Es hat den Anschein, als ob sich die Ereignisse in Damaskus mittlerweile überschlagen. Erst erklärte am Donnerstagabend der hochrangiger Regierungsbeamte Mahmud al-Hadsch Hamad, der sich mit seiner Familie nach Kairo abgesetzt hat, seine Solidarität mit den Regimegegnern, dann berichtete am Freitagmorgen der Nachrichtensender Al-Arabija, dass ein Beobachterteam der Arabischen Liga in einem Vorort von Damaskus von regimetreuen Truppen angegriffen worden seien. Gleichzeitig machte im Internet die Erklärung des desertierten Drei-Sterne Generals Mustafa Ahmad Sheich die Runde, der allerdings schon vor einer Woche in die Türkei flüchtete. Als dann schließlich das syrische Staatsfernsehen verkündete, dass bei einem Selbstmordanschlag in Damaskus mindestens 25 Menschen getötet und weitere 46 Menschen verletzt wurden, konnte man schon den Eindruck haben, dass all diese Ereignisse auf eine äußerst bizarre Weise miteinander verwoben sind.
Wir erinnern uns, erst am 23. Dezember letzten Jahres waren im Damaszener Stadtteil Kfar Souseh Anschläge gegen ein Gebäude des Geheimdiensts verübt worden, ebenfalls an einem frühen Freitagnachmittag und just einen Tag nachdem die ersten Beobachter der Arabischen Liga in Damaskus eintrafen. Im Dezember kamen nach Angaben der syrischen Nachrichtenagentur Sana 44 Menschen ums Leben und mehr als 160 Menschen wurden verletzt. Und auch damals beschuldigten die Staatsmedien Terroristen für den Anschlag verantwortlich zu sein. Erst wurde von Al-Kaida gesprochen, später hieß es, es liege ein Bekennerschreiben der syrischen Muslimbrüder vor, die diese Behauptung allerdings dementierten.
Die Regimegegner vermuten wieder Syriens Führung hinter dem Anschlag. Denn das Regime hat am meisten zu verlieren. Die Mission der Arabischen Liga gilt als gescheitert. Von einer gezielter Irreführung der Beobachter die Rede, so dass Katars Regierungschef unlängst einige Fehler einräumen musste und bei der UNO um Unterstützung bat. Da passt es natürlich gut, wenn sich die syrische Führung als Opfer präsentieren kann.
In einem vorliegenden Statement wertete das lokale Komitee in Al-Midan den Anschlag als einen erneuten Versuch des Regimes, die friedlichen Proteste zu diskreditieren, und um die Version der syrischen Führung, es handle sich um einem „Konflikt zwischen Parteien, in dem es bewaffnete terroristische Bombenanschläge gibt, und eine Regierung die die Sicherheit der Menschen verteidigt“ zu untermauern. Das Lokale Koordinationskomitee veröffentlichte unlängst ein Dossier über die am 23.Dezember getöteten Sicherheitskräfte, indem unter anderem 10 Namen aufgelistet werden, die laut der Nachrichtenagentur Sana bei dem Anschlag in Damaskus ums Leben kamen und später, ebenfalls bei Sana, als Opfer einer Auseinandersetzung mit bewaffneten Banden noch einmal auftauchen.