Menschenrechtler zu Dschihadisten verlegt – Mazen Darwishs Frau sprach in Berlin

Seit Februar 2012 sind die syrischen Medienaktivisten Mazen Darwish, Hussein Gharir und Hani Saitani in Haft. Ihr Verbrechen: Sie haben über Missstände in Syrien berichtet, über politische Verfolgung und Armut. Sie arbeiteten für das Syrische Zentrum für Medien- und Meinungsfreiheit in Damaskus, der Anwalt Mazen Darwish war der Gründer. Einmal im Jahr gab das Zentrum […]

Seit Februar 2012 sind die syrischen Medienaktivisten Mazen Darwish, Hussein Gharir und Hani Saitani in Haft. Ihr Verbrechen: Sie haben über Missstände in Syrien berichtet, über politische Verfolgung und Armut. Sie arbeiteten für das Syrische Zentrum für Medien- und Meinungsfreiheit in Damaskus, der Anwalt Mazen Darwish war der Gründer. Einmal im Jahr gab das Zentrum einen Jahresspiegel über die Zensur im Land heraus, berichtet der ehemalige Reuters Korrespondent für Syrien Khaled Yacoub Oweis auf einer Veranstaltung von Reporter ohne Grenzen am 8. Mai in Berlin.

Mit ihm auf dem Podium sitzt Yara Bader. Sie ist die Frau von Mazen Darwish und schreibt als Journalistin für Al Quds al Arabi. In ihrem Exil in Beirut versucht sie, das Zentrum für Medien- und Meinungsfreiheit weiterzuführen. Aber das sei schwer, sagt sie. „Wir, die wir übrig geblieben sind, sind über mehrere Länder verstreut, manche sind in der Türkei, manche in Ägypten oder Europa.“

Seit drei Jahren führt sie nun auch die Kampagne zur Freilassung von Mazen Darwish, Hussein Gharir und Hani Saitani an. Mehrfach wurde der Gerichtsprozess verschoben. Das Regime wirft den dreien „Veröffentlichung von Informationen über terroristische Akte“ vor. Darauf könnte ein Gericht die Todesstrafe verhängen.

Vor ein paar Tagen ist Mazen Darwish mal wieder in ein anderes Gefängnis verlegt worden. „Ich weiss nicht wohin,“ sagt Yara. Erst Ende Januar war er aus dem Zivilgefängnis in Damaskus nach Hama gekommen, während Hani Saitani nach Sweida verlegt wurde. Im April waren sie dann wieder zurück in Damaskus – und nun wieder weg. „Das ist eine Art Strafe“, erklärt Yara. Das Regime verlege Menschenrechtler in Gebiete, wo Al Nusra und ISIS nicht weit seien. „Das ist dann sehr schwer für Rechtsanwälte und Angehörige dort hinzureisen.“ Außerdem sei es schon immer eine Strategie des Regimes gewesen, politischen Gefangenen den Alltag im Gefängnis so schwer wie möglich zu machen. „In Hama sind die meisten Gefangenen sehr konservativ. Schon in den 1980er Jahren haben sie gern Kommunisten und Muslimbrüder zusammen gesperrt.“

Gesundheitlich ginge es ihrem Mann besser seit er im Zivilgefängnis sei. Im ersten Jahr waren die Medienaktivisten im Militärgefängnis inhaftiert. „Als ich ihn da besucht habe, habe ich ihn nicht wiedererkannt. Er wog noch 40 Kilo und hatte auch Anzeichen von Folter. Jetzt hat er wieder zugenommen.“

Yara Bader
Yara Bader

Khaled Yacoub Oweis weist daraufhin, dass jeden Tag in Syrien „50 Menschen in den Kerkern des Regimes entsorgt werden“. „Das sind keine Leute, die Waffen tragen. Die, die Waffen haben, werden gleich auf dem Schlachtfeld getötet.“ Es sind Oppositionelle, Journalisten, Aktivisten. „Das Regime schaltete die Moderaten aus. Wenn die weg sind, kann es behaupten, dass es gegen Extremisten kämpft.“

Yara stimmt zu: „Die Strategie des Regimes ist es Leute wie Mazen Darwish einzusperren und gleichzeitig Leute wie Zahran Alloush freizulassen.“ Alloush, ein radikaler Islamist, war in einer Amnestie kurz nach Beginn der Revolution 2011 zusammen mit 1500 anderen inhaftierten Islamisten freigekommen. Heute ist er Kommandeur der islamistischen Miliz Armee des Islam, die für die Entführung der Menschrechtsaktivisten Razan Zeitouneh, Samira Alkhalil, Mazen Hammadi und Wael Hammadi verantwortlich sein soll.

Sowohl Yara Bader als auch Khaled Yacoub Oweis sehen die Berichterstattung aus Syrien kritisch, auch die der internationalen Medien. Khaled Yacoub Oweis berichtet, dass nur wenige Korrespondenten und Agenturen in Regimegebieten verblieben sind, viele wurden des Landes verwiesen, wenn sie kritisch berichteten. „Das Hauptziel der Verbliebenen ist, nicht auch rausgeschmissen zu werden. Manche sind sehr regimekritisch, aber sie können es nicht schreiben.“ In den Rebellengebieten gibt es ähnliche Probleme: Journalisten und Journalistinnen sind auf den Schutz von Milizen angewiesen. Aber Khaled Oweis sagt, es gäbe dort auch hervorragenden Journalismus. „Das Beste, was ich sehe, ist tatsächlich von deutschen Medien – Der Spiegel enthüllt immer wieder gute Hintergründe.“