Die Sicherheitslage in Qudssaya hat sich nicht unbedingt verbessert. Die Bewegung innerhalb der Stadt und die Fahrten nach außerhalb werden für die AktivistInnen immer gefährlicher. An den meisten Checkpoints in und um Qudsayya sind die Soldaten des Regimes jetzt technisch in der Lage dazu, die Strichcodes der Ausweise mit Hilfe der vom Regime bereitgestellten Lesegeräten zentral zu kontrollieren. Prinzipiell war schon immer jeder junge Mann verdächtigt und konnte jederzeit verhaftet werden. Früher konnte man jedoch die Identitäten von Verstorbenen annehmen oder gefälschte Dokumente benutzen und mit etwas Glück durchkommen – das ist jetzt vorbei.
Video: Checkpoint vor der Stadt Qudssaya.
Auch wenn keine Kämpfe in der Stadt oder ihrer Umgebung stattfinden, agiert das Regime doch nach wie vor äußerst aggressiv. Hubschrauber sieht man jeden Tag am Himmel über Qudsayya und auch über die an den Checkpoints Verhafteten müssen wir fast täglich auf unserer Facebookseite berichten. Häufig beginnen die Milizen des Regimes nachts grundlos in die Luft zu schießen, um die Menschen in der Stadt in Angst und Panik zu versetzen.
Glücklicherweise befinden sich die meisten AktivistInnen des Komitees trotz der Überwachung und dem aggressiven Vorgehen des Regimes sicher in den von uns angemieteten Verstecken in Qudssaya und versuchen von dort aus weiter friedlich gegen das autoitäre Regime Al Assads Widerstand zu leisten. Demonstrationen organisiert das Komitee seit Juli 2012 nicht mehr – genauer seitdem Anhänger des Regimes eine Demonstration von einer benachbarten Siedlung aus mit Mörsergranaten beschossen haben. Es gab nicht so viele Tote an diesem Tag, aber für die AktivistInnen war danach klar, dass sie die Menschen nicht weiter gefährden wollen und sie nach anderen Mittel des friedlichen Protestes suchen müssen. Eines davon ist zum Beispiel die Forderungen nach Freiheit und einem menschenwürdigen Leben als Graffitis auf den Wänden in Qudssaya verbreiten.
Video: Beschuss einer Beerdigung in Qudssaya.
Das Medienbüro des Komitees arbeitet an der Herausgabe einer Zeitschrift (Sada Al Hurriyya: Das Echo der Freiheit), die wöchentlich erscheint. Die Zeitung wird auch in Papierform verteilt, wenn die Sicherheitslage es erlaubt. In den veröffentlichten Artikeln werden die aktuellen Ereignisse in Syrien besprochen und der bisherige Verlauf des syrischen Aufstandes nachgezeichnet. Die AutorInnen sind zum Teil die Komiteemitglieder selbst, aber auch andere AktivistInnen schreiben für unsere Zeitung. Nur die wenigsten Artikel werden unter den echten Namen der AutorInnen veröffentlicht, da sich die meisten von ihnen noch im Land befinden.
In der letzten Ausgabe wurden verschiedene aktuelle Themen behandelt. So zum Beispiel das geplante Treffen in Genf, an dem Politiker der Opposition mit Vertretern des Regimes an einem Runden Tisch verhandeln sollen. Ein weiteres Thema war die Situation in Qusair. Die Stadt nahe der libanesischen Grenze wurde vor kurzem von der Hisbollah und der syrischen Armee besetzt, vorher lieferten sich diese jedoch wochenlang schwere Gefechte mit der Freien Syrischen Armee wochenlang schwere Gefechte lieferten. In dieser, aber auch in älteren Ausgaben der Zeitung sind die kritischen Stimmen gegenüber der Freien Syrischen Armee nicht zu überhören.
Die Freie Syrische Armee befindet sich momentan nicht in unserer Stadt – somit ist die Situation für Familien aus anderen Orten, die als Brennpunkte gelten, hier erträglicher. Auf circa 10.000 ist die geschätzte Zahl der Familien, die derzeit in Qudsayya Zuflucht suchen, in den letzten 3 Monaten angestiegen. Die AktivistInnen des Büros für humanitäre Hilfe arbeiten weiterhin an der Verteilung von Hilfsgütern, der Bereitstellung von Wohnraum und an der Versorgung der Familien mit Decken und warmer Kleidung. Dazu werden Listen mit den Namen der bedürftigen Familien in der Stadt angefertigt, an die die Helfer nach Vorzeigen eines Familienpasses die verschiedenen Sachen verteilen. Das wird dann auf der Liste vermerkt, damit es zu keiner Doppelverteilung kommt und auch für andere Familien genug übrig bleibt.
Video: Das Büro für humanitäre Hilfe bei seiner Arbeit: Eine Frau zeigt ihren Familienpass vor und erklärt, dass sie zwei Kinder im Alter von sechs Monaten und zwei Jahren hat. Danach erhält sie die passenden Lebensmittel sowie Decken.
Eure Spenden – die Spenden der Freunde der Demokratie aus Deutschland – erhalten wir über die Organisation Adopt a Revolution. Das Geld wird dafür zuerst an Komiteemitglieder überwiesen, die sich im Ausland aufhalten. Neuerdings wird das Geld dann eher auf inoffiziellen Wegen über private Konten nach Qudsayya geschickt.
Qudssaya liegt in der Nähe von Damaskus und von dort aus kann man momentan nicht so einfach ins Ausland und das Geld einfach bar abholen. Alternative Wege, um an die Spenden zu gelangen gibt es, zum Beispiel über wohlhabende Familien in Qudsayya. Die schaffen ihr Geld häufig außer Land, da die Kurse stark fallen. Die Spenden, die wir im Ausland überwiesen bekommen, werden an Vertreter dieser Familien in der Fremdwährung überwiesen und danach bekommen wir das Geld in der Stadt zum aktuellen Kurs in syrischen Pfund.
Mit der Unterstützung von Adopt a Revolution konnten wir unsere Mieten, das Internet und die Herausgabe der gedruckten Version unserer Zeitung finanzieren. Vielen Dank dafür an unsere UnterstützerInnen in Deutschland!
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