Aufbruch oder Verzweiflung? – Syrien nach vier Jahren Aufstand

Der Beginn des Aufstands in Syrien jährt sich bereits zum vierten Mal. Was 2011 als hoffnungsvoller Aufstand gegen die Diktatur des Assad-Regimes begann, ist längst in einen blutigen Bürgerkrieg abgedriftet. Das Militär belagert und zerbombt die Städte, Milizen verfolgen zivile AktivistInnen, Dschihadisten unterdrücken die Zivilbevölkerung – selbst bewaffnete Rebellen der Opposition profitieren oft vom Krieg […]

11001828_601300826668221_2716257618545847625_nDer Beginn des Aufstands in Syrien jährt sich bereits zum vierten Mal. Was 2011 als hoffnungsvoller Aufstand gegen die Diktatur des Assad-Regimes begann, ist längst in einen blutigen Bürgerkrieg abgedriftet. Das Militär belagert und zerbombt die Städte, Milizen verfolgen zivile AktivistInnen, Dschihadisten unterdrücken die Zivilbevölkerung – selbst bewaffnete Rebellen der Opposition profitieren oft vom Krieg und verhalten als Warlords.

Zivile AktivistInnen arbeiten inmitten des Bürgerkriegs weiter an einer besseren Zukunft. Wir haben unsere PartnerInnen aus Syrien gefragt, was der Jahrestag des Aufstands für sie bedeutet. Adopt a Revolution ist überzeugt, dass derzeit nur eine starke Zivilgesellschaft eine Lösung für den Konflikt in Syrien sein kann. Diese Zivilgesellschaft braucht unsere Unterstützung. Lesen Sie hier die Stimmen der AktivistInnen – und unterstützen Sie nach Möglichkeit ihre Arbeit!

Jetzt syrische Zivilgesellschaft stärken!

Der Jahrestag der Revolution bedeutet: Eine schöne Erinnerung und eine bessere Zukunft von der wir bis heute träumen, trotz aller Trauer über die Toten und die Zerstörung. Es ist der Tag einer Bewegung für ein besseres Syrien, denn trotz aller Opfer sind wir noch immer frei. Bashar al-Assad wird niemals ein freier Mensch sein und deshalb übt er eine Politik der Zerstörung aus. Unsere Revolution ist Vergangenheit. Jetzt tragen rivalisierende Staaten ihre Rechnungen mit dem Blut des syrischen Volkes aus, vergrößern die Tragödie und verlängern den Krieg. Umm Sana, 52, Douma, Provinz Damaskus.

alanIm Nachhinein betrachtet war klar, dass es in Syrien irgendwann zur Revolution kommen musste. Wir konnten die Diktatur einfach nicht länger ertragen – und 2011 glaubte ich, die Zeit dafür sei. Doch wir AktivistInnen waren naiv, denn wir haben gedacht, die politische Exilopposition und die Regierungen anderer Länder würden uns unterstützen. Dabei haben die nur auf ihren eigenen Vorteil geschaut und uns nicht nur alleine gelassen, sondern die Situation sogar noch verschlimmert. Dass jede Revolution ihren Preis hat, war mir klar. Ich hätte nicht erwartet, dass der so hoch sein könnte. Aber wenn wir jetzt aufgeben würden, wäre nicht nur alles umsonst gewesen, sondern das Leiden würde sogar noch schlimmer werden. Alan Hassaf, 30, aus Qamishli.

Die Revolution ist für mich das “arabische Erwachen” und deswegen ist für mich ihr Jahrestag ein Freudentag. Er steht für den Beginn einer emanzipatorischen Bewegung – und wir haben noch immer eine Vorstellung davon, was gut und richtig ist und was nicht. Doch um das erreichen zu können, brauchen wir etwas mehr Unterstützung. Marwa, 29, Madaya, Provinz Damaskus

Am Jahrestag der Revolution werde ich weder traurig noch fröhlich sein. Vielleicht wird irgendwann entschieden sein, ob es ein Trauertag oder Freudentag war, aber derzeit ist das Wichtigste, dass wir an den Prinzipien und Zielen der Revolution festhalten. Es gibt noch immer viele ganz normale Menschen, die niemals AktivistInnen waren, die aber zu Jabhat al-Nusra oder ISIS “Nein!” sagen, die gegen die Fehler der bewaffneten Rebellen protestieren und trotz der Bombardierungen Widerstand leisten gegen die Diktatur. Drei Mal haben Russland und China von ihrem Vetorecht Gebrauch gemacht, um eine Lösung für Syrien zu verhindern. Ohne Vetos würden wir ganz woanders stehen. Wir müssen dafür sorgen, dass die Kriegsverbrechen aller Seiten geahndet werden, aber ohne Einmischung von außen, etwa von robusten UN-Blauhelmen, werden wir das nicht erreichen. Ich bin nicht wütend, aber sehr traurig darüber, dass die Welt sich nicht für uns interessiert. Serdar, 30, Afrin, Provinz Aleppo.

atarebWir haben diese Revolution angefangen und wir machen weiter. Auch wenn uns vieles behindert auf dem Weg zur Freiheit, das Assad-Regime und al-Qaida, machen wir mit unseren Kampagnen weiter, denn wer genau weiß, was er will, muss nicht zweifeln oder ängstlich sein. Gerade geht es sehr langsam voran, aber ich bin mir sicher, dass wir auf dem Weg zur Freiheit noch in größeren Schritten voran kommen werden. Mohamad Alshafie, 26, Atareb, Provinz Aleppo.

Für mich ist der 15. März ein Tag des Stolzes der Menschen in Syrien. An diesem Tag haben wir unsere Botschaft ausgesandt: Trotz aller Hindernisse überwinden wir die Tyrannei und schreiben die Geschichte neu. Sicherlich stecken wir gerade in der Krise, aber die Lösung ist, dass wir wieder als syrisches Volk zusammenkommen und die religiösen und ethnischen Zugehörigkeiten hinter uns lassen. Dann können wir unser Land wieder neu aufbauen. In der Welt gibt es einen moralischen Mangel in Bezug auf Syrien. Das liegt ganz einfach daran, dass die Menschen sich über Abgrenzung definieren und Staaten eher ausschließen als offen zu sein für andere. Deswegen müsste es eigentlich viel mehr Revolutionen geben, nicht nur aus Hunger, wegen Ausbeutung oder fehlender Freiheiten, sondern auch deshalb, um zu einer menschlichen Gesellschaftsform zu gelangen. Amjad, 28, Madaya, Provinz Damaskus.

Mehr Stimmen aus Syrien…

Seit Ende 2011 unterstützt Adopt a Revolution die Arbeit der jungen syrischen Zivilgesellschaft. Mit ihren Projekten streiten die AktivistInnen für eine Linderung der humanitären Not und für eine bessere Gesellschaft – mit Freiheit, Demokratie und Menschenrechten. Helfen Sie mit!

Stärken Sie die syrische Zivilgesellschaft!