PM | Ost-Ghouta: Dramatische Eskalation

Partner vor Ort berichten von Einsatz von Giftgas / Bedauernde Worte zu wenig / 3 Forderungen an die Bundesregierung.

Berlin, 08.03.2018. Aufgrund der dramatischen Eskalation in Ost-Ghouta gestern Nacht erklärt Elias Perabo, Geschäftsführer von Adopt a Revolution: „Die bedauernden Worte der Bundesregierung werden zunehmend unglaubwürdig, wenn nicht endlich Taten folgen“. Die Bundesregierung wird die Kriegsverbrechen nicht unmittelbar stoppen können, so Perabo weiter. Dessen ungeachtet müsse sie durch klare Maßnahmen auch gegenüber Russland deutlich machen, dass sie diese Kriegsverbrechen nicht toleriert. „Russland bombt in Syrien das humanitäre Völkerrecht in Grund und Boden. Diese Kriegsverbrechen sind kein Kavaliersdelikt Putins. Die Bundesregierung muss endlich Maßnahmen gegen Russland ergreifen.“

Die Bundesregierung muss jetzt:

  1. den russischen Botschafter einbestellen,
  2. eine deutliche Verschärfung der Sanktionen gegen Russland ins Auge fassen, und
  3. eine Dringlichkeitssitzung der EU-Außenminister einberufen und die EU-Staaten zu einem konzertierten Vorgehen gegen die Kriegsverbrechen in Ost-Ghouta bewegen.

Uns liegen seitens unserer Partner in der Region sowie aus anderen Quellen Berichte vor, die auf Kriegsverbrechen hindeuten. „Heute Nacht kam es in den Orten Hamouriya und Saqba zum Einsatz von Chlorgas und Napalm. Später folgte eine Bombardierung mit Streubomben“, dokumentierte etwa der Menschenrechtler und Projektpartner Yamen S. von der Organisation Human Rights Guardians, der selbst in Saqba wohnt. Adopt a Revolution unterstützt 7 Projekte in der Ost-Ghouta und steht im ständigen Kontakt mit den Partnern vor Ort.

Hintergrund:

In der vergangenen Nacht ist die Situation in Ost-Ghouta weiter eskaliert: Es liegen Berichte über den Einsatz von Chlorgas, Brand-, Streu- und Fassbomben vor. Unseren Quellen zufolge wurden mehr als hundert ZivilistInnen Opfer eines Giftgaseinsatzes auf Saqba und Hamouriyah. Die genaue Zahl der Todesopfer steht zur Stunde noch nicht fest. Es ist zu befürchten, dass innerhalb weniger Stunden weit über 90 ZivilistInnen starben. Offenbar zielen das Assad-Regime und seine russischen Verbündeten mit dem Chlorgas-Einsatz darauf, die seit vielen Tagen in Kellern versteckten ZivilistInnen an die Erdoberfläche zu treiben. Chlorgas ist schwerer als Luft und sinkt in die Kellerräume ab.

Russland trägt als militärischer Alliierter und Protegé des Assad-Regimes maßgeblich Verantwortung für die in Ost-Ghouta begangenen Kriegsverbrechen. Russland sabotiert die vom UN-Sicherheitsrat beschlossene Waffenruhe, toleriert den Einsatz von Giftgas, verhindert die Aufklärung dieser Kriegsverbrechen und gibt damit das internationale Recht der Lächerlichkeit preis.

Für Rückfragen und O-Töne:

Pressekontakt

Die von Adopt a Revolution unterstützen Projekte in der Ost-Ghouta sind die folgenden:

  • Freie Schulen in Erbin: Seit 2013 unterstützt Adopt a Revolution gemeinsam mit medico international die Freien Schulen in Erbin für 1.800 Kinder. AktivistInnen gründeten die Schulen, damit Kinder der Stadt nicht auf die religiösen Schulen gehen müssen. Zum Schutz vor Bombenangriffen befinden sich die Unterrichtsräume im Keller – und werden zu Zeiten besonders heftigen Bombardements als Luftschutzkeller genutzt.
  • Frauenzentrum „Nisaa al-Ghouta“, Douma: Um Frauen bei der Gestaltung des Lebens in der Belagerung und unter der Herrschaft islamistischer Milizen das Leben zu erleichtern, bietet das Frauenzentrum „Nisaa al-Ghouta“ („Die Frauen der Ghouta“) unter anderem Rechtsberatung, Weiterbildungskurse und psychosoziale Unterstützung. Seit Anfang 2016 unterstützt Adopt a Revolution diese Arbeit.
  • Ziviles Zentrum Erbin: Den verschiedenen zivilgesellschaftlichen Initiativen in Erbin einen Arbeits- und Austauschraum zu bieten – das ist das Ziel des Zivilen Zentrums Erbin. Hier treffen sich seit 2014 Apotheker, um sich über selbst zubereitete Medikamente auszutauschen, oder Bürgerjournalisten für Weiterbildungskurse.
  • Bibliothek „Haus des Wissens“, Douma: Damit das Leben nicht nur aus Überleben besteht, gründeten Frauen 2014 die Bibliothek „Haus des Wissens“. Sie sammelten Bücher aus zerstörten öffentlichen Bibliotheken und nahmen Bücherspenden von Privatpersonen entgegen. Inzwischen organisieren sie Lesewettbewerbe und Buchbesprechungen, um ein kulturelles Leben zu ermöglichen.
  • Frauenprojekt „Fariq Noor“, Ain Tarma: Gewalt gegen Frauen ist auch in den belagerten Städten von Ost-Ghouta ein Problem – und dagegen wehrt sich das Projekt „Fariq Noor“. Durch Aufklärungs- und Präventionskampagnen versuchen die AktivistInnen (Frauen und Männer gemeinsam), häusliche und sexualisierte Gewalt einzudämmen. Seit 2017 unterstützt Adopt a Revolution das Projekt.
  • Ton- und Radiostudio Rusul, Douma: Die eigene Musik aufnehmen, Gedichte aufzeichnen oder Radiobeiträge einsprechen: Seit 2015 bietet das Ton- und Radiostudio Rusul die Möglichkeit dazu. Ob Bürgerjournalisten, Dichter oder Filmschaffende, in dem komplett ausgestatteten Tonstudie entsteht vieles von dem, was auf audiovisuelle Weise das Leben im belagerten Ost-Ghouta dokumentiert.
  • Bildungsinitiaitve Lamset Amal, Hazze: Kinder spielen häufig in den Trümmern zerstörter Gebäude – und viel zu häufig kommt des deshalb zu Verletzungen aufgrund von Blindgängern. AktivistInnen erstellen deshalb Unterrichtsmaterialien für Schulen und bieten Kurse an, um vor den Gefahren der Hinterlassenschaften des Kriegs zu warnen. Seit 2016 unterstützt Adopt a Revolution die Arbeit zum Schutz der Kinder vor Minen.

Adopt a Revolution unterstützt seit Anfang 2012 die Arbeit der jungen syrischen Zivilgesellschaft und vermittelt hierzulande Informationen aus der syrischen Demokratiebewegung. Unter www.syrien-unterstuetzen.de stellt die Solidaritätsorganisation aktuelle Entwicklungen aus der syrischen Zivilgesellschaft dar. Zivile Initiativen in Syrien hat Adopt a Revolution bisher mit über einer Millionen Euro aus Spendengeldern finanziell unterstützt.