Der erfolgreiche Kampf gegen die radikal-islamische ISIS-Gruppe (“Islamischer Staat im Irak & Syrien”) im Norden Syriens beherrschte diese Woche die Nachrichten. Nach einer Welle von Demonstrationen gegen ISIS’ brutales Vorgehen gegen ZivilistInnen kam es diese Woche zur erfolgreichen Vertreibung der Gruppe aus den Provinzhauptstädten Raqqa und Aleppo durch verschiedene Rebellengruppen. Dieses berichtete unter anderem die englische Zeitung Guardian und die libanesische Website Now (auf englisch).
ISIS, eine internationale, mit Al-Qaeda ein Verbindung stehende Gruppe, hatte sich in den letzten Monaten von Nordsyrien aus in den Irak ausgebreitet und letzte Woche die irakische Stadt Fallujah unter ihre Kontrolle gebracht. Es ist möglich, dass die Vertreibung der Gruppe aus Syrien auch damit zusammenhängt, dass sich ISIS-Kämpfer zur Verstärkung nach Fallujah begeben haben; die meisten Analysten allerdings sehen den Grund für ISIS’ plötzlichen Verfall darin, dass die Gruppe fast alle anderen Akteure gegen sich aufgebracht hat. Die Washington Post zitiert mehrere Experten mit der Ansicht, dass ISIS’ Strategie der rapiden Ausdehnung und der selbstgewählten Isolation von anderen Gruppierungen sich nun als kurzsichtig herausstellt. Offensichtlich hat es Absprachen und Koordinierung zwischen verschiedenen Rebellengruppen gegeben, die sich jetzt gemeinsam gegen ISIS stellen. Eine minutiöse Beschreibung der gravierenden Fehler, die ISIS in den letzten Wochen begangen hat, und der Eskalation, die schließlich zum Rauswurf der Gruppe führte, liefert Michael Weiss für die Now Website hier.
Die andauernden Kämpfe zwischen ISIS und anderen Rebellengruppen in Syrien – und zwischen ISIS, der irakischen Armee und Stammesmilizen im Irak – beleuchten die verworrene Lage in der syrisch-irakisch-türkischen Grenzregion. Die bewaffnete syrische Opposition ist inzwischen in viele verschiedene Milizen und Fronten zerfallen; national-gesinnte, islamische Brigaden stehen neben säkularen Einheiten, zusätzlich gibt es transnationale Jihadisten wie ISIS. Faysal Itani vom Atlantic Council schreibt in einer treffenden Analyse, warum die aktuelle Lage in Syrien trotzdem Grund zur Hoffnung gibt, da sie zeigt, wie sehr die Revolution dazu beigetragen hat, aktives politisches Handeln wieder in der syrischen Gesellschaft zu verankern. Itani argumentiert, dass sich die Ziele und Interessen transnationaler Islamisten wie ISIS sehr stark von lokal-nationalen, islamischen Kämpfern unterscheiden. Dass sich letztere mit säkularen Truppen gegen ISIS gewandt haben, dazu noch von unbewaffneten anti-ISIS Demonstrationen unterstützt, zeige vor allem, dass sich die Bevölkerung weiterhin aktiv am politischen Geschehen beteiligt und ein Mitbestimmungsrecht fordert. Dies sei unter Assad undenkbar gewesen und eine bleibende Folge der Revolution und der Politik der Rebellion.
Diese Woche wurde mit der Zerstörung des syrischen Chemiewaffenarsenals begonnen. Unter anderem berichtete der Spiegel über die hohen Sicherheitsvorkehrungen, unter denen die Kampfstoffe zunächst mit LKWs und dann per Schiff außer Landes gebracht werden. Nach Angaben des Tagesspiegel soll ein Teil der Giftgase in Deutschland vernichtet werden, durch das auf solche Einsätze spezialisierte, staatliche Unternehmen GEKA.
Um die geplanten Verhandlungen zwischen syrischer Regierung und Opposition wird weiterhin gestritten. Ein Hauptproblem ist die Tatsache, dass es weiterhin keine Vereinigung gibt, die überhaupt als allgemeiner Repräsentant für die Opposition auftreten könnte. Ein diese Woche in Madrid abgehaltenes Treffen verschiedener Oppositiongruppen hob eher deren starke Differenzen hervor, als Einigung zu erzielen, berichtet Reuters. Ein zweiter Knackpunkt liegt auf internationaler Ebene: Die USA wollen nicht, dass Iran als volles Mitglied an den Verhandlungen teilnimmt. Aus realpolitischer Sicht ist dies eher unklug, da die Islamische Republik zu Assads wichtigsten Unterstützern zählt. Doch die diplomatische Eiszeit zwischen den USA und Iran verhindert die gemeinsame Teilnahme; wer eingeladen wird, bestimmen schließlich die Initiatoren der Verhandlungen – Russland und USA. Der UN-Generalsekretär Ban-Ki Moon würde eine Teilnahme Irans zwar begrüßen, berichtet der Independent, er habe aber bisher keine Einladung nach Teheran schicken können.
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