Rania Maarwai ist 43 Jahre alt, verwitwet und hat sechs Kinder.

Ein eigenes Standbein für die Zukunft

Wo vorher Existenzängste waren, gibt es jetzt einen Hoffnungsschimmer: Rania und Najwa haben beide ihr Hobby zum Beruf gemacht und bestreiten jetzt den Lebensunterhalt für ihre Familien (mit). Starthilfe bekamen sie von den Aktivistinnen im zivilen Zentrum Sawaedna – sogar bis heute.

Rania Maarwai ist 43 Jahre alt, verwitwet und hat sechs Kinder.

Stricken fand Rania schon immer toll, aber wie genau das funktioniert, wusste sie nicht. Als sie über eine Anzeige auf das zivile Zentrum Sawaedna stieß, meldete sie sich sofort für die Strickausbildung an. „Ich dachte, ich bekomme die Grundlagen des Strickens beigebracht. Tatsächlich haben wir sehr schnell auch schwierige Strickaufgaben bekommen. Komplexe Maschen, aufwändige Muster – das ist jetzt alles kein Problem mehr für mich,“ freut sie sich hörbar.

Auch Najwas Augen glänzen bis heute, wenn sie von ihrer Ausbildungszeit berichtet. Eine Freundin gab ihr den Tipp sich einmal die Kurse im Frauenzentrum anzuschauen. Erst absolvierte Najwa die Näh- und Stickausbildung, danach erweiterte sie ihre Kenntnisse in einem Handarbeits- und Webstuhl-Lehrgang.

Najwa Badawi, 40 Jahre alt, verheiratet, hat 4 Kinder und lebt in Ariha.

„Ich ging davon aus, dass ich die Grundlagen im Nähen, Sticken und Weben lernen würde. Aber am Ende der Ausbildung konnte ich verschiedene Kleidungsstücke entwerfen und schwierige, professionelle Stiche sticken. Das war mehr als ich erwartet hatte. Es war eine sehr schöne Zeit, in der ich meine künstlerischen und handwerklichen Fähigkeiten weiterentwickeln und professionalisieren konnte. Dafür bin ich sehr dankbar,” erzählt Najwa.

Erst die Familie, dann die Nachbarschaft, dann ein eigenes Business

Nach ihrer professionellen Strickausbildung hat Rania zunächst Wollpullover für ihre Kinder und Angehörigen gestrickt. Dann fragten Nachbar*innen an und als sich das rumgesprochen hatte, bekam sie immer mehr Aufträge für Strickwaren. „Mittlerweile habe ich einige Stammkund*innen und verdiene damit Geld, sodass ich meine Kinder und mich etwas besser versorgen kann.“

Ähnlich verlief es bei Najwa: Durch ihre gute Ausbildung fand sie eine Anstellung bei einer Näherei in der Nähe von Ariha. „Das entlastet meine Familie finanziell ein wenig und hat mir geholfen mich mental zu stabilisieren, weil meine Existenzängste nicht mehr so omnipräsent und überwältigend sind. Es ist sehr schwierig hier in Idlib zu überleben, aber jetzt haben wir ein zweites kleines, aber immerhin festes Einkommen.“

Genau wie Rania begann Najwa neben ihrer Arbeit in der Näherei, Kinderkleidung für Familienangehörige oder Nachbarn herzustellen oder alte Kleidung zu flicken. Aus Spaß, aber auch aus Not, denn jeder Cent zählt in Idlib. Mittlerweile ist daraus ein kleines Business erwachsen. „Ich verkaufe jetzt ganz offiziell Kleidung und werde für alle möglichen Anlässe angefragt: Hochzeiten, Geburtstage, Verlobungen, Geschenke, etc. Ich fertige für alle Anfragen individuell bestickte Stücke an und verdiene damit ein wichtiges Zubrot.“

Das Zentrum ist mehr als eine Ausbildungsstätte

Beide Frauen zieht es bis heute immer wieder ins Zentrum zurück. „Ich wurde hier als Schülerin immer respektvoll und freundlich behandelt. Ich kann auch heute noch die Ausbilderinnen jederzeit ansprechen und um Tipps und Tricks bitten. Und sie helfen mir immer weiter, teilen ihr Wissen und ihre Erfahrungen mit mir. Deshalb liebe ich diesen Ort”, erzählt Najwa.  

Rania besucht das Frauenzentrum noch regelmäßig, um sich mit ihren ehemaligen Ausbilderinnen auszutauschen oder einfach beim Nähen, Sticken und Stricken zuzuschauen und sich dabei inspirieren zu lassen. Derzeit spart sie auf eine neue Strickmaschine, damit sie ihre Produktion und ihr Einkommen steigern kann.

Auch nach der Ausbildung eine helfende Hand

„Mit meiner Handarbeit kann ich pro Woche ca. einen Wollpullover herstellen. Wenn ich eine Strickmaschine hätte, könnte ich ein oder zwei Pullover pro Tag stricken. Dann könnte ich als Witwe und alleinerziehende und alleinverdienende Mutter von sechs Kindern meine Familie durch diese extrem schlechte wirtschaftliche Situation bringen.“

Ähnlich geht es Najwa: „Ich habe leider nur eine sehr alte Nähmaschine, mit der ich manche Arbeiten nur unter sehr viel Mühe anfertigen kann. Um Aufträge fertigstellen zu können, muss ich deshalb auch manchmal ins Zentrum, um dort eine Maschine zu benutzen. Perspektivisch brauche ich deshalb eine neuere, zuverlässige Maschine. Die kann ich mir derzeit aber nicht leisten.“ Bis es soweit ist, stellt das Zentrum ihre Räumlichkeiten und Maschinen zur Verfügung und helfen bei der Vermittlung von Aufträgen, damit der Wunsch von Rania und Najwa bald in Erfüllung geht und sie sich die neuen Maschinen leisten können.


Damit das zivile Zentrum Sawaedna auch weiterhin möglichst vielen Frauen eine echte Perspektive bieten können, brauchen die Aktivistinnen finanzielle Unterstützung!