Bericht aus Hama

  Teil 1   Der Revolutionsrat Hama wurde im August 2011 gegründet. Unser Ziel war es, die Arbeit von mehr als 25 Komitees in der Region Hama, die in allen Bereichen der Protestbewegung aktiv sind, zukünftig besser koordinieren zu können. Der Struktur eines lokalen Komitees entsprechend, arbeiten die AktivistInnen des Revolutionsrates in drei Teams: dem […]

 

Teil 1

 


Der Revolutionsrat Hama wurde im August 2011 gegründet. Unser Ziel war es, die Arbeit von mehr als 25 Komitees in der Region Hama, die in allen Bereichen der Protestbewegung aktiv sind, zukünftig besser koordinieren zu können. Der Struktur eines lokalen Komitees entsprechend, arbeiten die AktivistInnen des Revolutionsrates in drei Teams: dem Feld-, dem Medien- und dem humanitären Hilfsteam. Außerdem haben einige AktivistInnen ein Statistikteam gegründet, das wöchentlich die Zahlen der Demonstrationen und anderer Protestaktionen sowie der Toten, Verhafteten und Flüchtlinge veröffentlicht. Für die Leitung des Ganzen ist eine Gruppe erfahrener AktivistInnen verantwortlich.

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Video: Liveübertragung einer Demonstration in Hama auf Al-Jazeera.

Das Medienbüro unseres Komitees bildet die zentrale Schnittstelle für Hama und das Umland, denn es sammelt und koodrdiniert alle Nachrichten der Protestbewegung in unserer Region. Im Medienbüro engagieren sich viele AktivistInnen und sie stehen im ständigen Kontakt mit mehr als 25 Komitees. Täglich werden hunderte von kurzen Berichten, Videos und Bildern empfangen, aufgearbeitet, ins Englische übersetzt und an verschiedene Agenturen, Sender und andere Interessenten weiter geleitet. Zu diesem Zweck haben die AktivistInnen Presseräume auf Skype und ähnlichen Plattformen eingerichtet und sich je nach Sprache, Sender und Zeitzone in Teams eingeteilt. Wir haben den Plan, die Berichtserstattung auf andere Sprachen auszuweiten – Französisch und Russisch zum Beispiel. Die aufwendige Arbeit des Medienbüros ist eines der Haupttätigkeitsfelder unseres Komitees.

Die AktivistInnen kommen aus allen Gesellschaftsschichten – im Revolutionsrat engagieren sich zum Beispiel AkademikerInnen, ÄrztInnen, Bauarbeiter, Hausfrauen und StudentInnen.
Eine weitere wichtige Rolle spielt der Rat bei der Organisation und Verteilung von humanitären Hilfsgütern sowie beim Aufbau von mobilen Krankenstationen. Zur Zeit ist das humanitäre Hilfsteam das größte, denn die humanitäre Lage in Hama ist sehr schlecht. Diese zu verbessern und somit das alltägliche Leben der Bevölkerung zu erleichtern, ist uns momentan ein großes Anliegen.

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Video: Beschuss einer friedlichen Demonstration in Hama.

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Wir bedanken uns herzlichst bei Adopt a Revolution und allen UnterstützerInnen!
Revolutionäre Grüße aus Hama

 

Teil 2

Die Geschichte der riesigen Mosaikflagge auf dem Al Aassi Platz in Hama

Auf den Al Aassi Platz in Hama passen mehr als eine halbe Million Menschen und dort fand im Sommer 2011 die größte Demonstration der syrischen Revolution statt. Am 22.07.2011 versammelten sich mehr als 600.000 Menschen, um gegen das Assad-Regime zu demonstrieren. 6.000 von ihnen trugen Fahnen und bildeten gemeinsam eine riesige Flagge.

Einer der AktivistInnen, die die Demonstration organisiert haben ist D.S. aus Hama. Er lebte mehrere Monate lebte im Untergrund, bis ihm kürzlich die Flucht in ein benachbartes Land gelang. Wir haben den Aktivisten interviewt und Einzelheiten über die Organisation der Aktion erfahren.

