Was die Trump-Präsidentschaft für Syrien bedeutet

Donald Trump wird im kommenden Januar ins Weiße Haus einziehen. Für Syrien könnte das weitreichende Folgen haben.

Oppositionelle Syrerinnen und Syrer reagierten auf den Wahlsieg Donald Trumps überwiegend mit Enttäuschung, Zorn oder Galgenhumor – denn für ihre Sache bedeutet der Sieg des Populisten nichts Gutes. Dschihadisten, Putin und das Assad-Regime hingegen fanden etwas, das sie abseits der Repression gegen besagte Oppositionelle eint: Die Freude über den Wahlsieg Trumps.

Nüchtern betrachtet ist noch überhaupt nicht absehbar, wie eine Trump-Präsidentschaft aussehen könnte. Zum einen hängt dies davon ab, welche Berater und Minister man einsetzen wird. Zum anderen hat Trump zwar theoretisch den Kongress auf seiner Seite, doch auch innerhalb der republikanischen Partei gibt es allerlei Politiker, die zu diversen Themen gänzlich andere Meinungen vertreten. Ganz zu schweigen vom Militärapparat, den Geheimdiensten und dem Obersten Gerichtshof. Selbst Trumps Vizepräsident Mike Pence widersprach Trump immer wieder – insbesondere hinsichtlich Russland und Syrien.

Allerdings stehen Trump eine Vielzahl von Entscheidungen zu, für die er den Kongress nicht braucht. Er hat etwa die Möglichkeit Präsidentenerlasse, executive orders, zu verabschieden.

Was also ist von diesem Präsident in Sachen Syrien zu erwarten?

Trump und die Vereinten Nationen

In Trumps Augen ist die UN ein politisches Spiel – und die Amerikaner sind ihr größter Beitragszahler. Sie allein finanzieren mehr als ein Fünftel des UN-Haushalts. Dazu kommen beispielsweise weitere hohe Summen für UN-Agenturen wie das Flüchtlingshilfswerk. Der Immobilienmogul zweifelte am Sinn dieser Zahlungen und so ist es vorstellbar, dass die USA unter Trump ihre finanzielle Unterstützung zurückfahren werden. Für die sowieso klamme UN und ihre nicht minder klammen Agenturen wäre dies fatal – und somit auch für Millionen Syrerinnen und Syrer die von humanitärer Hilfe abhängig sind.

Trump und die „Starken Männer“

Einer der ersten arabischen Despoten, die sich für Trump aussprachen, war Ende September der ägyptische Herrscher Abd al-Fattah as-Sisi. Dessen baldiger amerikanischer Amtskollege revanchierte sich rasch: Sisi sei ein „fantastischer Kerl“.

Dass der fantastische Kerl seit dem Militärputsch von 2013 über 40.000 Menschen aus politischen Gründen inhaftiert hat und foltern lässt, interessiert Trump nicht.

Sisi steht in einer längeren Reihe von Autokraten, für die Trump bereits seine Sympathie verkündet hat. Trump steckt tief in der Logik fest, dass heute im Nahen Osten alles besser sei, wenn die alten Diktatoren noch an der Macht wären.

Doch die Strategie der Starken Männer im arabischen Raum ist gescheitert – die aktuelle Situation ist vor allem ein Resultat ihrer Herrschaft, die ganze Gesellschaften ausgehöhlt, ausgebeutet und brutalisiert hat – stets darauf bedacht die eigenen Rivalen zu destabilisieren. Was Trump für den Nahen Osten anstrebt, ist eine Friedhofsruhe, die nicht von langer Dauer wäre.

Wie stark die Rückendeckung für eine solche Politik im Kongress ist, lässt sich nicht leicht bestimmen. Zwar sind viele Politiker dem Mythos der stabilen Terror-bekämpfenden Despotien verfallen, viele republikanische Außenpolitiker sind jedoch eher für ihre harte Position gegenüber Assad bekannt.

