Die aktuelle Lage in der Stadt
Unsere Stadt ist seit einigen Monaten im Visier der Truppen des Regimes. Mehrfach wurden wir mit Artillerie und Mörsergranaten beschossen. Zudem haben Einheiten des Regimes die Stadt regelmäßig durchkämmt und viele BürgerInnen verhaftet. An allen drei Ortseinfahrten befinden sich militärische Checkpoints, im Inneren wird die Stadt durch weitere Checkpoints in vier Teile geteilt. Die immer wiederkehrenden Angriffe haben viele Einwohner dazu veranlasst, ihre Häuser und Geschäfte zu verlassen und mehrere Tausend sind aus der Stadt geflohen – darunter auch viele AktivistInnen. Viele davon sind in benachbarte Ortschaften geflüchtet, andere nach Jordanien. Strom, Wasser und Telefonnetz werden täglich für mehrere Stunden gekappt – „rationiert“, wie es das Regime gerne bezeichnet. In letzter Zeit hatten wir nur zwei Stunden am Tag Strom.
Unsere Aktivitäten
Die Sicherheitlage schränkt unsere Bewegungsfreiheit und unsere Aktivitäten erheblich ein. So finden die Demonstrationen nicht mehr in der Größenordnung statt wie früher, sondern sind kleiner und kürzer. Was uns wichtig ist, ist dass die Demonstration am Freitag stattfindet, denn der Freitag ist quasi zum nationalen Demonstrationstag geworden. Nach wie vor trägt jeder Freitag einen neuen Namen, der das Motto aller Demonstrationen in Syrien an diesem Tag ist. Wir und jedes andere Komitee fertigen unsere Transparente und Plakate diesem Motto entsprechend an.
Insgesamt kann man sagen, dass wir an jeder Protestaktion in unserer Stadt maßgeblich beteiligt sind, obwohl unser Komitee viel kleiner geworden ist, da viele unserer AktivistInnen Al Hrak verlassen mussten. Auch bei der humanitären Arbeit helfen wir mit. Alle Hilfslieferungen wie Lebensmittelkörbe und Medikamente, die die Stadt erreichen, werden von unseren AktivistInnen in Zusammenarbeit mit anderen Gruppen verteilt. Außerdem koordinieren wir mit den freiwilligen ÄrztInnen die Verteilung der medizinischen Hilfslieferungen.
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Video: AktivistInnen packen Lebensmittelkörbe.
Die Arbeit der Mediengruppe
Die Mediengruppe ist vom Internet abhängig. – Ohne Netz kaum Aktivität. Auf das syrische Netz können wir uns sowieso nicht verlassen und das jordanische Netz ist bei uns zu schwach. Hätten wir einen Signalverstärker, würde es funktionieren. So ein Verstärker kostet aber ungefähr 200 € und die haben wir leider nicht. Es gibt bei uns zwar mittlerweile auch Satelliteninternet (Astra), aber das wird von sieben Gruppen gleichzeitig genutzt. Es ist sehr schnell überlastet und die Verbindung ist insgesamt sehr langsam. Wir haben einmal viereinhalb Stunden gebraucht, um ein zweiminütiges Video auf Youtube hochzuladen. Zudem machen uns die täglichen Stromausfälle zu schaffen. Um dieses Problem zu umgehen, haben wir einen Generator organisiert, mit dem wir zwei Autobatterien und die Laptops aufladen. Der Generator ist allerdings dieselbetrieben und hat definitiv schon bessere Tage gesehen.
Die Mediengruppe besteht derzeit aus sieben Aktivisten: Ein Informatiker und Techniker, zwei Kameramänner, zwei Administratoren und ein Pressesprecher. Der Gruppe stehen zwei Laptops zur Verfügung, einer davon bleibt immer bei den Administratoren. Die Aktivisten sind für die Berichtserstattung und die Nachrichtenverteilung zuständig.
Ein kleines Team führt zu aktuellen bzw. wichtigen Themen gelegentlich Interviews mit den EinwohnerInnen Al Hraks.Wir haben beispielsweise Interviews über die Initiative Al Khatibs für einen Dialog mit dem Regime geführt. Die Meinungen in der Bevölkerung waren darüber sehr unterschiedlich. Einige begrüßten die Initiative und hofften, dass sie fruchten würde. Andere haben sie abgelehnt, weil sie überzeugt waren, dass das Regime diese Initiative wie alle anderen verwerfen würde.
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Video: Interviews über die Initiative Al Khatibs: „Alles, was das Blutvergießen in der syrischen Bevölkerung stoppt, unterstütze ich.“ vs. „Ich soll in einen Dialog mit jemandem treten, der Kinder getötet hat, mit einem Verbrecher, der Al Hrak und ganz Syrien zerstört hat? – Kein Dialog mit mir!“
Ebenso fanden einige Interviews mit Bauern der Stadt und ihre Situation statt. Sie können ihre Felder nicht mehr bestellen, weil zum einen einige Felder von den Truppen des Regimes besetzt sind und zum anderen viele landwirtschaftliche Fahrzeuge und Maschinen zerstört wurden.
Alle Aktivisten engagieren sich freiwillig und ehrenamtlich für die Protestbewegung – und auch Aktivismus kostet Geld. Deswegen sind sie auf finanzielle Unterstützugn angewiesen, doch manchmal reichen die eingehenden Spenden nicht aus. Die Aktivisten müssen außerdem für ihre Familien sorgen, was für viele von ihnen eine Herausforderung ist. Diesen Umstand nutzt beispielsweise der militärische Rat aus und versucht Aktivisten (vor allem aus der Mediengruppe) abzuwerben.
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