Wer Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantwortet, muss sanktioniert werden. Die Sanktionen gegen das Assad-Regime sind im Interesse aller, die sich für Demokratie und Menschenrechte einsetzen – weltweit. Ein Kommentar von Anwar al Bunni
Haben Sie in den letzten Monaten beobachtet, was im Sudan passiert? Oder zum Beispiel in Ägypten? Im Sudan schießt das Militär auf unbewaffnete Zivilist*innen, um legitime Proteste für Demokratie zu zerstreuen. In Ägypten sitzen tausende Menschen im Gefängnis, weil sie nichts anderes als Menschenrechte einforderten. In etlichen Ländern dieser Welt halten sich korrupte Diktaturen mit bloßer Gewalt an der Macht. Warum? Weil sie wieder und wieder damit davonkommen!
In den letzten zehn Jahren hat das Assad-Regime zehntausende Fassbomben auf Wohngebiete abgeworfen,
hunderte Male Krankenhäuser bombardiert, ganze Städte ausgehungert, Giftgas eingesetzt, Schätzungen zufolge über 350.000 Zivilist*innen getötet, Millionen Menschen vertrieben und fast 130.000 Menschen in Gefängnissen verschwinden lassen, wovon mindestens 14.000 bewiesenermaßen zu Tode gefoltert wurden.
Von vielen dieser Opfer gibt es Fotos – tausende Fotos ausgemergelter und verstümmelter Leichen. Ein Militärfotograf mit dem Decknamen „Caesar“ hat die Bilder außer Landes geschmuggelt. Das Gesetz, das den US-Sanktionen gegen das Assad-Regime zugrunde liegt, trägt deshalb seinen Namen: Das Caesar-Gesetz.
Das unterstreicht, worum es bei den Syrien-Sanktionen geht: Verbrechen gegen die Menschlichkeit dürfen nicht ignoriert werden! Wir müssen verhindern, dass Unternehmen aus Deutschland, aus den USA oder anderen demokratischen Staaten mit Verbrechern wie Assad Geschäfte machen. Wenn Staaten oder Unternehmen mit dem Assad-Regime kooperieren, als wäre nichts gewesen, ist das nicht nur ein Desaster für Syrien, sondern für die ganze Welt.
Wer schadet hier der Bevölkerung?
Immer wieder wird jetzt vorgebracht, die Sanktionen der USA und der EU seien schuld am Elend in Syrien. Am lautesten behaupten dies das Regime und seine internationalen Unterstützer. Aber die Syrien- Sanktionen sind anders konstruiert als etwa die Sanktionen gegen den Irak unter Saddam Hussein. Sie
richten sich gezielt gegen die Verantwortlichen
dieser Verbrechen.
Und die sind es, die der Bevölkerung schaden. Wenn es in Syrien keinen Diesel oder kein Getreide gibt, liegt das nicht an den Sanktionen, sondern daran, dass Warlords und regimenahe Geschäftsleute das Land ausplündern. Man kann ihnen dabei zusehen, wie sie immer reicher und reicher werden.
Und sie sind es, die es in der Hand haben, die Sanktionen abzuwenden. Denn was verlangt das Caesar-Gesetz, das den US-Sanktionen zugrunde liegt? Ein Ende der Bombardierung ziviler Ziele. Ein Ende
der Belagerungen. Die Freilassung der politischen Gefangenen. Ein Recht auf sichere Rückkehr für die Geflüchteten. Und die unabhängige Ahndung der Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Ich frage: Ist das zu viel verlangt?
Mittlerweile müssen sich Folterschergen Assads in Deutschland vor Gericht verantworten. Auch in Schweden und Norwegen sind Klagen gegen Funktionäre des Assad-Regimes anhängig. Grundlage ist das Weltrechtsprinzip: Verbrechen gegen die Menschlichkeit können weltweit geahndet werden. Diese juristischen Anstrengungen sind kleine, aber wichtige Schritte in Richtung Gerechtigkeit. Aber sie müssen ergänzt werden durch politisches Handeln.
Die Politik Europas, der USA und anderer demokratischer Staaten muss endlich deutlich machen, dass sie Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht tatenlos zusieht – egal wo und von wem sie begangen werden.
Die Sanktionen gegen das Assad-Regime sind ein wichtiges Signal, dass das Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht ungestraft bleiben. Aber treffen sie die Richtigen? Was sind ihre Nebenwirkungen? Damit befasst sich die Wirtschaftswissenschaftlerin Salam Said. Sie mahnt: »Die Sanktionen dürfen für die USA und die EU nicht zur Ausrede werden, die syrische Bevölkerung einfach alleine zu lassen.« Lesen Sie hier ihren Kommentar: