Rückschläge für das Regime, neue Verhandlungen

Während die Militäroperationen gegen den Islamischen Staat die US-Regierung laut einem vom Spiegel zitierten Bericht des Verteidigungsministeriums im Durchschnitt täglich ca. 9 Millionen Dollar kosten, sind es diese Woche vor allem syrische Einheiten, die Erfolge gegen den IS verbuchen können. So berichtet die libanesische Zeitung An Nahar von Erfolgen der Rebellen in den Provinzen Idlib und Aleppo, wo […]

Während die Militäroperationen gegen den Islamischen Staat die US-Regierung laut einem vom Spiegel zitierten Bericht des Verteidigungsministeriums im Durchschnitt täglich ca. 9 Millionen Dollar kosten, sind es diese Woche vor allem syrische Einheiten, die Erfolge gegen den IS verbuchen können. So berichtet die libanesische Zeitung An Nahar von Erfolgen der Rebellen in den Provinzen Idlib und Aleppo, wo laut lokalen AktivistInnen der IS versucht, die Versorgungslinien der Oppositionstruppen abzuschneiden. Weiter östlich sei es kurdischen Kämpfern gelungen, in Richtung Tal Abyad vorzurücken, ein wichtiger und vom IS kontrollierter Grenzübergang in die Türkei.

Nachdem das Regime in den vergangenen Wochen vor allem im Norden Syriens (so in Jisr Ash Shughur und Idlib) Rückschläge hinnehmen musste, berichtet nun ARA News mit Verweis auf Verlautbarungen der Regierungen in Damaskus und Teheran, dass zehntausend Kämpfer aus dem Iran die Verluste der Regierungstruppen wieder rückgängig machen sollen. Lange hatte das Regime versucht, die Rolle ausländischer Truppen für sein militärisches Überleben herunterzuspielen.

Eine der Gründe für die militärischen Erfolge der Regierungsgegner in Nordsyrien war die neue Kooperation zwischen den regionalen Akteuren Saudi-Arabien, Qatar und Türkei. In einer Analyse für Al Monitor erklärt der türkische Journalist Fehim Taştekin, dass die Unterstützung, welche die Regierung Erdogan den dortigen islamistischen Gruppen hatte zukommen lassen, nach den Verlusten der AKP bei den Parlamentswahlen am vergangenen Wochenende mit einem Koalitionspartner nicht mehr sicher sei. Oppositionsparteien hatten im Wahlkampf das Engagement der türkischen Regierung in Syrien oft massiv kritisiert.

Jene, die den Kämpfen in Idlib und anderen Teilen Syriens entflohen sind, haben in ihren jeweiligen Aufnahmeländern nur selten adäquaten Zugang zu Bildung. Die Kinder der laut Schätzungen des UN-Flüchtlingswerkes über 175 000 syrischen Flüchtlinge in der jordanischen Hauptstadt Amman sind oft auf private Initiativen angewiesen, um ihre durch den Krieg unterbrochen Schulbildung zumindest rudimentär weiterführen zu können. Al Sharq berichtet, dass – obwohl die jordanische Regierung Flüchtlingen kostenlosen Schulbesuch anbietet – nur etwa die Hälfte der syrischen Kinder tatsächlich zur Schule gehen. Dies hängt zum einen damit zusammen, dass viele Kinder zum Einkommen der Familie beitragen müssen, da nur wenige SyrerInnen eine Arbeitserlaubnis erhalten und wegen der harten Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt auch illegal nur schwierig eine Anstellung bekommne. Initiativen wie das Kulturzentrum Jadal bieten daher ehrenamtlich Arabisch-, Englisch- und Matheunterricht für jene an, die nicht zur Schule gehen können oder durch das überlastete öffentliche Schulsystem benachteiligt sind. Zusätzlich werden Frauentreffen angeboten, wo Geflüchtete sich ungestört über ihre Probleme austauschen können. Oft trifft es sie nämlich besonders hart: traditionell schon für Kinder und Haushalt zuständig, können sie oft leichter arbeiten, da die jordanische Polizei Frauen weniger häufig kontrolliert.

Für Syrerinnen und Syrer, die zu Beginn des Krieges an einer der Universitäten des Landes studierten, bedeutet der Konflikt in vielen Fällen zusätzlich das vorläufige Ende ihres Strebens nach Bildung. In dem Feature „A Lost Generation“ der Plattform Syria Untold berichtet Leila, eine 24 Jahre alte Agrartechnikstudentin und einst eine der Besten ihres Jahrgangs, wie sie nach Ost-Ghouta fuhr, um mit ihrer Familie Eid al Fitr zu feiern. Am nächsten Morgen begann die Armee die Belagerung dieses Vororts von Damaskus. Leila sitzt nun in Ghouta fest und kann ihr Studium nicht fortsetzten. Viele junge Menschen in Syrien mussten wie sie ihr Studium aufgeben, während andere bewusst die Uni verlassen haben, um zum Beispiel als Ärzte oder Lehrer da zu helfen, wo es am Nötigsten fehlt bzw. sich in politischen Gruppen zu engagieren.

Eine Studie des Netherlands Institute of International Relations (Clingendael) zur Frage der Finanzierung von bewaffneten Rebellengruppen kommt zu dem Ergebnis, dass politische Ziele nicht mehr das einzige Motiv gewaltsamen Vorgehens ist, sondern die Kontrolle von Finanzierungsquellen wie Straßensperren, Schmuggel von Grundversorgungsgütern, Antiquitäten und Drogen sowie improvisierter Ölraffinerien in immer stärkeren Maße. Ansätze für eine Lösung des Konfliktes dürfen daher nicht rein politisch sein, sondern müssen die tiefgreifende Veränderung der syrischen Wirtschaft durch illegale Aktivitäten in Betracht ziehen und Vorschläge für eine schrittweise Zurückgewinnung von Existenzgrundlagen und der Wiederaufnahme von Sozialleistungen machen, so der Autor der Studie.

Mit dem Ziel einer besseren Koordinierung der verschiedenen Oppositionsgruppen gab es in der vergangenen Woche gleich zwei Treffen: Wie der Syrian Observer berichtet, fanden sich am vergangenen Mittwoch eine Reihe von Exil-Oppositionsgruppen zu einer von der Arabischen Liga und der ägyptischen Regierung unterstützten Konferenz in Kairo ein. Thema des Treffens sind mögliche Verhandlungen in Genf sowie eine Übergangsordnung nach einem Abtritt Assads. Überschattet wurden die Beratungen von der Abwesenheit der National Coalition of Syrian Revolution and Opposition Forces. Laut Al Araby Al Jadeed hatten darum AktivistInnen in Syrien ihre Skepsis gegenüber dem Kairoer Treffen geäußert.

Zusätzlich trafen sich laut AktivistInnen in Amman der Präsident der Syrian National Coalition, Khaled Khoja, und eine Reihe von Milizenführern, darunter der Komandeur der Jaysh al Islam, Zahran Alloush. Brigaden der Freien Syrischen Armee sollen dem Treffen hingegen ferngeblieben sein, ein Zeichen, dass die Zusammenarbeit von Exilgruppen und der militärischen Führung vor Ort nach wie vor kompliziert ist.