Am 21. August 2013 kamen in Vororten von Damaskus über 1.300 Menschen durch den Einsatz von Chemiewaffen ums Leben. Wenige Tage später konnten UN-Experten auf internationalen Druck hin, die betroffenen Gebiete besuchen und Proben nehmen. In ihrem am 19. September 2013 veröffentlichten Bericht stellen die Chemiewaffenexperten den massiven Einsatz des Nervengases Sarin fest – was ich mit den Symptomen der Opfer vor Ort deckt.
Nach dem Beitritt Syriens zur Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) und die – zumindest offizielle – chemische Abrüstung, wird in Syrien vermehrt Chlor als chemischer Kampfstoff eingesetzt. Immer wieder gibt es Berichte von Angriffen in kleinerem Rahmen mit den beiden Giftgasen. Im folgenden stellen wir die Wirkung der beiden chemischen Kampfstoffe kurz vor.
Wie wirkt das Nervengift Sarin?
In den provisorischen Krankenstationen rund um die Einschlagsorte der Giftgas-Raketen wurden innerhalb kürzester Zeit zahlreiche Opfer mit Krämpfen, Zuckungen, Atemnot stark verengten Pupillen und übermäßigem Speichelfluss eingeliefert. Da es bereits in der Vergangenheit Hinweise auf kleinere Einsätze von chemischen Kampfstoffen in Syrien gab, vermuteten die Ärzte der Untergrundkrankenhäuser schnell, dass es sich um die Folgen eines Angriffs mit Chemiewaffen, mutmaßlich Sarin, handelte. Das Nervengift Sarin ist bei normalen Temperaturen flüssig, aber leicht flüchtig. Oft reicht die über die Atemorgane, Haut oder Augen aufgenommene Menge aus, um tödlich zu wirken, indem es an den Nervensynapsen zu einer Dauererregung führt.
Einen wirksamen Schutz vor Sarin bietet eigentlich nur ein Ganzkörper- und Atemschutz, weshalb die Handhabung des Kampfstoffs einer recht ausgefeilten Logistik bedarf, auch wenn Sarin chemisch relativ einfach herzustellen ist. Entsprechend wurde der massenhafte, koordinierte Einsatz in mehreren, weit auseinander liegenden Gegenden als starker Hinweis darauf gewertet, dass die syrische Armee hinter dem Giftgaseinsatz stehen müsse. Die Ergebnisse der UN-Chemiewaffenexperten unterstrichen zudem in ihrem Abschlussbericht, dass das eingesetzte Sarin wegen der großen Reinheit aus den Beständen der syrischen Armee stammen müsse, selbst wenn sie keine Aussage darüber machten, wer für den Angriff verantwortlich ist.
Als langfristige Wirkung des Einsatzes von Sarin wird aus den betroffenen Gebieten um Damaskus eine deutliche Erhöhung der Fehlgeburten und der Geburt von Kindern mit körperlichen Beeinträchtigungen festgestellt. Erfahrungen von anderen Einsatzorten aus der Vergangenheit zeigen zudem, dass die direkt Betroffenen zeitlebens massiv unter den psychischen Folgen einer Vergiftung leiden.
Wie wirkt Chlorgas als Kampfstoff?
Chlor wird in Lösungen etwa als Reinigungs- und Desinfektionsmittel eingesetzt. Da es in der chemischen Industrie benötigt wird, gilt der Einsatz von Chlor als Kampfstoff zwar als Kriegsverbrechen, das Element steht jedoch nicht ist jedoch nicht auf der Liste der verbotenen Stoffe der OPCW. Das erste Mal wurde Chlorgas als Kampfstoff in Ypern im ersten Weltkrieg von der deutschen Armee eingesetzt. Da das Element schwerer ist als Luft, sinkt es zu Boden, wo es in höherer Konzentration beim Einatmen tödlich wirkt. Bei geringeren Konzentrationen brennen die Augen und alle Schleimhäute werden verätzt. Chlorgas bewirkt ein Lungenödem, also Wasser in der Lunge. Die Lunge füllt sich mit Körperwasser, man erstickt langsam und qualvoll. Die Lunge von Überlebenden bleibt lebenslang geschädigt.
Die Menschen in den betroffenen Gebieten erhielten seit dem Giftgas-Angriff keine internationale Unterstützung. Sie werden noch immer von der syrischen Armee belagert und beschossen. Zivile AktivistInnen versuchen, die Versorgung der Bevölkerung zu ermöglichen. Unterstützen Sie die junge syrische Zivilgesellschaft!