Nidal Ayoub auf einer Demonstration in Beirut

»Wir beugen uns nicht«

Auch im Libanon versucht der Staat die Protestbewegung mit Repressionen zum Schweigen zu bringen. Nicht immer mit Erfolg, wie der Fall Nidal Ayoub zeigt.

Nidal Ayoub auf einer Demonstration in Beirut

Der Libanon hat den Ruf, wesentlich liberaler zu sein als die meisten anderen Länder der Region. Tatsächlich aber wird die Presse- und Meinungsfreiheit in vieler Hinsicht beschnitten. Wer es wagt, den Präsidenten oder andere mächtige Politiker zu kritisieren oder irgendetwas tut, das als Beleidigung der Religion ausgelegt werden könnte, riskiert hohe Strafen. Schwammig formulierte Gesetze ermöglichen der Justiz, politisch unbequeme Stimmen zu unterdrücken. 

Dieser Beitrag ist Teil unseres Bonus-Pakets zur Adopt-Zeitung 2020

Ein Beispiel: Der Fall der feministische Aktivistin und Journalistin Nidal Ayoub, die sich im Libanon seit langem gegen die korrupte Regierung und eine gesellschaftliche Demokratisierung stark macht.

Im Januar 2020 wurde Nidal vom Cybercrime-Büro der Sicherheitsdienste verhört. Angezeigt hatte sie ein Journalist, der das Assad-Regime unterstützt. Der hatte schon zuvor in einem Video behauptet, Nidal werde von den USA und Israel unterstützt. Das Video führte dazu, dass Nidal Ayoub massiv bedroht wurde. Nidals Anzeigen gegen die Verleumdungen und Bedrohungen blieben von der Justiz unberücksichtigt.  

»Unter den einflussreichen Vertretern der herrschenden Parteien repräsentiert niemand uns Frauen. Keiner von ihnen hat uns Frauen je nach unseren Forderungen gefragt.«

Nidal Ayoub

Stattdessen wurde Nidal angeklagt, unter anderem wegen Beleidigung des Präsidenten, Schwächung des nationalstaatlichen Ansehens und Diffamierung der Religion. (Letzteres angeblich wegen eines Fotos, das in Nidals Social-Media-Kanälen gezeigt worden sein soll. Das Foto zeigt ein Graffiti in Beirut mit dem Slogan »Gott ist groß, aber die Revolution ist größer«.)

Der Inhalt der Anschuldigungen ist offenkundig irrelevant, sie zielen auf nichts anderes ab, als Aktivist*innen wie Nidal zum Schweigen zu bringen. Allerdings hat das im Fall Nidals, die bei Demonstrationen oft mit dem Megaphon zu sehen ist, nicht gewirkt. 

Wie laut Nidal Ayoub sogar ohne Megaphon sein kann, zeigt dieses Video, das aufgenommen wurde, kurz bevor sie zu einer Vorladung erscheinen musste. Zentrale Botschaft Ihrer Slogans: »Wir haben keine Angst, wir beugen uns nicht«