Koblenz/Berlin, 23. April. Heute beginnt vor dem OLG Koblenz der weltweit erste Prozess gegen mutmaßliche Folterer des Assad-Regimes. Den beiden ehemaligen Geheimdienstmitarbeitern Anwar R. und Eyad A. werden Tötungen und Folter in mehr als 4.000 Fällen vorgeworfen.
Der Prozess wirft ein Schlaglicht auf in Syrien begangene Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die bis heute andauern: „Jeden Tag, auch heute, werden in den Gefängnissen des Assad-Regimes Menschen gefoltert und getötet“, erinnert die syrische Aktivistin Mariana Karkoutly von der Kampagne #SyriaNotSafe, die sich gegen Abschiebungen nach Syrien richtet. „Das heute verhandelte Verbrechen ist längst nicht abgeschlossen, noch immer sitzen mindestens 130.000 Menschen in den Verliesen des Assad-Regimes.“
Abschiebungen in einen Folterstaat?
Während der Generalbundesanwalt gegen mehrere Geheimdienstmitarbeiter des Assad-Regimes ermittelt, darunter den einflussreichen Chef des Luftwaffengeheimdienstes Jamil Hassan, sprechen sich mehrere Landesinnenminister immer wieder für Abschiebungen nach Syrien aus – und fordern damit letztlich eine Kooperationen mit dem syrischen Folterregime. Bei der Innenministerkonferenz (IMK) im Juni könnte der bislang geltende Abschiebestopp nach Syrien aufgeweicht werden oder sogar auslaufen. Im Dezember forderte die IMK die Bundesregierung bereits auf, Voraussetzungen für Abschiebungen nach Syrien zu schaffen.
„Die Innenminister sollten den Prozess in Koblenz sehr genau verfolgen“, fordert Mariana Karkoutly. „Das Gerichtsverfahren wird offenbaren, was bereits umfangreich belegt ist: In Syrien sind Menschen, denen Illoyalität gegenüber dem Assad-Regime auch nur unterstellt werden kann, von willkürlicher Inhaftierung, Folter und Tötung bedroht.“ Der Willkür und der Brutalität der Geheimdienste sind keine Grenzen gesetzt. Neben Kriegsverbrechen wie dem Einsatz von Chemiewaffen, Angriffen auf Krankenhäuser und Schulen sowie das Aushungern von ganzen Regionen sind auch hunderttausendfache Folter und mindestens 90.000 Fälle von „Verschwindenlassen“ belegt.
#SyriaNotSafe: IMK muss Abschiebungsstopp verlängern
Die Kampagne #SyriaNotSafe fordert, dass niemand nach Syrien abgeschoben werden darf, selbst schwere Straftäter und als Gefährder eingestufte Personen nicht. Internationale Rechtsnormen wie die Europäische Menschenrechtskonvention verbieten es, Menschen Folter und unmenschlicher Behandlung auszusetzen – was unterschiedslos für alle Menschen gilt. Kooperationen mit dem Assad-Regime zum Zwecke von Rückführungen würden bedeuten, dass sich die Bundesrepublik an den dort begangenen Verbrechen mitschuldig macht.
#SyriaNotSafe ist eine Kampagne von Adopt a Revolution / about:change e.V. und dem Syrian Center for legal Studies and Researches. Die Kampagne erhält Unterstützung der Bewegungsstiftung und der Heidehof-Stiftung. Mehr Informationen: