Syrer*innen fordern von AfD-Delegation: „Besuchen Sie die Folterknäste!“

Eine Delegation der AfD befindet sich derzeit in Syrien. Geplant sind unter anderem Gespräche mit Vertretern des Assad-Regimes in Damaskus sowie Besuche verschiedener Sehenswürdigkeiten. In Deutschland lebende Syrer*innen empfinden das als Schlag ins Gesicht und fordern die Delegation auf, auch die Foltergefängnisse des Assad-Regimes zu besuchen.

Berlin, 21. November 2019. „Lassen Sie auf Ihrer Sightseeing-Tour in Damaskus nicht die unterirdischen Folterknäste aus“, fordert die Syrerin Mariam al Hallak. „Menschen werden auch heute noch jeden Tag vom Regime entführt und zu Tode gefoltert. Schauen Sie sich an, was mein Sohn als letztes gesehen hat, bevor er nach langer Qual getötet wurde. Ich habe das Foto seiner verstümmelten Leiche in den Caesar-Files gefunden. Fragen Sie nach, wer dafür verantwortlich ist, wer meinen Sohn zu Tode gefoltert hat.“ Al Hallak ist Mitgründerin der Caesar Families Association, die sich für die Rechte von Gefangenen in Syrien und ihren Hinterbliebenen einsetzt.

Der syrische Menschenrechtsanwalt Anwar Al-Bunni ruft die AfD-Delegation auf: „Verlangen Sie ungehinderten Zugang zum Sednaya-Gefängnis und lassen Sie sich durch alle Zellen führen! Solange Sie keinen ungehinderten Zutritt zu den Haftanstalten erhalten, haben Sie keine Ahnung, was in Syrien wirklich passiert!“

„Fragen Sie die Vertreter des Regimes nach meinem Vater. Er wurde 2013 vom Regime verhaftet und ist nie wieder aufgetaucht“, fordert Wafa Mustafa von der AfD-Delegation. Seien Sie mutig und fragen Sie, was mit ihm und den Hundertausend anderen Veschwundenen geschehen ist, die das Regime verschleppt hat.“

Christin Lüttich, Geschäftsführerin von Adopt a Revolution, kritisiert die Scheinheiligkeit der AfD: „Das Lagebild der AfD für Syrien stand schon vor der Reise fest. Es entspricht der Propaganda des Assad-Regimes und dessen russischer Verbündeten. Das einzige Ziel der Partei ist, das Assad-Regime zu rehabilitieren und Abschiebungen nach Syrien zu forcieren.“

Für al Hallak ist eine Rückkehr nach Syrien unter dem Assad-Regime nicht vorstellbar: „Ich bin eine alte Frau und würde gern zurück in mein Heimatland, um im Kreis meiner Familie zu sterben. Aber ich frage Sie: Können Sie mir garantieren, dass ich gefahrlos nach Syrien zurückkehren kann ohne direkt verhaftet zu werden, nur weil ich öffentlich fordere, dass die Mörder meines Sohnes zur Rechenschaft gezogen werden?“

Die anhaltenden Verbrechen des Assad-Regimes sind umfassend dokumentiert. Unter anderem hat die Generalbundesanwaltschaft zwei Funktionäre des Assad-Regimes wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt. Beginn der Prozesse ist voraussichtlich Anfang 2020.