Zerstörungen in Beirut – weit weg vom Ort der Explosion.

Explosion in Beirut: Die Katastrophe hinter der Katastrophe

Die Mega-Explosion, die Beirut gestern Nachmittag erschüttert hat, ist offenbar Folge unverantwortlich gelagerter Chemikalien. Diese Art systematischer Verantwortungslosigkeit ist das zentrale Charakteristikum des libanesischen Staats. Für die Menschen im „Failed State“ Libanon gibt es ad hoc nur eine Hoffnung: Eine starke Zivilgesellschaft. Die sollten wir von hier aus unterstützen – und zwar schnell.

Zerstörungen in Beirut – weit weg vom Ort der Explosion.

Der libanesische Staat ist seit Ende des Bürgerkriegs nur auf eines ausgerichtet: Die verschiedenen Lager der herrschenden Klasse mit Pfründen zu versorgen. Dass im Hafen tonnenweise hochexplosive Chemikalien lagerten, um die sich offenbar niemand kümmerte, ist nur eines von vielen Symptomen des „failed state“ Libanon.

Facebook-Live zur Situation mit Christin Lüttich, Adopt a Revolution

Kein Geld, keine Lebensmittel, kein Trinkwasser

Seit Monaten können viele Haushalte kein Geld mehr abheben und sich noch nicht mal Nahrungsmittel kaufen. Strom gibt es immer nur zeitweise, die medizinische Versorgung ist schlecht, Basis-Infrastruktur wie etwa Müllabfuhr oder Trinkwasserversorgung funktionieren oft kaum bis gar nicht. Die gewaltige Explosion führt daher bei vielen Einwohner*innen Beiruts vor allem zu gewaltiger Wut. Viele rufen danach, dass die Verantwortlichen endlich zur Verantwortung gezogen werden.

Repressionen statt Infrastruktur

Bevor die Corona-Pandemie ausbrach, war der Libanon Schauplatz revolutionärer Proteste, Zehntausende vor allem junge Leute ganz unterschiedlicher Hintergründe gingen gemeinsam auf die Straße und forderten das Ende des korrupten Systems. Diese Proteste dauerten teils bis kurz vor der Explosion an.

Darauf reagierte der libanesische Staat ganz effektiv – Proteste niederschlagen, Aktivist*innen verhaften,  die Meinungsfreiheit einschränken und durch Militärgerichtsbarkeit die zivile Justiz aushebeln – das kann dieser Staat. Seine Bürger*innen mit banaler Infrastruktur versorgen oder vor Katastrophen schützen, dass kann er nicht.

Angesichts des „failed state“, der sich bislang komplett unreformierbar zeigt, bleibt den Menschen in Beirut sowie im ganzen Land aktuell nur eines: Die Selbstorganisation in zivilgesellschaftlichen Initiativen. Deren Arbeit braucht dringend künftige Unterstützung und transnationale Solidartität– auch dann noch, wenn die Aufmerksamkeit für die Katastrophe längst wieder weg ist.

Spenden für zivilgesellschaftliche Arbeit im Libanon

Mehrere ehemalige Projektpartner*innen von Adopt a Revolution leben in Beirut. Wir sammeln aktuell Spenden für unsere von der Katastrophe betroffenen ehemaligen Kooperationspartner, damit sie ihre aktuellen zivilgesellschaftlichen Projekte fortführen können (Reparaturarbeiten, Ersatz dringend benötigter zerstörter Güter) und damit sie im Umfeld ihrer Projekte spontan Soforthilfe leisten können. Wir bitten Sie hierfür um Spenden.

https://www.facebook.com/megaphone.news/videos/345891959757220/