allein in der Region Idlib leben Millionen Menschen in provisorischen Flüchtlingslagern oder informellen Camps. Die Luftangriffe Russlands und des Assad-Regimes zerstörten in den letzten Monaten dort zahlreiche Krankenhäuser, die medizinische Infrastruktur ist völlig unzureichend. In den Flüchtlingslagern im Nordosten Syriens ist die Situation nicht wesentlich besser. Ein großer Ausbruch der Corona-Pandemie hätte hier in kürzester Zeit verheerende Folgen – insbesondere für Flüchtlinge, die Ärmsten und Schwächsten der Gesellschaft. Deshalb engagieren sich jetzt viele der zivilgesellschaftlichen Projekte, die wir in Syrien unterstützen, um einen katastrophalen Ausbruch der Corona-Pandemie zumindest abzumildern.
Drei Beispiele:
„Früher brauchten die Leute nur ein paar Tage, um sich von einer Erkältung zu erholen, nach allem, was die Flüchtlinge in den Camps durchgemacht haben, brauchen sie jetzt einen Monat – und jetzt droht auch noch die Corona-Pandemie“, beschreibt die Aktivistin Souad. Gemeinsam mit ihren Mitstreiter*innen setzt sie sich dafür ein, in den zahllosen und überfüllten Flüchtlingslagern und informellen Camps grundlegende Hygienestandards einzuführen. Mit Informations- und Aufklärungskampagnen, aber auch durch das Verteilen von Hygiene- und Desinfektionsmitteln unterstützen die Aktivist*innen die Ärmsten – andernfalls hätte das Virus leichtes Spiel, wenn 10 bis 15 Menschen in einem Zelt zusammenleben müssen.
Um einer Corona-Pandemie zu begegnen, bevor sie überhaupt ausbricht, klären die Mitarbeiter*innen des Frauenzentrums in Idlib auf über die Symptome einer Erkrankung mit dem Covid-19-Virus, welche Hygienemaßnahmen sinnvoll und in den zahlreichen überfüllten Flüchtlingscamps überhaupt anwendbar sind und wie sich die Gefahr einer Ansteckung in Zeiten des Krieges reduzieren lässt. Nach der Zerstörung zahlreicher Krankenhäuser in der Region durch russische und syrische Luftangriffe ist Prävention die wichtigste Maßnahme, wie Huda, die Leiterin des Frauenzentrums, erzählt.
Das Welat-Radio sendet ohnehin auf kurdisch und arabisch, um die kurdisch-sprachige Bevölkerung zu erreichen, aber auch die zahlreichen Binnenflüchtlinge, die im Gebiet der kurdischen Selbstverwaltung in Syrien leben. Die Selbstverwaltung hat mittlerweile eine strenge Ausgangssperre verhängt, weshalb es umso wichtiger ist, dass sich die Menschen zu Hause informieren können. Aber noch wichtiger ist es den Mitarbeiter*innen, die noch immer über hunderttausend Vertriebenen zu erreichen, die seit der türkischen Intervention vom vergangenen Herbst in der Region in provisorischen Flüchtlingsunterkünften leben, denn die angespannten hygienischen Bedingungen würden dort einen Ausbruch noch schneller eskalieren lassen.