Wie das Abstellen des Internets unintendierte Folgen für das Assad-Regime hat und wie der Libanon durch die Geschehnisse in Syrien beeinflusst wird – Netzschau vom 30. November

Nachdem das syrische Regime bereits den zweiten Tag in Folge das Internet komplett und die Telefonleitungen in den meisten Teilen des Landes abgestellt hat, forderte der Sprecher des französischen Außenministers Philippe Lalliot, das Syrische Regime auf, die Leitungen wieder frei zu geben. Computer World kommentiert, warum die Abstellung des Netzes technisch gesehen, so einfach in […]

Nachdem das syrische Regime bereits den zweiten Tag in Folge das Internet komplett und die Telefonleitungen in den meisten Teilen des Landes abgestellt hat, forderte der Sprecher des französischen Außenministers Philippe Lalliot, das Syrische Regime auf, die Leitungen wieder frei zu geben. Computer World kommentiert, warum die Abstellung des Netzes technisch gesehen, so einfach in Syrien war und womöglich mit nur einem Anruf von statten ging. Die Huffington Post beschäftigt sich mit alternativen Möglichkeiten für Syrer, Internetkonnektivität herzustellen. Anonymous stellt in einer Presseerklärung klar, dass die Abstellung des Internets kein technischer Fehler, wie das Regime ihn bezeichnet, ist, sondern gezielt vorgenommen wurde. Auf diesen Moment vorbereitet, wurden bereits seit einem Jahr selbstständige Medienzentren in allen syrischen Städten aufgebaut, welche nun zum Einsatz kommen. Konkret heißt es in der Erklärung: „Anonymous will keep open the lines of telecommunication with the free Syrian people. We will be the voice of the voiceless in Syria.” Und weiter: „By turning off the Internet in Syria, the butcher Assad has shown that the time has come for Anonymous to remove the last vestiges of his evil government from the Internet. Soon, his people will remove him from this world. Let the final battle for a free Syria begin….”. Als Gegenaktion ist Anoymous derzeit dabei alle Internetseiten des Asad-Regimes, die außerhab Syriens liegen, aus dem Internet zu entfernen.

Die Abstellung des Internets hat auch weitere Kreise der syrischen Intellektuellen berührt, so veröffentliche Razan Ghazzawi ein Gedicht, in dem es heißt: „Syria is not offline. The rest of this world, is.”

Die unterschiedlichen Meinungen über die verschiedenen bewaffneten Gruppierungen in Syrien, kommt in der Stellungnahme des Internetblogs „Syria Freedom Forever“ deutlich. So veröffentliche die Seite ein Statement zur salafistischen Jabhat al Nusra lil ahl al-Sham (kurz: Nusra Front), in dem es heißt: „The group […] wants the end of the Assad regime, but does not subscribes to the dynamics of the Syrian popular movement struggling for dignity, freedom and equality.” Der Blog analysiert den Ursprung und die Ziele der Nusra Front, anerkennt, das sie in Aleppo gekämpft hat, distanziert sich aber deutlich von ihr: „This does not remove the reactionary and sectarian character of this group in total opposition to the origins and reasons for the uprising. The group wants to hijack the popular revolution and transform into a sectarian war, and of course we refuse and oppose this completely.”

Wird die bewaffnete Auseinandersetzung in Syrien oft anhand des militärischen Vorteils pessimistisch gesehen, so analysiert BBC Middle East, dass die Rebellen (so ungenau der Begriff auch sein mag), aufgrund ihres strategischen Vorteils, schon viele Erfolge erzielen konnten im Kampf gegen die Asad-Truppen: „Analysts have in the past summed up the rebel strategy as “hit and run”. However, rebel fighters now appear to be seeking to occupy or prevent the government regaining key army and air force bases which they have captured following co-ordinated offensives, some lasting several weeks. Such a move will help solidify rebel control over Syria’s border regions.”

Wie sehr der Libanon von den Geschehnissen im Nachbarland Syrien beeinflusst wird, ist in den letzten Monaten durch Bombenanschläge und bewaffnete Auseinandersetzungen in Beirut und anderen Städten, deutlich geworden. Über den heinklen Balanceakt, den der Libanon leisten muss, berichtet auch die neuste Analyse der internationalen NGO International Crisis Group. Um dem Ausarten des Konflikts entgegen zu wirken, enthält der Bericht auch Handlungsempfehlungen an libanesische politische Parteien, NGOs sowie regionale und internationale staatliche Akteure.

Auch die LA-Times berichtet über den Libanon und  die Lage in dem ursprünglich palästinensischen Flüchtlingslage Shatila. Dort soll sich die Zahl der Bewohner durch die Ankunft der syrischen Flüchtlinge fast verdoppelt haben, und stellt das Lager mit seinen knappen Ressourcen vor enorme Herausforderungen.

Auf Syria Comment berichtet Asaad al-Saleh (University of Utah) über den Kampf um die Stadt Abu Kamal und welche Lehren daraus zu ziehen seien. Abu Kamal eine Stadt im Osten Syriens, in einer traditionell vom syrischen Regime eher vernachlässigten Gegend war es bereits im April 2011 zu den ersten Demonstrationen in Unterstützung der Revolution gekommen, um so härter auch die Reaktion des Regimes. Nach mehreren Monaten bewaffneter Auseinandersetzung konnte am 17. November 2012 mit der Befreiung des lokalen Hamdan Flughafens, die Stadt als frei erklärt werden. Strategisch war dies vor allem ein Sieg, da über den Grenzübergang Abu Kamal geschätzte 70% der nach Syrien fließenden Waren gebracht wurden. Obwohl Abu Kamal eine Stadt, in welcher fast ausschließlich Sunniten leben, macht die Stadt eines exemplarisch deutlich: die Stadt betone immer noch ausschließlich den Kampf gegen das al-Asad Regime, ohne irgendeine religiöse Tendenz. Al- Saleh gibt einen potentiellen Ausblick, was die Befreiung der Stadt für den Rest des Landes heißt: „Many of Abu Kamal’s fighters have appeared on videos addressing al-Assad by this warning: `Do not leave, we will come to you in Damascus.´ This might be a serious threat if rebels across the country free their areas and start moving to the capital.”

Einen tiefen Einblick in Diskurse, die Syrer im In- und Ausland bewegen, gibt die das neue Projekt „Interviews from Syria“ der Internetseite „Correspondents“. Das journalistische Experiment basiert darauf, dass Syrer Syrer interviewen. Die Interviews jeder Ausgabe, werden jeweils von einem syrischen Künstler illustriert.
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