Syrien ist ein Folterstaat, in dem jedem Gefahr droht, der auch nur in Verdacht geraten kann, das Assad-Regime abzulehnen.

Wer alles nach Syrien abschieben will

In zwei Wochen entscheiden die Landesinnenminister*innen über Abschiebungen nach Syrien. Einige drängen schon lange auf Abschiebungen. Wir helfen ihnen mit einem Info-Video auf die Sprünge.

Syrien ist ein Folterstaat, in dem jedem Gefahr droht, der auch nur in Verdacht geraten kann, das Assad-Regime abzulehnen.

Mit einem kurzen Video verdeutlichen wir aktuell die Menschenrechtslage in Syrien für alle, die bislang weggesehen haben – unter anderem für jene Innenminister, die bereits darauf gedrängt haben, den Abschiebungsstopp für Syrien zu beenden oder wenigstens für bestimmte Gruppen zu lockern.


Joachim Herrmann aus Bayern (CSU) ist einer der üblichen Verdächtigen, die den Abschiebungsstopp beenden oder mindestens lockern wollen. Sein Tenor: Der Bevölkerung sei nicht zu vermitteln, dass man Straftäter, sogenannte “Gefährder” oder “Heimaturlauber” nicht nach Syrien zurückschicken könne. “Mein Ziel ist, dass wir, sobald es vertretbar ist, mindestens Straftäter und Gefährder nach Syrien abschieben”, sagte der Minister vor einem Jahr der Augsburger Allgemeinen.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte zur BamS: „Wenn schwerstkriminelle Syrer nicht in ihr Heimatland zurückgeschickt werden können, weil es dort gefährlich ist, sie aber gleichzeitig unsere Bevölkerung in Deutschland gefährden, dann will ich das nicht akzeptieren.“ Das ist Populismus, denn auch “schwerstkriminelle Syrer” haben Menschenrechte. Das ist unbequem, macht aber den Kern der Menschenrechte aus.

Auch Sachsens Innenminister Wöllner (CDU) forderte Abschiebungen insbesondere von Gefährdern, ebenso Thomas Strobl (CDU), Innenminister der grün-schwarzen Koalition Baden-Württembergs: “Es gibt Länder, in die ich keine Rückführungen machen darf, Stichwort Syrien”, beklagte er sich in der Süddeutschen Zeitung. Er halte das “persönlich für falsch.”

Kooperation mit Kriegsverbrechern – ein rein “technisches Problem”?

Dass in Syrien mit der Assad-Diktatur ein Folterregime an der Macht ist, mit dem die Bundesregierung aufgrund von Verbrechen gegen die Menschlichkeit seit 2012 keine offiziellen Kontakte mehr unterhält, sehen viele der abschiebewilligen Innenminister als rein technisches Problem.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) gab sich im Gespräch mit WELT optimistisch: „Wenn man einen Weg finden will, findet man auch einen.“ Dass man keine Ansprechpartner in Syrien habe, um Abschiebungen abzuwickeln, ist für Reul offenbar nur eine Ausrede, um sich erst gar nicht ernsthaft mit Abschiebungen zu befassen.

Von Armin Schuster (CDU), Obmann der Unionsfraktion im Innenausschuss des Bundestags, bekommen die Innenminister Unterstützung für ihre gewünschte Auflockerung des kompletten Abschiebeverbotes. „Das einzige echte Problem, was ich wirklich sehe, ist ein diplomatisches und logistisches. Wo fliegt man sie hin, wem übergibt man sie?“ Das müsse Außenminister Heiko Maas (SPD) bald klären, sagte Schuster der WELT.

Syrische Behörden auf der EU-Sanktionsliste

Rückführungskooperationen mit dem Assad-Regime sind allerdings nicht nur ethisch, sondern unter Umständen auch rechtlich nicht möglich. Das syrische Innenministerium und der amtierende Innenminister, die die Ansprechpartner der deutschen Behörden auf syrischer Seite wären, stehen auf der Sanktionsliste der EU, da sie unmittelbar an den Repressionen gegen die Zivilbevölkerung beteiligt sind (vgl. Beschluss 2013/255/GASP des Rates vom 31. Mai 2013 über restriktive Maßnahmen gegen Syrien,  S. 68, 78).

Rehabilitierung von Massenmördern

Dass einige Innenminister es befürworten, zur Rückführung einiger weniger syrischer Straftäter Kooperationen mit einem Regime anzustrengen, das tagtäglich Verbrechen gegen die Menschlichkeit begeht, weist auf ein erschreckend beschränktes Verständnis von Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit hin.

Es droht, dass deutsche Innenminister zur Rehabilitierung eines der brutalsten Terrorregime weltweit beitragen, nur um ein paar Straftäter loszuwerden und von ihnen selbst geschürten Volkszorn zu befriedigen. Würden die Innenminister ihre Wähler*innen ernst nehmen, würden sie sehr wohl vermitteln können, warum nicht nach Syrien abgeschoben werden kann.

Am Koblenzer Oberlandesgericht wird dies derzeit sehr anschaulich demonstriert. Dort stehen erstmals zwei ehemalige Geheimdienstmitarbeiter des Assad-Regimes wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor Gericht, konkret geht es um Folter in über 4000 Fällen, um 58 Morde, Vergewaltigung und sexuelle Nötigung. Und das alles ist nur ein kleiner Einblick in das, was in Syriens Gefängnissen weiterhin tagtäglich stattfindet.