
Eskalation
Die Situation in Nordostsyrien eskaliert: Seit dem 23. Oktober intensivieren türkische Streitkräfte intensivieren ihre Angriffe und nehmen wieder verstärkt kritische Infrastruktur ins Visier, darunter Wasser-, Gas- und Kraftwerke, Erntelager und Gesundheitseinrichtungen. Auch Wohngebiete und Städte sind betroffen. Laut der kurdischen Selbstverwaltung summiert sich die Gesamtzahl der Angriffe auf etwa 1.000 allein in den ersten vier Tagen. Die humanitäre Lage verschärft sich zunehmend, da essentielle Versorgungsstrukturen schwer beschädigt sind. Lesen Sie dazu auch: Türkische Offensive und deutsche Komplizenschaft
290.000 Menschen fliehen verzweifelt vor israelischen Angriffen nach Syrien
Syrische Geflüchtete, die einst vor dem Assad-Regime in den Libanon flohen, sehen sich nun erneut zur Flucht gezwungen: Angesichts der jüngsten Eskalationen und Angriffe Israels im Libanon kehren viele von ihnen nach Syrien zurück. Nach Angaben des UNHCRs haben bereits 290.000 Menschen, davon etwa 70% Syrer*innen, den Libanon Richtung Syrien verlassen. Der Nordosten Syriens entwickelt sich zunehmend zur Anlaufstelle für Geflüchtete: Laut kurdischer Selbstverwaltung fanden dort als auch im Nordwesten bisher rund 20.000 Menschen Schutz, die sich versuchen vor den Angriffen im Libanon als auch dem Assad-Regime in Sicherheit zu bringen.
Flüchtende sind ein lukratives Geschäft für Assad
An der syrisch-libanesischen Grenze stehen syrische Rückkehrer*innen vor neuen Herausforderungen: Die syrischen Behörden verlangen einen Zwangsumtausch von 100 US-Dollar pro Person zu einem Kurs, der deutlich unter dem Marktwert liegt. Diese Regelung belastet die Fliehenden finanziell, verschafft aber dem syrischen Regime durch die Wechselkursdifferenz erhebliche zusätzliche Einnahmen. Zudem berichten Partner*innen und weitere Quellen, dass Geflüchtete an den Checkpoints im Land mehrfach zu Zahlungen von 100 US-Dollar gezwungen wurden.
Gleichzeitig hat die Europäische Union am 2. Oktober eine halbe Million Euro Soforthilfe für das UNHCR in Syrien bereitgestellt, um Geflüchtete aus dem Libanon zu unterstützen. Es ist nachgewiesen, dass das Assad-Regime immer wieder internationale Hilfsgelder für eigene Zwecke abzweigt.
Assad scheut nicht vor Verhaftungen zurück
Syrer*innen, die in ihr Heimatland zurückkehren, sind nicht sicher. Seit 2014 hat das Assad-Regime nachweislich über 2.000 Rückkehrende inhaftiert. Auch jetzt schlägt das Assad-Regime gnadenlos zu: Unterschiedliche Organisationen dokumentierten im Oktober zahlreiche systematische Verhaftungen und Inhaftierungen von aus dem Libanon fliehenden Menschen. Die Organisation SEEN für Gender und sexuelle Gleichberechtigung berichtet zudem die Festnahme und Misshandlung zahlreicher LGBTQI+-Personen unter den Rückkehrenden.
Angebot der kurdischen Selbstverwaltung, Abgeschobene aus Deutschland aufzunehmen. ist unwirksam
Die kurdische Selbstverwaltung in Nordost-Syrien hat ihre Bereitschaft zur Verhandlung über die Rückkehr syrischer Geflüchteter aus Deutschland signalisiert. In einem Interview mit dem deutschen Sender NTV am 19. Oktober erklärte Îlham Ehmed, Ko-Vorsitzende des Exekutivrats der autonomen Selbstverwaltung, dass die Region bereit sei, Rückkehrende unabhängig von ihrer Herkunft innerhalb Syriens aufzunehmen. Allerdings führt die Türkei seit zwei Jahren einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen den Nordosten Syriens. Zuletzt hatten sich die Angriffe wieder intensiviert. Unter diesen Umständen ist der Nordosten Syriens nicht sicher, Abschiebungen in diese Region wären rechtswidrig.