Proteste im dunklen Aleppo; psychologische Unterstützung für Kinder – Presseschau 31. August 2014

Ammar Abdullah berichtet auf Damascus Bureau über die Bewohner Aleppos, welche eine neue Kampagne gestartet haben, um die friedliche Protestbewegung gegen Präsident Bashar Al-Assad wiederzubeleben. Die Kampagne umfasst sowohl Straßenproteste als auch eine Social-Media-Aktion, deren Titel übersetzt „Friedlicher Aktivismus ist der Puls der Revolution“ heißt. Hierbei wird auch vor den Gefahren durch die IS (Islamischer […]

Ammar Abdullah berichtet auf Damascus Bureau über die Bewohner Aleppos, welche eine neue Kampagne gestartet haben, um die friedliche Protestbewegung gegen Präsident Bashar Al-Assad wiederzubeleben. Die Kampagne umfasst sowohl Straßenproteste als auch eine Social-Media-Aktion, deren Titel übersetzt „Friedlicher Aktivismus ist der Puls der Revolution“ heißt. Hierbei wird auch vor den Gefahren durch die IS (Islamischer Staat) gewarnt. Es gibt Befürchtungen, dass die radikale Gruppe Aleppo in einer Nacht-und-Nebel-Aktion angreifen könnte, um mehr Territorium einzunehmen. In der Vergangenheit wurde der Organisation IS schon mehrmals vorgeworfen, hinter der Entführung von AktivistInnen zu stecken. Zahlreiche Oppositionsgruppen in Aleppo nehmen an der Kampagne, welche am 8. August begann, teil.

Am ersten Tag der Kampagne organisierte der Salah al-Din-Revolutionsrat eine stille Demonstration. TeilnehmerInnen hielten Banner als Reaktion auf einen Artikel in der amerikanischen Zeitschrift Live Wire hoch, welcher Aleppo als weltweit gefährlichste Stadt bezeichnete. Die DemonstrantInnen wollen vermitteln, dass ihre Stadt dennoch lebendig ist und trotz der Gefahren ihre bedingungslose Zuneigung verdient. Im östlichen Aleppo fand ein Protestmarsch statt, der durch verschiedene Nachbarschaften ging. Auf den Schildern wurde eine Rückkehr zu den Werten gefordert, welche ursprünglich während der Proteste von 2011 angestrebt wurden. Andere fordern eine Vereinigung der zersplitterten Gruppen in der Freien Syrischen Armee und verurteilten den Beschuss der syrischen Flüchtlingslager in der libanesischen Stadt Arsal. Diese Kampagne wird durchgeführt, obwohl Aleppo unter massiven Stromausfällen leidet.

Mohammed Al-Khatieb geht für Al-Monitor auf dieses Thema ein und beschreibt die Herausforderungen im dortigen Alltag. Aleppo, einst wirtschaftliche Metropole und zweitgrößte Stadt in Syrien, hat sich gewandelt. Für die EinwohnerInnen ist Strom keine Grundvoraussetzung mehr, da die kontinuierliche Unterbrechung dazu geführt hat, Verzicht zu üben. Viele BewohnerInnen haben sogar ihre Elektrowerkzeuge, Fernsehgeräte, Waschmaschinen und Bügeleisen verkauft, da diese nicht mehr verwendet werden können. Kühlschränke wurden umfunktioniert und halten mittlerweile als Wassertanks oder Bibliotheken her. Die Dauer der Stromausfälle unterscheidet sich von einer Nachbarschaft zur nächsten. Die vom Regime kontrollierten Orte erleben nur kurze Ausfälle, während die oppositionellen Viertel lange Phasen ohne Strom ausharren müssen. In einigen Vierteln gibt es nun seit mehr als einem Jahr keinen Strom mehr. Ein Grund hierfür sind Störungen in der Stromanlage, die durch den Beschuss entstanden sind.

