Banner unserer Partner*innen in Atareb: “Unser Kampf ist ein Kampf des Bewusstseins und der Solidarität. Unser Engagement in der Gesundheitsaufklärung wird verhindern, dass wir das Coronavirus bekommen.”

Aktivist*innen in Syrien: “Die Corona-Krise überstehen wir nur gemeinsam”

Was tun, wenn sich niemand verantwortlich fühlt, ob die Menschen vor der Corona-Pandemie geschützt sind? Unsere Partner*innen vom Zivilen Zentrum Atareb in der Region Idlib ergreifen einfach selbst die Initiative.

Banner unserer Partner*innen in Atareb: “Unser Kampf ist ein Kampf des Bewusstseins und der Solidarität. Unser Engagement in der Gesundheitsaufklärung wird verhindern, dass wir das Coronavirus bekommen.”
Ein lokaler Sender aus Idlib berichtet über die Arbeit des Zivilen Zentrums

Bis zu Waffenruhe im März waren die Truppen des Assad-Regimes der Kleinstadt Atareb in der Region Idlib gefährlich nahe gekommen: Nur noch 4,5 Kilometer stehen die Soldaten des Diktators entfernt. Vor dem Dauerbeschuss waren fast alle der 40.000 Bewohner*innen geflohen – und auch die Binnenflüchtlinge, die in den Monaten zuvor hierher geflohen waren. Die Stadt war nahezu ausgestorben als eine russisch-türkische Vereinbarung die Kämpfe beendete – aber die Aktivist*innen vom Zivilen Zentrum waren geblieben. Ihr Motto damals: Wir gehen als Letzte und versorgen die zurückgebliebenen Alten und Kranken, solange es geht.

Seit Anfang März ruhen die Waffen – und die Menschen kehren langsam wieder zurück. Doch statt Bomben und Raketen sehen sich die Bewohner*innen jetzt einer neuen tödlichen Bedrohung ausgesetzt: Dem Corona-Virus. Die Versorgungslage ist so schlecht, dass ein Großteil der Kinder mangelernährt ist und nach Flucht und Rückkehr haben die meisten Familien ihre Rücklagen längst aufgebraucht. Bräche hier die COVID-19 aus, es würde wohl viele Todesopfer fordern.

Um genau das zu verhindern, springen wieder die Aktivist*innen des Zivilen Zentrum ein – und setzen auf engen gesellschaftlichen Zusammenhalt, um die Menschen zu schützen.

“Niemand fühlt sich hier verantwortlich die Menschen über die Gefahren des Corona-Virus und Präventionsmöglichkeiten zu informieren”, berichtet Mohammed Shakerdy, Leiter des Zentrums. “Auch alle humanitären Organisationen haben ihre Aktivitäten eingestellt oder zumindest zurückgefahren, seit das Assad-Regime quasi vor der Haustür steht.” Während die radikalen Islamisten der Terrormiliz HTS vor dem Waffenstillstand noch einen Großteil des Lebens in der Stadt zu kontrollieren versuchten, zeigen sie jetzt keinerlei Interesse daran, die Bevölkerung vor dem Virus zu schützen. Sie bauen, ganz im Gegenteil, sogar noch die vorhandene Infrastruktur wie Stromkabel und Generatoren ab in der Erwartung, das Regime würde bald die Kontrolle über die Stadt wieder übernehmen. “Deshalb springen wir als Zivilgesellschaft wieder ein und versuchen mit einer groß angelegten Aufklärungskampagne, einen Ausbruch der Pandemie zu verhindern”, so Shakerdy.

Einer für alle und alle für einen

In der ganzen Stadt informieren Banner und Aushänge über Corona, mahnen zur Vorsicht und rufen zum Zusammenhalt auf.

Das frisch wiedereröffnete Zentrum ist nun das Hauptquartier im Versuch, das Virus aus der Stadt zu halten. Hier entwirft das Team um Shakerdy Plakate und Banner, um sie gut sichtbar in der gesamten Stadt auszuhängen und zu verteilen. In Workshops erklären sie die Übertragungswege von Corona und erläutern sinnvolle Schutz- und Vorsorgemaßnahmen. Hier treffen sich auch alle, die über medizinische Kenntnisse verfügen, um sich abzustimmen und Empfehlungen für die Bevölkerung zu formulieren. Die zentrale Botschaft der gesamten Kampagne: Mit Zusammenhalt und Solidarität schaffen wir gemeinsam auch diese Krise!

Gemeinsam mit anderen zivilen Organisationen bietet das Zentrum Bedürftigen an zwei Standorten in der Stadt kostenlose Lebensmittel an wie Reis, Zucker, Öl und Gemüse – aber auch Chlor als Desinfektionsmittel. Sollte es zum Lockdown kommen, können von hier aus alle Haushalte von einem Krisenteam versorgt werden.

„Bei allen Maßnahmen, die wir jetzt ergreifen wissen wir, dass unsere Chancen gering sind, das Virus aufzuhalten“, erklärt Shakerdy. „Aber wir versuchen trotzdem alles, was wir leisten können – denn wir wollen niemanden in der Gefahr alleine lassen!“

Adopt a Revolution unterstützt die selbstorganisierte Corona-Hilfe von Aktivist*innen der syrischen Zivilgesellschaft – helfen Sie mit!