Trumps Krieg gegen den »IS«: Keine Rücksicht mehr auf Zivilisten?

Im Wahlkampf versprach US-Präsident Donald Trump der Terrormiliz „Islamischer Staat“ „die Scheiße aus dem Leib zu bomben“. Zwei Monate nach seinem Amtsantritt deutet vieles darauf hin, dass der neue Oberbefehlshaber des US-Militärs den Antiterrorkrieg in Syrien eskalieren lassen könnte: Die Zahl der zivilen Toten steigt.

In einem am 28. Januar unterzeichneten Präsidentenerlass fordert Präsident Trump das Pentagon auf, einen neuen Plan zur Niederschlagung der Terrormiliz ISIS auszuarbeiten. Dieser soll, so der Erlass, auch Vorschläge zur Änderung etwaiger bestehender Verpflichtungserklärungen und sonstiger Restriktionen enthalten, die über Internationales Recht hinausgehen.

Im Extremfall heißt das, dass die von Barack Obama auf den Weg gebrachten Maßnahmen zum Schutz von Zivilisten, die über die notwendigen Mindestanforderungen des Völkerrechts hinausgehen, abgeschafft werden. Trump äußerte schon im Wahlkampf, dass der Antiterrorkrieg der USA „sehr politisch korrekt“ geführt würde. Ein Bericht der New York Times legt nahe, dass die US-Regierung tatsächlich an der Aufweichung entsprechender Vorsichtsmaßnahmen arbeitet.

Berichte über getötete Zivilisten häufen sich

Währenddessen häufen sich Meldungen über zivile Tote durch US-Luftschläge im Irak und in Syrien. Am Abend des 16. März traf ein Luftangriff der US-Armee eine Moschee in al-Jinah, westlich von Aleppo. Mindestens 42 Menschen starben. Am Montag dieser Woche berichteten die Aktivisten der Gruppe Raqqa is being slaughtered silently von 20 Toten nach dem Bombardement einer Bäckerei. Am Mittwoch könnten mehr als 33 Menschen bei einem Luftangriff auf ein Schulgebäude in Mansoura nahe Raqqa gestorben sein.

Das sind nur einige der verheerendsten Zwischenfälle in Syrien – auch aus dem irakischen Mossul häufen sich die Berichte über katastrophale Bombardements mit zahlreichen zivilen Toten.

Weißhelme bergen Opfer in al-Jinah

Neben den Bemühungen der Trump-Regierung, die sogenannten rules of engagement aufzuweichen, gibt es weitere Indizien dafür, dass das US-Militär in Syrien schon heute weitaus aggressiver agiert, als noch unter Obama. 574 Luftangriffe flog die US-geführte Internationale Koalition im Februar 2017 in Syrien – so viele wie noch nie seit Beginn der Kampfeinsätze im August 2014.

Das Monitorprojekt Airwars geht davon aus, dass es im Irak und in Syrien allein in den ersten zweieinhalb Monaten diesen Jahres zu 245 Luftangriffen der Koalition mit zivilen Toten kam. Im gesamten Vorjahr kam es zu 454 entsprechenden Vorfällen – geht es so weiter ständen am Ende des Jahres 2017 fast doppelt so viele Zwischenfälle wie 2016.

So lässt sich der Krieg nicht gewinnen

Die Daten von Airwars ergeben außerdem, dass allein im März 2017 263 Zivilisten in den beiden Ländern getötet wurden – so viele wie noch nie in einem einzigen Monat. In diesem Jahr starben bereits über 600 Zivilisten durch Luftangriffe der Koalition. Im gesamten Jahr 2016 waren es rund 923 Getötete.

Zumindest im Monat Januar trägt noch Obama Mitverantwortung für diese Zahlen. Bereits unter seiner Regierung kam es zu immer mehr Angriffen mit immer mehr Opfern – eine Entwicklung, die insbesondere mit dem Beginn der Schlacht um Mossul einen neuen Höhepunkt erreichte. Im Juli 2016 tötete ein amerikanischer Luftangriff im syrischen al-Tokhar bis zu 73 ZivilistInnen, darunter viele Frauen und Kinder. Es war der bislang verheerendste Luftangriff der Koalition in Syrien.

Wenn sich die beschriebenen Entwicklungen fortsetzen stehen der syrischen Zivilbevölkerung viele weitere solcher Tragödien bevor. Dass man ISIS auch seine letzten Gebiete abtrotzt ist nur noch eine Frage der Zeit – doch der Dschihadismus ist damit nicht besiegt. Die hohe Zahl der zivilen Opfer dürfte die Dschihadisten geradezu freuen: Je mehr Unschuldige sterben, desto besser für ihre Propaganda.