Wer der Gewinner der „Wahl“ in Syrien sein wird? Das war vor der Abstimmung klar. Auch wussten alle, dass das Ergebnis nicht die Meinung der syrischen Bevölkerung abbilden wird. Offen war eigentlich nur die Frage, wie hoch Assads Zustimmungswerte nach zehn Jahren brutalster Aufstandsbekämpfung offiziell ausfallen werden. Das Ergebnis: Noch höher als bei der letzten Abstimmung vor sieben Jahren.
Damit dürfte klar sein, dass das Assad-Regime keinerlei Zugeständnisse zur Beilegung des Konflikts machen wird. Allein der Umstand, dass diese Wahlfarce stattgefunden hat, ist ein Bruch einschlägiger UN-Resolutionen. Diese hatten – unter Zustimmung Russlands und Chinas – eine Übergangsregierung und eine Verfassungsreform zur Vorbedingung für Neuwahlen gemacht. Ach, und fair, transparent und nach „höchsten demokratischen Standards“ hätten sie natürlich ablaufen sollen.
Von all dem kann keine Rede sein. Stattdessen kursierten auf sozialen Medien Videos in denen zu sehen ist, wie Wahlhelfer die Stimmzettel selbst ausfüllen und in die Urne werfen. Oder wie Soldaten zahlreiche Zettel markieren, natürlich jeweils für Assad.
Nur so wird es möglich, dass nach offiziellen Angaben 13.540.899 Stimmen für Assad abgegeben worden sein sollen. Das sind in etwa so viele, wie Menschen (darunter Minderjährige) in den Gebieten unter Kontrolle des Assad-Regimes nach UN-Angaben leben. („Mehr Stimmen als Wahlberechtigte“ lautet die treffende Überschrift in der SZ.) Viele der Bewohner*innen von Assads Herrschaftsgebiet haben jedoch tatsächlich für den Diktator gestimmt. Warum, das begründet das Center for Operational Analysis and Reseach.
„Die Wahl wurde durchgeführt ohne Transparenz, ohne unabhängige Wahlbeobachtung und ohne grundlegende demokratische Absicherung – ganz zu schweigen von dem Umstand, dass vorab alle bis auf zwei Herausforderer vor den Wahlen ausgeschlossen wurden […]. Regierungsangestellte und Student*innen wurden unter Druck gesetzt, ihre Stimme abzugeben, ihnen drohten Entlassung oder Exmatrikulation wenn sie die Teilnahme verweigerten. Es wurden Videos von Staats- und Sicherheitsbeamten aufgezeichnet, die Ausweise von Wähler*innen beschlagnahmten und sie zwangen, vorausgefüllteStimmzettel abzugeben. Wie bei vergangenen Wahlen war die Abstimmung ein Anlass für Syrer*innen, unabhängig von ihren eigentlichen Einstellungen, ihre Unterstützung für die Regierung offen zur Schau zu stellen.“
COAR Update
Proteste der Opposition – auch in Regime-Gebieten
Während in Gebieten unter Kontrolle des syrischen Regimes die Teilnahme an der „Wahl“ quasi zur Bürgerpflicht gehörte, protestierten die Bewohner*innen in anderen Gegenden des Landes – aber nicht nur dort. „Keine Legitimität für Assad“ war auch der Tenor auf großen Protesten in Daraa, im Süden Syriens, der eigentlich unter Regime-Kontrolle steht. Dort, wo es dem Regime mit seinen zahlreichen Geheimdiensten nicht gelingt, die Menschen zu unterwürfigem Verhalten zu zwingen, verweigern sie Assad das Spiel der Legitimität.
Insofern: Die 95,1 Prozent der abgegebenen Stimmen, die nach offiziellen Angaben auf Bashar al-Assad entfielen, sagen nichts über den Willen der Bevölkerung. Es ist Wesenskern einer Diktatur, dass es keinen Machtwechsel durch demokratische Wahlen geben kann. Das haben die „Wahlen“ in Syrien wieder einmal unterstrichen. Deswegen bleibt es wichtig – und wir werden immer wieder darauf hinweisen: Bashar al-Assad ist nicht Syriens „Präsident“, sondern Diktator, er führt keine „Regierung“ an, sondern ein Regime. Und deswegen ist Syrien auch nicht sicher – für niemanden!
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