Wir schreiben euch heute von der „sawa“-Koalition, weil unser Aktivist Haitham Hissou in Haft genommen wurde. Er ist schon Mitte Januar, ganz genau am 16.1., festgenommen worden, als er auf der Rückreise aus der Türkei nach Syrien war. Seitdem ist er für uns nicht mehr zu erreichen und wir konnten auch nichts über seinen Aufenthalt herausbekommen. Das letzte, was wir von ihm gehört haben war, dass er auf dem Weg vom Grenzübergang Tal Abyad (das liegt jenseits der Grenze der türkischen Stadt Akçakale, die im letzten Herbst bekannt wurde, als dort Granaten der syrischen Armee einschlugen) nach ar-Raqqa war. Eigentlich wollte er weiter nach Hassaka, aber weil er so spät dran war und die Dunkelheit hereinbrach, ist er in Richtung des näheren ar-Raqqa gefahren.
Fotos: Solidaritätskampagne für Haitham Hissou in der Türkei, in Großbritannien und in Deutschland.
Dass er festgenommen wurde, ist für uns sicher, denn im letzten Telefongespräch mit ihm haben wir ihn noch sagen hören: „Sprich arabisch, die Jungs sind hier.“ Damit können nur die Einheiten des Regimes gemeint gewesen sein. Er wurde auch gesucht, das steht fest, obwohl es überraschend ist, dass der in der Region festgenommen wurde, denn eigentlich kannte ihn dort niemand. Normalerweise haben die Militärs nicht die Möglichkeit, an allen Straßenkontrollen nach den gleichen Namen zu suchen.
Haitham ist ein wichtiger Medien-Aktivist von unserer Koalition, der schon mehrfach in der Türkei auf Seminaren waren, um sich in der Medienarbeit, aber auch im Bereich Übergangsgerechtigkeit weiterzubilden. Er war auch daran beteiligt, eine kurdisch-arabische Delegation zusammenzustellen, die von der Türkei aus nach Ras al-Ain reisen wollte, um zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen zu vermitteln. Die Delegation, die inzwischen erfolgreich einen Waffenstillstand in der Stadt zwischen radikalen Islamisten und kurdischen Einheiten erreichen konnte, wurde vom syrischen Intellektuellen Michel Kilo geleitet.
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Video: Demonstration der „sawa“-Koalition in Qamischli.
Als sawa-Koalition („sawa“ bedeutet „gemeinsam“) setzen wir uns mit unseren verschiedenen Komitees schon seit langem auf Demonstrationen gegen das Assad-Regime. Dabei ist es uns wichtig, dass wir auch als Kurden an der syrischen Revolution teilnehmen und auf unsere Rechte als Minderheit innerhalb des syrischen Staates drängen. Wir machen aber auch Kampagnen, um zu erreichen, dass noch mehr Menschen von unseren Ziele erfahren und sich der Revolution für Würde und Gerechtigkeit anschließen.
Adopt a Revolution hat in der letzten Zeit unsere Komitees in Derik, Qamishli, Hasaka, ar-Raqqa und Kobani unterstützt und den Aufbau unseres Notfallzentrums Ras al-Ain mit finanziert. In allen diesen Orten sind wir weiter aktiv, auch wenn uns die Lage in Ras al-Ain am meisten beschäftigt. Hier ist besonders wichtig, dass wir den Gerüchten entgegentreten können, die arabischen Syrer würden ihre Revolution auch gegen die kurdische Bevölkerung richten und die Kurden würden sich eigentlich gar nicht an der Revolution beteiligen, sondern das Assad-Regime stützen. Genau so etwas ist die Arbeit von Haitham.
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Video: Bericht der „sawa“-Koalition über die Situation in Qamischli – öffentliche Dienste wie die Müllabfuhr sind seit Monaten eingestellt.
Haitham ist nicht der einzige kurdische Aktivist, der vom Regime festgenommen wurde. Gerade zum Jahreswechsel, am 31. Dezember wurde auch Yasser Carmi in Damaskus festgenommen, der ebenfalls Mitglied unserer sawa-Koalition ist. Seitdem verhindern die Sicherheitskräfte, dass seine Familie ihn besuchen kann und auch ein Anwalt wird nicht zu ihm vorgelassen. Wir kennen das als untrügliches Anzeichen dafür, dass er gefoltert wird und das Regime nicht will, dass das öffentlich bekannt wird. Seine Aufgabe war die Organisation ziviler Aktivitäten in den verschiedenen Komitees und er hat sich immer besonders dafür eingesetzt, dass auf unsere Proteste und Aktionen Slogans gerufen wurden, die sich gegen die Gewalt als Mittel der Revolution aussprechen.
Foto: Haitham Hissou und Yasser Carmi auf dem Kampagnenbild
Mit allen unseren Komitees haben wir jetzt mit einer Kampagne angefangen, um die Freilassung von Haitham Hissou und Yasser Carmi zu fordern. Wir wollen erreichen, dass es internationale Aufmerksamkeit gibt für diese beiden Aktivisten, die für unsere Arbeit sehr wichtig sind. Aber auch die humanitäre Hilfe in unseren Städten koordinieren wird weiter, weil die Not der Menschen aktuell weiter wächst. Das wichtigste ist aber, dass wir zivilgesellschaftlich aktiv bleiben, um der brutalen Diktatur des Assad-Regimes und seinen Versuchen, die syrische Gesellschaft zu spalten etwas entgegen zu setzen. Wir hoffen, ihr unterstützt uns weiter dabei!
Unterstützen Sie jetzt das Notfallzentrum in Ras al-Ain! Das Zentrum versucht, die Eskalation zwischen den Bevölkerungsgruppen in den kurdischen Gebieten einzuschränken und damit den radikalen Islamisten den Boden zu entziehen.