So auch Vizepräsident in spe, Mike Pence, der im Oktober erklärte, dass die USA darauf vorbereitet sein müssten, militärische Ziele des Assad-Regimes anzugreifen. Auch diese gegensätzliche Strategie dürfte jedoch nicht wirklich die Lage verbessern.

Trump und der verengte Blick

Wie so viele Politiker sieht auch Trump Syrien hauptsächlich durch die Terrorismus-Brille. Für Trump ist Assad zwar „bad“, ansonsten aber geht es ihm für gewöhnlich nur um ISIS, denen man „die Scheiße aus dem Leib bomben“ müsse. Russland, Iran und Assad würden ISIS bekämpfen.

Im Mai hatte Trump erklärt, dass Assad im Amt bleiben könne und dass die USA „größere Probleme“ hätten. Viel mehr vermochte Trump bisher nicht auszuführen – Fragen nach einer möglichen Strategie wischte er stets mit dem Hinweis vom Tisch, dass es dumm wäre, den Terroristen seine Strategie zu verraten.

Trump und Putin

Trump bewundert Putin und hatte in der Vergangenheit allerlei freundliche Worte für den russischen Präsidenten übrig. Im Kreml dürfte die Freude groß sein über den Ausgang dieser Wahl.

Wie oben ausgeführt teilt er in Hinsicht auf den Nahen Osten auch viele Positionen Putins. Noch im August diesen Jahres forderte Trump eine Allianz mit Russland gegen ISIS. Moskaus militärisches Engagement in Syrien sieht Trump generell unkritisch – trotz gut dokumentierter Kriegsverbrechen und einer Strategie, die viel für Assad, aber wenig gegen ISIS tut.

Auch hier gilt jedoch: Diese Positionen sind unter Republikanern alles andere als mehrheitsfähig – Mike Pence sagte etwa, dass er und Trump „russischer Aggression“ in Syrien und der Ukraine mit „Härte“ begegnen würden. Die russischen Angriffe auf Zivilisten nannte Pence „barbarisch.“

Trump und die Menschenrechte

Problematisch ist auch Trumps Haltung zu den Menschenrechten und der Genfer Konvention. Er bewunderte beispielsweise das skrupellose Vorgehen Saddam Husseins, dessen Schergen ihren Opfern gar nicht erst die Rechte vorgelesen haben.

Bei aller berechtigten Kritik an der Kriegsführung der Vereinigten Staaten muss man jedoch eines feststellen: Es gab durchaus Fortschritte unter Barack Obama – etwa die Verabschiedung der Executive Order 13491, die zwar nicht wasserdicht ist, Folter aber doch zumindest vorerst den Riegel vorschob. Trump hingegen äußerte in der Vergangenheit, diese wieder einführen zu wollen. Auch forderte er, Angehörige von Terroristen ebenso rücksichtslos zu verfolgen, wie die Verbrecher selbst – ein Kriegsverbrechen.

Nach harscher Kritik aus den Geheimdiensten und dem Militär ruderte Trump vorläufig zurück.

Trump und der Iran-Deal

Trump – und ebenso eine Mehrheit der republikanischen Abgeordneten – wollen den Atomdeal mit dem Iran rückgängig machen. Die Komplikationen die aus dieser Entscheidung resultieren könnten sind völlig unberechenbar – auch für Syrien, einem der engsten Verbündeten der Teheraner Mullahs.

Trump und die Dschihadisten

Abu Muhammad al-Maqdisi, seines Zeichens al-Qaida-Ideologe, twitterte nach der Wahl: “#Trump offenbart die wahre Mentalität der Amerikaner und ihren Rassismus gegenüber Muslimen und Arabern und allem. Er zeigt, was sein Vorgänger zu verbergen pflegte. So entlarvt sein Sieg #Amerika und dessen Anhängsel” – für die dschihadistische Propaganda ist Trump ein Geschenk.

Foto: Michael Vadon, Creative Commons Lizenz BY-SA 4.0