Am Donnerstag kam es zu einer Anschlagserie im Herzen von Damaskus bei dem es etliche Tote und mehrere Hundert Verletze gab. Bisher hat sich noch niemand zu dem Anschlag bekannt. Thilo Thilke räsoniert in Spiegel online, dass, „[w]as im Zentrum von Damaskus passiert, hat mit den Kämpfen zwischen bewaffneten Aufständischen und den regimetreuen Soldaten wenig zu tun. Es sind terroristische Anschläge, die die Jahrtausende alte Stadt erschüttern und die Zivilisten treffen.“
Dennoch haben sich die USA laut Al Akhbar geweigert eine Stellungnahme des UN-Sicherheitsrates zur Verurteilung der Anschläge mitzutragen, was prompt zu Verärgerung auf russischer Seite geführt hat (der Anschlag passierte in der Nähe russischer Institutionen in Damaskus). Der russische Außenminister Sergei Lavrov warf den USA Dopelstandards vor: „We … see in it a very dangerous tendency by our American colleagues to depart from the fundamental principle of unconditional condemnation of any terrorist act, a principle which secures the unity of the international community in the fight against terrorism”.
Zwei Tage zuvor hatte John Wreford in your middle east noch ein Bild des Alltags der Damaszener wiedergeben wollen. Zwar treffen seine Ausführungen nur auf die Altstadt zu, da die Außenbezirke von Damaskus wie etwa Yarmuk regelmäßig mit schwerer Artillerie beschossen werden, doch ist es dennoch ein interessanter Bericht. Auch wenn klar sein dürfte, dass sich nach Donnerstag die Lage für viele Bewohner noch einmal geändert hat. Bereits seit letztem Sommer ist die Altstadt von Checkpoints übersät und Bewohner wurden „zum Schutz“ bewaffnet. Aus der Altstadt und anderen Bezirken wurden Autos komplett verbannt. Der Strom fällt teilweise tagelang aus, besonders schlimm für die Ärmsten, die sich keine Stromgeneratoren leisten können. Die „visuelle Sicherheit“ wird durch Riesenposter Bashar al-Asads und der Zurschaustellung der Flagge versucht zu garantieren. CCTV-Kameras übernehmen die „unsichtbare Sicherheit“. Willkürliche Hausdurchsuchungen geschähen täglich. Auf den Märkten ließen sich zwar noch alle Nahrungsmittel finden, aber zu exorbitanten Preisen. Für Brot müssen man dennoch Stunden lang anstehen, die Töne von Beschuss und Kampfflugzeugen immer im Hintergrund. Wrefold schließt anerkennungsvoll: „I asked a friend a while ago when did Syria last suffer such a tragedy as this? Not since Tamerlane, he said without hesitation. Damascus is the oldest continuously inhabited city on earth, it survived the Mongols in the 13th century, it will survive this.”
Der Beschuss Aleppos durch Raketen des Regimes geht derweil ununterbrochen weiter. Das Ausmaß der Zerstörung ist verheerend: mit einer einzigen Raketen seien 30 Wohnhäuser zerstört und über 150 Menschen verletzt wurden. Angesichts dieser Zerstörung und dem „schamvollen internationalen Schweigen“ dazu, zog das größte Oppositionsbündnis die „Syrische Nationale Koalition“ ihre Teilnahme bei dem Treffen der „Freunde Syriens“ zurück. Gespräche mit Russland und den USA wurden zudem abgesagt. In einer Erklärung heißt es, man protestiere damit gegen die Ausbleiben einer internationalen Verurteilung gegen die „Verbrechen die gegen das syrische Volk“ gerichtet werden. Weiter heißt es, dass der russischen Führung aufgrund ihrer Waffenversorgung des syrischen Regimes, direkte politische und moralische Verantwortung zukomme. Die Al Jazeera Korrespondentin Nisreen El-Shamayley interpretiert das Vorgehen der Opposition folgendermaßen: „It is not really turning its back on the international community. It is still calling on the international community to help it with negotiations it wants to start with the Syrian government.”
Nachdem die Freie Syrische Armee (FSA) Anfang der Woche gedroht hatte, Hisbollah Waffenstützpunkte im Libanon zu beschießen, sollte diese sich nicht innerhalb von 48 Stunden von syrischem Territorium zurückziehen, beschäftigt sich al-akhbar mit der Aufbauschung der Rolle Hisbollahs im Konflikt.
In der Vergangenheit war es bereits zum Aufbau paralleler Staatsstrukturen in den Gebieten gekommen, über die die syrische Regierung keine Kontrolle mehr hatte. So wurde für die Stadt Idlib Wahlen abgehalten und in Kafranbel eine Verfassung ausgearbeitet. Nun will die syrische Opposition eine Übergangsregierung für diese befreiten Gebiete bilden.
Zeiten von Revolution sind auch die Zeiten, in denen Mythen und der Glaube an das Übermenschliche Konjunktur hat. Rita aus Syrien schreibt in Open Democracy über religiöse Mythen, die bei den Alawiten in Syrien vorherrschen und nun im Laufe der Revolution, von einigen mit Politik verbunden werden. So sei Al-Khider, einer der rechtschaffenden Männer Gottes, der Wunder vollbringen könne, auf dem Tahrir-Platz erschienen. Er werde die Alawiten von Unterdrückung befreien und an der Seite Bashar al-Asads stehen. So wurde ein Sturm, der im April 2011 am „Freitag des Zorns“ durch die Hauptstadt wehte, und eine Anti-Regime Demonstration fast unmöglich machte, als Omen Gottes interpretiert. Dies ginge sogar so weit, dass al-Asad als moderner Nachfolger Imam Alis angesehen wird, syrische Internetseiten und die Märkte, seien voll von solchen Produkten. Rita versucht zu verstehen, wie es zu dieser Erscheinung gekommen ist. Wenn die Revolution erfolgreich sein will, so Rita, müsse diese „systematische Korruption des alawitischen Glaubens“ rückgängig gemacht werden. Dies sei vor allem die Aufgabe von Aktivisten und religiösen Führern, die ein Bewusstsein dafür bei ihrer Gemeinde erwecken müssen.
Wenn es um das Thema salafistischen Kämpfer in Syrien geht, wird viel darüber spekuliert, dass vor allem ausländische Kräfte am Werk seien. Woher die Kämpfer tatsächlich stammen, versucht Aaron Y. Zelin anhand von Märtyrerposts auf islamistischen Blogs nachzuvollziehen. Die Posts sind teilweise sehr detailliert und geben den Herkunftsort des Betroffenen an, die wenigsten scheinen von außerhalb Syriens zu stammen.
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