Mohammed Alali ist 33 Jahre alt, stammt gebürtig aus Deir ez-Zor und lebt jetzt Berlin.

„Ich kann und werde diese Botschaft niemals betreten – koste es, was es wolle!“

Syrer*innen zahlen einen hohen Preis, denn der Gang in die syrische Botschaft ist für nach Deutschland
geflohene Syrer*innen oft nicht nur ein qualvoller Prozess, sondern bringt mitunter reale Gefahren mit sich – insbesondere für die in Syrien verbliebenen Familien. Hier erzählt Mohammed Alali seine Geschichte.

Mohammed Alali ist 33 Jahre alt, stammt gebürtig aus Deir ez-Zor und lebt jetzt Berlin.

Ich war in der syrischen Armee, stand aber auf der Seite der Revolution, deshalb wurde ich von der Militärpolizei verhaftet. Ich landete im Militärgefängnis und wurde dort gefoltert. Damit hatte ich noch Glück. Mein Cousin, der für mich wie mein Bruder war, wurde von einem Offizier getötet, weil er sich weigerte, Zivilist*innen zu erschießen. Meine Familie hat sehr viel Geld für meine Freilassung bezahlt – unter Auflagen wurde ich entlassen, aber auch immer wieder inhaftiert. Ich bin aus der syrischen Armee geflohen und werde deshalb in Syrien gesucht. Es war klar, dass ich nicht in Syrien bleiben konnte.

Ich werde vom Regime gesucht

Seit 2016 bin ich in Deutschland. Gesucht werde ich aber immer noch – vom Regime und der Militärpolizei. Es gibt ein offizielles Fahndungsschreiben, das meine Familie mir geschickt hat. An Weihnachten 2017 wurde dann mein Bruder anstatt meiner inhaftiert. Nur durch eine sehr hohe Geldzahlung konnte meine Familie ihn nach drei Monaten aus dem Folterknast befreien. Das könnte jederzeit wieder passieren.

Es kann also niemand ernsthaft von mir verlangen, dass ich in die syrische Botschaft spaziere. Das hat auch erstmal niemand. Als ich in Deutschland ankam, wurde ich nicht mal nach meinem Pass gefragt. Ich hatte auch keinen oder andere offizielle Dokumente, mit denen ich mich beim Interview in der Ausländerbehörde hätte ausweisen können. Das war damals kein Problem. Es gibt viele Möglichkeiten, wie man die Identität einer Person nachweisen kann. Ich wurde beispielsweise sehr detailliert über mein Leben und meine Herkunft befragt. Ich musste ganz genau die Gegend, aus der ich komme, beschreiben und auch ein Gebäude in meiner Straße zeichnen. Sie haben meine Zeichnung dann geprüft. Das hat damals ausgereicht.

Wenn ich dahingehe, könnte meine Familie wieder ins Visier des Regimes geraten

Ich bekam dann den subsidiären Schutzstatus zugesprochen, den ich 2019 und ab da alle zwei Jahre verlängern musste. Und auf einmal brauchte ich dafür einen Reisepass, den ich in der syrischen Botschaft holen sollte. Ich verstehe das nicht. Sie wissen doch, wer ich bin. Warum soll ich jetzt einen Reiseausweis vorlegen? Ich bin ein oppositioneller Aktivist, ich stehe offiziell auf den Fahndungslisten des Regimes und jetzt soll ich zur Botschaft gehen und dem syrischen Geheimdienst meinen Aufenthaltsort und meine Adresse mitteilen?

Ich habe dem Sachbearbeiter das Fahndungsschreiben aus Syrien vorgelegt, alle meine Gründe vorgetragen. Wenn ich dahingehe, könnte meine Familie wieder ins Visier des Regimes geraten – mein Bruder wieder inhaftiert werden. Aber die Ausländerbehörde will davon nichts wissen.

Dabei traue ich mich nicht mal ohne Begleitung auch nur in die Nähe der Botschaft. Es ist zu unsicher. Vor drei Jahren haben sie den syrischen Aktivist Mazen al-Hamada entführt. Ich kannte ihn persönlich. Niemand kann mir Sicherheit garantieren – diese Botschaft ist nicht sicher für Syrer*innen. Ich kann und werde das Assad-Regime nicht unterstützen und deshalb kann und werde ich die Botschaft nicht betreten. Für meine Standhaftigkeit bezahle ich einen hohen Preis: Alle zwei Jahre muss ich mich mit der Ausländerbehörde herumschlagen, hoffen, dass ich meine Aufenthaltsverlängerung bekomme und keine Strafe kassiere.