Eigentlich wollten wir für die Millionen-Demo eine 300 Meter lange Flagge nähen lassen. Es stellte sich jedoch bald raus: Eine 300 Meter lange Fahne anfertigen, das ist schlichtweg unmöglich. Ich hatte dann die rettende Idee: Viel besser wäre es doch, wenn man aus mehreren einzelnen Flaggenstückchen, die von mehreren tausend Menschen getragen werden, eine große Flagge bildet! Ich war der Meinung, dass der Aufwand gleich groß ist, aber viel mehr Leute an der Aktion beteiligt sein könnten – was am Ende ja auch immer zu einem größeren Gemeinschaftsgefühl beiträgt. Außerdem war ich mir sicher, dass diese Aktion großes Aufsehen erregen würde!

Im Allgemeinen kam die Idee gut an, einige AktivistInnen äußerten jedoch ihr Bedenken: Wie willst du ein paar tausend Leute dirigieren? Wie viel soll das denn kosten? Und: Das hat noch keiner vor uns versucht, das könnte schief gehen! Nach einer kurzen Diskussion wurde ein Team gebildet, dessen Aufgabe es war, die Machbarkeit der Idee zu untersuchen.

Das Team fand heraus, dass der aktuelle Preis für ein Stück Stoff inklusive eines genähten Saums und ein Stück Holz zum Tragen circa 20 Pfund pro Stück betragen würde. 6.000 x 20, das macht 120.000 Pfund also 1.500 Euro. Das war eindeutig zuviel!
Die Suche nach günstigeren Angeboten war aber letztendlich erfolgreich: Für das Holz fragten wir bei Großhändlern und sogar bei Bauunternehmen an. Ein Bauherr spendete schließlich mehrere große Holzbretter und organisierte uns auch noch den Kontakt zu einem Tischler, der die Bretter kostenlos auf die richtige Größe zuschnitt. Farbige Stoff ist prinzipiell teurer als weißer Stoff – doch bei so einer großen Menge wie 6.000 Stück war es nicht so schwer, sich mit den Stoffhändlern auf einen einheitlichen Preis zu einigen. 37 Pfund haben wir letztendlich für den Quadratmeter bezahlt und daraus konnte man vier Stücke zuschneiden. Das Nähen kostete das Komitee schließlich nochmal 2 Pfund pro Stück. Insgesamt haben wir für diese Aktion also circa 67.500 Pfund, das heißt etwa 800 € bezahlt – fast die Hälfte des anfänglichen Preises! Die grünen Sterne für den mittleren Streifen haben wir aus Schaumstoff gebaut.

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Video: Demonstration am 22. Juli 2011.

Der Plan stand also: 2.000 Menschen sollten am Freitag schwarze Fahnen, 2.000 rote Fahnen und 2.000 Menschen weiße Fahnen tragen.

Dann stellte sich uns nur noch eine letzte Frage: Wie mobilisieren und koordinieren wir 6.000 Menschen?!
Nach den aufwendigen Vorbereitungen hatten nicht mehr genug Zeit, um alle 6.000 DemonstrantInnen über die Aktion zu informieren. Um unseren Plan zu realisieren, haben wir uns deswegen folgende Taktik ausgedacht: Auf dem Platz, das heißt in der Mitte des Platzes, warteten bereits vor dem offiziellen Beginn 2.000 Leute mit den weißen Fahnen. Die meisten DemonstrantInnen strömten von den zwei größten Straßen auf dem Platz – sie stießen also von rechts und links auf die DemonstrantInnen mit den weißen Flaggen. Wir haben sie dort erwartet, ihnen die farbigen Fahnen in die Hände gedrückt – die eine Seite bekam rot, die andere schwarz – und sie kurz eingewiesen.

Die DemonstrantInnen waren total begeistert von der Aktion und die Atmosphäre atemberaubend! Dieser Tag wird für immer und ewig im Gedächtnis der AktivistenInnen und der BürgerInnen von Hama bleiben!