Von der Nothilfe zu nachhaltiger Entwicklung – über das Watad-Zentrum in Yarmouk
Damaskus Dez. 2014: Abdallah al-Khatib von unserer Partnerorganisation Watad berichtet aus Yarmouk/Syrien
„Watad“ bedeutet „Pflock“ und so haben wir unser AktivistInnen-Zentrum im Damaszener Stadtteil Yarmouk genannt. Den Namen finden wir in mehrfacher Hinsicht passend: Denn zum einen ist Camp Yarmouk, wie unser Stadtteil auch genannt wird, aus einem Lager für Flüchtlinge aus Palästina entstanden und ein Pflock ist der tragende Teil eines Zelts. Zum anderen schlagen wir durch Ausbildung und Training von Fachleuten und zivilen AktivistInnen einen Pflock ein, an dem sich die BewohnerInnen des Stadtteils immer wieder aufrichten können, auf den sie sich stützen können.
Im Zentrum befähigen wir die Menschen, die hier unter besonders harschen Bedingungen leben müssen, sich in die lokale Gemeinschaft einzubringen. Wir geben ihnen die Mittel, ihre Belange selbst in die Hand zu nehmen.
Mit unserer Arbeit haben wir bereits über 3.000 Menschen erreicht, um sie etwa in Erster Hilfe oder in Projektplanung auszubilden. Die Früchte dieser Arbeit erkennen wir, wenn die TeilnehmerInnen nach einem Kurs anfangen, eigenständig einen Teil der Belange des Stadtteils zu regeln. Darüber hinaus starten wir selbst vom Zentrum aus öffentliche Aktionen oder Medienprojekte und vernetzen uns mit anderen zivilen Gruppen in benachbarten Stadtteilen, die wir trotz Checkpoints und Belagerung noch erreichen können.
Der Bedarf nach Eigeninitiative ist immens. Über die enormen Zerstörungen der Infrastruktur, aber auch die gesellschaftliche Verwüstung durch die brutale Unterdrückung des Regimes und der radikalislamistischen Brigaden könnten wir Seiten schreiben; ebenso über die Ängste und Traumata der BewohnerInnen. Doch wir versuchen von Anfang an, uns nicht auf die Probleme zu konzentrieren, sondern auf Lösungen.
Unser Zentrum ist die Antwort auf eine Leerstelle, die sich zu Beginn des Aufstands gegen das Assad-Regime gezeigt hat und die „aktive Zivilgesellschaft“ heißt.
In der ersten Zeit haben wir versucht, Nothilfe zu leisten, um diese Lücke mit unabhängigen, demokratischen gesellschaftlichen Strukturen zu füllen. Doch mittlerweile haben wir erkannt, dass diese Revolution noch lange dauern wird und haben angefangen, langfristige, nachhaltige Strukturen aufzubauen.
Adopt a Revolution unterstützt die Selbstorganisation der AktivistInnen in Yarmouk seit Mitte 2013 und die Arbeit des Watad-Zentrums seit Anfang 2014. Übersetzung: Ansar Jasim
Dieser Beitrag erschien auch in der Adopt a Revolution-Zeitung vom Dezember 2014, die Sie hier als PDF abrufen können. Bestellen Sie einige Exemplare der Zeitung, um Sie an FreundInnen und Bekannte weiterzugeben, in Geschäften auszulegen oder bei Veranstaltungen zu verteilen. Gerne senden wir Ihnen kostenfrei Exemplare zu. Senden Sie uns dazu einfach eine Email an: info@adoptrevolution.org
Seit Ende 2011 unterstützt Adopt a Revolution die Projekte der jungen syrischen Zivilgesellschaft für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte. Zivile AktivistInnen streiten weiterhin für ihre Freiräume und sind die letzten, die in Syrien noch humanitäre Hilfe für die Opfer von Verfolgung durch Diktatur und IS-Terror leisten können. Helfen Sie mit, diese Projekte der Selbsthilfe zu ermöglichen!