Die Lage in Aleppo ist kompliziert, da die Stadt sowie die umliegende Provinz zwischen dem Assad-Regime, verschiedenen Rebellen und der IS aufgeteilt ist, wobei jede Partei einen Teil des Stromnetzes kontrolliert. Das Assad-Regime versucht hierbei, das Leben in den befreiten Gebieten zu stören und beschießt fortwährend die zivile Infrastruktur. Die Reparatur dieser Einrichtungen ist meist teuer und schwierig. Investoren haben in den unterschiedlichen Vierteln Generatoren aufgestellt und verteilen Strom an BewohnerInnen, welche wöchentliche Abonnements bestellt haben. Das Fehlen von regulärem Strom hat direkte Auswirkungen auf andere Dienstleistungsbereiche. Das Wassernetz braucht rund um die Uhr Strom für die Pumpen, um Wasser in alle Viertel der Stadt schaffen zu können. Die Stromausfälle führen vermehrt zu Wasserengpässen, weshalb es nur unregelmäßigen Zugang zu Wasser gibt. Es scheint momentan kein Interesse daran zu geben, die Dienstleistungsbereiche allen Menschen zur Verfügung zu stellen, weshalb sich die Lage der Bevölkerung von Tag zu Tag verschlimmert.

Mustafa Al-Haj berichtet auf Al-Monitor über die Versuche, traumatisierten Kindern in der Stadt Zabadani zu helfen. Vor dem Bürgerkrieg war Zabadani ein wichtiges Touristenziel nahe Damaskus; die andauernden Auseinandersetzungen haben bis heute einen erheblichen Einfluss auf die Kinder, die dort leben müssen. Aus diesem Grunde hat sich eine Gruppe von Frauen unter dem Namen „Damma“ (arabisch für Umarmung) gegründet, um ein Zentrum zur psychologischen Unterstützung für mehr als 50 Jungen und Mädchen zu eröffnen. Es liegt in einer relativ ruhigen Gegend in einem südöstlichen Vorort der Stadt, nicht weit entfernt von einem Checkpoint der syrischen Armee. Die Gruppe hat Intensivkurse belegt, um sensibilisierter mit traumatisierten Kindern umgehen zu können. Experten von der zivilgesellschaftlichen Organisation „Jozour“ (arabisch für Wurzeln) trainierten die Frauen in den Bereichen Bildung und Kinder. Obwohl die Frauen vor Ausbruch der Proteste als Kindergärtnerinnen arbeiteten, konnten sie so weitere Erfahrungen sammeln. Das bescheidene Gebäude von „Damma“ ist mit Kunstblumen sowie Kunsthandwerken der Kinder eingerichtet. So konnte mit Hilfe des Damma-Teams sowie AnwohnerInnen ein sicherer Ort für die Kinder geschaffen werden. Eine Mutter berichtet, dass ihre Tochter nun jeden Tag zu ihrem neuen Lieblingsplatz geht, wo sie mit anderen Kindern spielen und lachen kann.

Die Leiterinnen des Zentrums erklären die Bedeutung, welche hinter dem Namen „Damma“ steckt. Es geht darum, Kinder in Not zu umarmen und wieder zum Lächeln zu bringen. Es soll ihnen helfen, die psychologischen Auswirkungen des Krieges zu überwinden und ihnen ermöglichen, positiv mit der Situation umzugehen. Die Direktorin erklärt, dass den Kindern eine große Auswahl an Aktivitäten zur Verfügung steht. Sie können zeichnen, singen, an Wettbewerben teilnehmen und somit den Krieg für einige Stunden am Tag vergessen. Besonders wichtig sind hierbei die neuen Freundschaften, welche zwischen den Kindern geknüpft werden. Die Gründe für die psychischen Probleme sind recht unterschiedlich. Viele haben traumatische Erfahrungen mit Schüssen, Explosionen und Leichen gemacht, andere wurden ausgeraubt und haben seither Angst, ihre Sachen zu verleihen. Die Eltern der Kinder entrichten einen kleinen Geldbetrag, um die Ausstattung stetig zu verbessern. Das Zentrum erhielt auch erste Spenden von der Organisation „Jozour“, um Miete und Gehälter für drei Monate abzudecken. Diese Organisation ist in Damaskus ansässig und unterstützt mehrheitlich Initiativen der Zivilgesellschaft, welche unter Kontrolle der Opposition stehen.

Das Zentrum in Zabadani zeigt, dass Menschen mit einfachen Mitteln und wenig Material versuchen, psychologische Unterstützung für Kinder zu ermöglichen. Es bietet diesen eine Umarmung für das, was sie verloren haben.

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