Die Situation auf dem Mittelmeer und in Libyen hat sich nochmals brutalisiert. Die Bedingungen für Seenotrettungen werden immer schwieriger. Die EU trägt zu dieser Eskalation bei.
Geflüchtete in Seenot werden derzeit vor allem von NGOs gerettet. Dagegen agiert die von der EU unterstütze sogenannte libysche Küstenwache immer härter gegen Geflüchtete und Retter*innen. Libysche Einheiten, ein undurchsichtiges Geflecht aus Sicherheitskräften, Milizen und Schleusern, schießen auf Rettungsboote und behindern die Arbeit von NGOs auf dem Mittelmeer. In Libyen werden Menschen verschleppt, gefoltert und vergewaltigt. Dies geschieht auch in offiziellen Haftzentren.
Es ist unerträglich, dass die EU und Deutschland diese Menschenrechtsverletzungen logistisch und mit Geld und Waffen unterstützen.
Auf See hat sich neben der akuten Gefahr durch libysche Einheiten auch die Zusammenarbeit mit den europäischen Sicherheitskräften verschlechtert. Europäische Kräfte, die in der Nähe sind, lassen die NGOs auch in Notfällen teilweise allein. Die Retter*innen arbeiten an der Grenze ihrer Möglichkeiten, um trotzdem Überlebenshilfe zu leisten. Die Reaktionen der EU und verschiedener Mitgliedstaaten sind untragbar: statt NGOs mehr Unterstützung zu geben, werden diese durch Anklagen und falsche Behauptungen kriminalisiert. Dabei ist Seerettung nach deutscher, europäischer und internationaler Rechtslage Pflicht.
Italien droht, seine Häfen für die Schiffe der NGOs und damit für die Geflüchteten zu sperren, wenn nicht andere EU-Länder mehr Solidarität zeigen. Dies wäre allerdings ein krasser Rechtsbruch und ist deshalb eher unwahrscheinlich. Auch hat Italien seit Jahrzehnten Geflüchtete aufgenommen, während sich Länder wie Deutschland auf die Dublin-Regelung berufen haben. Derzeit kommt es in Italien jedoch zu einer Notlage. Viele Migrant*innen sind obdachlos. Es wird Zeit, dass die italienischen Grenzen am Brenner und anderswo für alle Menschen wieder geöffnet werden. Die Zahl der Geflüchteten ist dabei, wie ebenfalls seit Jahrzehnten, eher niedrig, wenn wir auf Länder wie Jordanien, die Türkei oder Uganda blicken.
Brechen wir das Schweigen! Wir fordern:
- Einstellung der Kooperation der EU mit libyschen Einheiten
- Keine Rückschiebungen nach Libyen
- Unterstützung der NGOs auf dem Mittelmeer und Rettung durch
europäische Verbände - Solidarität mit Geflüchteten, eine Aussetzung der Dublin Regelungen und eine Wiederöffnung der Grenzen
- Sichere, legale Überfahrten nach Europa
- Ein Europa der offenen Grenzen
Erstunterzeichner*innen:
– kritnet – Netzwerk Kritische Migrations- und Grenzregimeforschung
– medico international
– Bayrischer Flüchtlingsrat
– Flüchtlingsbeauftragter des Landes Schleswig-Holstein
– borderline Europe
– bordermonitoring e.V.
– glokal e.V.
– Netzwerk Rassismuskritische Migrationspädagogik Baden-Württemberg
– “Die Unmündigen e.V.”
– WatchTheMed Alarm Phone
u.A.