Während schon wieder oder immer noch Kämpfe in der Nähe ausgetragen werden, berichtet Razan Zeitouneh wie die Opfer der Giftgas-Angriffe im östlichen Ghouta beerdigt werden. Eltern suchen nach den Leichen ihrer Kinder zur Identifizierung. In vielen Fällen wurden Familien verstreut da sie zu verschiedene medizinische Hilfspunkten gebracht wurden. Ein Arzt erzählt, wie er vor Monaten vergeblich versucht hat, die BewohnerInnen davon zu überzeugen, eine medizinische Stelle für chemische Attacken auszustatten. Nun seien sie in Scharen zu Spenden bereit, da sie die Bilder der Toten überzeugt hätten. Nur eben zu spät.
Zeit Online berichtet, dass sich der US-amerikanische Präsident zwar noch nicht zum Eingreifen in Syrien entschieden hat, als Reaktion auf die Giftgas-Angriffe jedoch verschiedene Möglichkeiten vorbereitet werden. Der Republikaner John McCain, aber auch verschiedene Demokraten hätten Obama dazu gedrängt, endlich durch Lufteingriffe eizuschreiten. Zudem hätten die USA ihre Flotten im Mittelmeer bereits in Stellung gebracht. Bei den konkreten Zielen könnte es sich zum einen um die möglichen Abschuss-Rampen des Giftgases handeln oder aber auch Gebäude, die symbolischen Wert für das Asad-Regime haben. Von iranischer Seite gab es eine Anerkennung, dass es zum Gebrauch von chemischen Waffen gekommen sei, Präsident Rouhani ließ jedoch offen, wer diese benutzt haben könnte.
In ganz Syrien kam es am Freitag zu Solidaritätsdemonstrationen. Dieses Video zeigt, wie AktivistInnen am heutigen Samstag Flyer in Damaskus verteilen, zum Ausdruck ihrer Solidarität mit den Opfern der Giftgas-Angriffe. Würden die AktivistInnen entdeckt, werden sie sofort verhaftet. Deswegen denken sie sich Methoden aus, unentdeckt zu bleiben. Man sieht etwa, wie jmd. in einem Bekleidungsshop die Flyer in die Anziehsachen auf der Stange steckt. Seit Tagen tauchen auf den Facebook-Seiten von AktivistInnen-Gruppen mehr und mehr Tipps zur Vorsorge und Schutz gegen chemische Waffen auf.
Naharnet berichtet über die wiederholten Attacken von „Al-Kaida Loyalisten“ auf überwiegend kurdisch bewohnte Gebiete in Nordsyrien. 18 Menschen wurden bei den Auseinandersetzungen getötet. Al-Kaida-Kämpfer wurden vor ungefähr einem Monat von kurdischen KämpferInnen aus den Gebieten vertrieben und versuchen seitdem immer wieder diese einzunehmen. Obwohl die Attacken von großen Flüchtlingswellen gefolgt waren, wurde das Thema von vielen Medien fast ignoriert. Eine weitere Flüchtlingswelle aus den kurdischen Gebieten ging über die irakisch-syrische Grenze. Dies sei eine der größten Flüchtlingswellen seit Beginne der Revolution, lies die UNHCR verlautbaren. Die genauen Gründe für die schiere Anzahl blieben unklar. Save the Children macht deutlich, dass man sich nun darum bemühen muss, dass die Flüchtlinge sich nicht in Gebieten niederlassen, in welchen der Zugang zur Grundversorgung nicht gewährleistet sei. Laut dem Nachrichtenportal kurd.net habe der Präsident der irakischen kurdischen Regionalregierung Mahmoud Barzani die Flüchtlinge dazu aufgerufen, in Syrien zu blieben und ihr Land zu verteidigen: „[…] the issue remains very sensitive, because we do not want Western Kurdistan to be emptied of its Kurdish residents, and our people there must stay and defend their land [and] try to attain their legitimate rights.” Mit den 30.000 neuen Flüchtlingen steigt die Zahl der Syrer, die Schutz in der kurdischen Region des Nordirak gefunden haben somit auf 195.000 Menschen.
„Helft den lokalen Räten und nicht der Syrischen Nationalen Koalition!“, lautet Dylan Crimmins und Joseph Hamouds Aufruf in Open Democracy. Die Koalition werde es kaum schaffen- und hierbei können ihr auch ausländische Regierungen nicht helfen- die Kräfte der Revolution zu kontrollieren und zu koordinieren. Lokale Räte (Local Councils) in den befreiten Gebieten seien für lokale zivile Institutionen zuständig, nicht die Syrische Koalition. Der lokale Rat von Manbij hat z.B. ein Amt für medizinische, juristische, finanzielle und politische Angelegenheiten geschaffen, dazu noch eine kleine Polizei- die Hauptstrukturen für eine funktionierende Zivilgesellschaft. Die Räte haben sich zumeist aus den lokalen Koordinierungskomitees entwickelt. Dass der lokale Rat so gut funktionieren könne, liege vor allem daran, dass er weiterhin Verbindungen mit dem Asad-Regime unterhält. Dass dieses Phänomen nicht unüblich ist, hatte bereits der letzte Syrien-Bericht der International Crisis Group gezeigt. Unklar bleibt, welche Strukturen des Regimes hiermit gemeint sind. Dem Rat von Manbij ermöglicht dies jedoch, dass er Güter sicher in seine Gegend transportieren kann. Einige Hilfe um den Mangel an medizinischen Gütern auszugleichen, komme von der Syrischen Nationalen Koalition, jedoch: „[…] the SNC is notoriously bad at handling the donations and aid it receives“. Eine sofortige Lösung könne die direkte Lieferung an die lokalen Räte sein.
Über die Rolle der Koalition schreibt auch Razan Zeitouneh. Die Ambitionen eine führende Rolle in den befreiten Gebieten des östlichen Ghouta zu spielen, seien nicht zu übersehen. Zeitounehs Ausführungen gestehen der Koalition eine weitaus größere Rolle in der Entstehung der lokalen Räte zu, als der vorherige Artikel. Dennoch: „In any case, it seems likely that more than one initiative will come to fruition in the liberated areas soon. The hope is that the opposition inside Syria does not make the same mistakes as the opposition abroad by succumbing to fracturing and infighting, and that it is able to work under such exceptionally difficult circumstances.”
Seit Monaten versucht das Asad-Regime Teile der Vororte zurückzugewinnen. Dazu gehört auch Yarmouk. Zeitweilig waren 75% des Stadtteils durch bewaffnete Oppositionelle kontrolliert. Der Bezirk wurde vom Regime belagert. Essen und Trinken, geschweige denn Geld konnte nicht in das Camp gebracht werden. Am Freitag wurde das Camp stärker als üblich beschossen. Im Adopt a Revolution Live-Blog berichteten wir davon, dass die verbleibenden KämpferInnen über Lautsprecher dazu aufgefordert wurden, das Camp zu verlassen. Besonders nach den Giftgasangriffen der vorherigen Woche befürchten viele BewohnerInnen, dass ihnen nun das gleiche Schicksal droht, wie den anderen von Rebellen kontrollierten Gebieten des Ost-Ghouta.
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