PM: Idlib-Offensive – das kann die Bundesregierung tun

Pressemitteilung zum Besuch des russischen Außenministers Lawrow in Berlin: Friedenspolitische Offensive der Bundesregierung aufgrund neuer Eskalation in Syrien gefordert / Zivile Partnerorganisationen in Idlib aktiv gegen Dschihadisten / Ohne offene Fluchtwege droht Blutbad im Nordwesten Syriens

Berlin, 14. September 2018. Angesichts des heutigen Besuchs von Sergej Lawrow, dem russischen Außenminister, in Berlin fordert die deutsch-syrische Menschenrechtsorganisation Adopt a Revolution intensiven diplomatischen Druck auf Russland, um ein Blutbad in Idlib abzuwenden. Nicht erst im hypothetischen Fall eines Angriffs mit Chemiewaffen dürfe die Bundesregierung handeln: „Es kann nicht sein, dass die Bundesregierung keinerlei nicht-militärische Anstrengungen unternimmt, die bevorstehende humanitäre Katastrophe in Idlib zu verhindern, aber die Bundeswehr bereits Angriffsszenarien durchspielt”, so Elias Perabo, Geschäftsführer von Adopt a Revolution.

Zur Abwendung einer militärischen Offensive auf Idlib fordert Adopt a Revolution die Bundesregierung auf, sofort folgende Maßnahmen zu ergreifen:

1. Formulierung unumstößlicher Bedingungen für eine finanzielle Beteiligung am Wiederaufbau in Syrien: Wie vor wenigen Wochen Russlands Präsident Wladimir Putin, wird Lawrow heute Wiederaufbauhilfe durch die EU einfordern. Die Bundesregierung muss diese verbindlich zurückweisen bis bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Dazu muss gehören, dass Russland die Offensive auf Idlib verhindert und eine Strafverfolgung von in Syrien begangenen Kriegsverbrechen ermöglicht. Erst wenn die Täter schwerster Kriegsverbrechen, darunter Verantwortliche für den Einsatz von Giftgas, sich vor internationalen Gerichten verantworten müssen, darf eine Finanzhilfe in Betracht gezogen werden.

2. Syrien-bezogene Sanktionen gegen Russland prüfen. Bei vergangenen Militäroffensiven, etwa auf Aleppo oder Ost-Ghouta, hat sich das russische Militär selbst an Kriegsverbrechen beteiligt, etwa der systematischen Zerstörung von Krankenhäusern. Die Bundesregierung sollte umgehend zusätzliche Sanktionen prüfen, etwa gegen den staatlichen russischen Waffenproduzenten Rosoboronexport, der mit Waffenlieferungen an das Assad-Regime Beihilfe zu Kriegsverbrechen leistet.

3. Beitrag zu einer Schutzzone in Syrien. Jenseits von präventiven Maßnahmen, um die Offensive auf Idlib noch abzuwenden, müssten Deutschland und die EU Maßnahmen ergreifen, um Zivilisten in Syrien Sicherheit zu bieten. Anders als bei vergangenen Angriffen, steht den Menschen in Idlib keine inländische Fluchtoption mehr zur Verfügung. Auf Initiative Deutschlands muss der Europäische Rat dafür Sorge für die Einrichtung einer überwachten Schutzzone im Norden Syriens tragen. Hierfür muss die Bundesregierung eigene Beiträge anbieten.

4. Sicherstellung einer sicheren Fluchtoption für die Bevölkerung. Aufgrund der geographischen Lage müssen Bundesregierung und EU massive Anstrengungen unternehmen, um die Türkei zu einer Grenzöffnung für Flüchtende zu bewegen. Mit der Aufnahme von Bürgerkriegsflüchtlingen darf die EU die Türkei nicht alleine lassen, sondern die EU muss umgehend anbieten, selbst ein großes Kontingent an Flüchtlingen aufzunehmen und die Türkei bei der Versorgung von Flüchtlingen zu unterstützen.

Es besteht dringender Handlungsdruck zur Abwendung der Offensive. Bei den Luftangriffen der letzten Tage wurde bereits gezielt zivile und medizinische Infrastruktur bombardiert – auch durch die russische Luftwaffe.

„Angriffe auf Krankenhäuser und Schulen bekämpfen nicht die dschihadistischen Milizen, sondern stärken sie”, so Elias Perabo. „Wir müssen die oppositionelle syrischen Zivilgesellschaft unterstützen, die sich in Idlib islamistischen Bestrebungen entgegenstellt.” Wie die syrische Zivilgesellschaft in Idlib den Extremismus bekämpft, belegt eine Studie des syrischen Soziologen Haid Haid, die im Auftrag von Adopt a Revolution entstanden ist.

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