Die islamistische Gruppe Islamic State of Iraq and the Levant (ISIL, auch bekannt als ISIS) wurde am 13. April 2013 formiert und ist ein Ableger von al-Qaeda im Irak. Laut BBC fungierte der Anführer der Organisation ISIS, Abu Bakr al-Baghdadi, vorher als Anführer von al-Qaeda im Irak – eine der Gruppen, die später zu ISIS wurden. Al-Baghdadi gilt als Kommandeur auf dem Schlachtfeld, als Taktiker, was ISIS für junge Jihadisten attraktiver macht als das von dem islamischen Theologen Ayman al-Zawahiri geführte al-Qaeda. Laut BBC hätten sich 80% der westlichen Kämpfer in Syrien ISIS angeschlossen, welche damit nun über Kämpfer aus Großbritannien, Frankreich, Deutschland, aus anderen europäischen Ländern sowie den USA, den arabischen Ländern und dem Kaukasus verfügt.
Laut Rania Abouzeid für Politico beauftragte ursprünglich der damals noch al-Qaeda zugehörige al-Baghdadi den jungen Kämpfer Abu Mohammad al-Golani, al-Qaeda in Syrien zu etablieren. Al-Golanis Mission war das Assad-Regime zu stürzen und stattdessen einen islamischen Staat zu errichten. Daraufhin formierte dieser die Gruppe Jabhat al-Nusra l’Ahl ash-Sham (was “Front für die Menschen der Sham” bedeutet, welche Damaskus, Syrien und die Levante umfasst). Unter anderem, weil Golani einen im Vergleich zu al-Qaida gemäßigten Kurs einschlug und die Verbindung von Al-Nusra zu Al-Qaeda nicht bekannt gemacht wurde, schaffte es die Gruppe, zu einer starken Kraft mit hoher lokaler Unterstützung aufzusteigen. Im April 2013 machte al-Baghdadi jedoch die Verbindung Al-Nusras zu Al-Qaeda bekannt; erklärte außerdem, dass seine Unterstützer über al-Nusra hinausgewachsen seien, und dass er diese und al-Nusra unter dem Namen ISIS vereinen wolle. Golani lehnte die Vereinigung ab und erklärte seine Treue zu al-Zawahiri. Dieser forderte al-Bagdhadi auf, sich aus Syrien zurückzuziehen, was al-Bagdhadi jedoch ablehnte. Viele der al-Nusra Kämpfer liefen schließlich zu ISIS über. Im Februar 2014 kam es schließlich zu einer offiziellen Distanzierung von al-Qaeda gegenüber ISIS.
ISIS ist im Arabischen als ad-Dawla bekannt, was “Der Staat” bedeutet. Und in der Tat beschreibt dies den Unterschied zu anderen islamistischen Gruppierungen – ISIS sieht sich selbst als souveränen Staat und arbeitet an dessen territorialer Etablierung. Bereits im Mai 2013 wurde die Stadt Raqqa erobert, welche als Hauptstadt gelten soll. Nachdem es ISIS Mitte Juni 2014 gelungen ist, die zweitgrößte irakische Stadt Mosul unter ihre Kontrolle zu bringen, benannte sich ISIS in IS – Islamischer Staat – um und rief ein Kalifat aus, das sich von der irakischen Provinz Diyala bis in das syrische Aleppo erstrecken solle (Al-Jazeera). Bagdhadi erklärte sich in einer Rede außerdem zum auserwählten Kalif, um den sich alle sunnitischen Muslime versammeln sollen (Middle East Eye). Diese Ausrufung des Kalifats wurde von einer Vielzahl von islamischen Gelehrten abgelehnt.
Die von ISIS seit 2012 veröffentlichten und wie Geschäftsberichte anmutenden Jahresberichte mit „Performance-Indikatoren“ legen die Eroberung von Mosul und die Errichtung des Kalifats als klares Ziel offen. Khalaf und Jones berichten in der Financial Times, dass die Berichte mit genauester Präzision die Zahl der Bombardierungen, der Hinrichtungen, der errichteten Checkpoints, der Selbstmordattentate, der Städte, die eingenommen wurden, und sogar die Zahl der für die Mission gewonnenen Mitkämpfer dokumentieren. Die „Performance“ von ISIS kritisiert Amnesty International als brutale Terrorisierung der Zivilbevölkerung. Amnesty verweist z.B. auf eine hohe Anzahl von konfessionsgebundenen Entführungen, Morden und Hinrichtungen. Von der Brutalität ISIS’ zeugt auch ein Bericht des Mannes aus einem syrischen Dorf, der als einziger von neun Männern eine Kreuzigung durch ISIS überlebt hat. Harriet Alexander berichtet in The Telegraph, dass Kreuzigungen von ISIS häufig zur Bestrafung von Rebellen durchgeführt werden.
ISIS arbeitet unterdessen weiter daran, sein Territorium auszuweiten. Die ARD berichtet, dass ISIS nach dem Vormarsch im Irak nun auch weiter bemüht ist, seine Stellung in Syrien zu festigen. Demnach hätten ISIS-Kämpfer große Teile der strategisch wichtigen Stadt Dair as-Saur eingenommen. Diese liegt in Ostsyrien auf der Route zwischen Raqqa und der westirakischen Provinz Al-Anbar, die bereits in weiten Teilen von den sunnitischen Extremisten erobert wurde. Sie übernahmen außerdem große Teile der gleichnamigen syrischen Provinz Dair as-Saur von Al-Nusra. An der türkisch-syrischen Grenze liefern sich ISIS-Kämpfer auch mit Kurden immer heftigere Auseinandersetzungen. Dabei helfen zahlreiche Waffen, die ISIS im Irak erobern konnte.
Unsere Syrien-Presseschau als RSS-Feed abonnieren.
Für eine wöchentliche Zusammenfassung unserer Beiträge im Syrischer Frühling-Blog schicken Sie uns doch einfach eine E-Mail an: newsletter[ätt]adoptrevolution.org.
Dieser Beitrag ist lizensiert als Creative Commons zur freien Verwendung bei Namensnennung. Bei kommerzieller Weiterverwendung bitten wir um eine Spende an Adopt a Revolution.