Appell aus Idlib: „Schutz der Menschen muss die höchste Priorität haben!“

Angesichts des heutigen Treffens der EU-Außenminister in Zagreb sowie des Treffens zwischen dem türkischen Präsidenten Erdogan und dem russischen Präsidenten Putin fordern Syrer*innen in Videostatements aus Idlib: Schützt Zivilist*innen vor Angriffen, um Fluchtursachen zu bekämpfen!

Die Fluchtbewegung in die EU beginnt nicht an der Grenze nach Griechenland, sondern mit dem Bombardement in Idlib.“ Darauf weisen syrische Aktivist*innen aus der umkämpften Region Idlib in Videostatements hin und appellieren an Bundeskanzlerin Merkel und die EU: „Stoppen Sie das Bombardement in Idlib, sorgen Sie für sichere Fluchtwege und setzen Sie eine UN-Schutzzone für Syrien durch!“

Mit ihrem Appell weisen zivile Aktivist*innen in der umkämpften Region Idlib auf das Dauerbombardement – auch auf zivile Ziele wie Schulen und Krankenhäuser – des Assad-Regimes und Russlands als auch auf die katastrophale humanitäre Lage hin: Allein seit Dezember 2019 sind eine Million Menschen in Idlib neu auf der Flucht, Hilfsorganisationen sind völlig überlastet – der Druck auf die abgeriegelte türkisch-syrische Grenze steigt.

Mit der Öffnung der Grenze zur EU hat der türkische Präsident Erdogan diesen Druck nun an die EU weitergegeben. Die Reaktionen der europäischen Regierungen beschränken sich bisher auf die Rechtfertigung der exzessiven Gewalt an ihren Außengrenzen, anstatt wirksam Fluchtursachen zu bekämpfen. Auf die türkische Regierung ist dabei kein Verlass: Mit ihrer Intervention gegen die kurdische Selbstverwaltung in Nordost-Syrien hat diese selbst Hunderttausende zur Flucht gezwungen und ihre Glaubwürdigkeit verspielt. „Die EU-Staaten müssen sich für ein UN-Mandat zur Einrichtung einer Schutzzone in Idlib einsetzen“, so Svenja Borgschulte, politische Referentin bei Adopt a Revolution. „Auf diesem Wege können europäische Staaten endlich wieder Einfluss in der Region gewinnen, um sowohl dschihadistische Milizen zu entwaffnen als auch die fatale Offensive des Assad-Regimes zu beenden.“

Wir hoffen, dass der Schutz von uns Zivilist*innen zu Ihren Prioritäten zählt“, mahnt die Journalistin Salwa Abdulrahman aus Idlib-Stadt die EU-Außenminister. „Wir leben hier in ständiger Angst. Angst vor den Bomben, Angst vor dem Assad-Regime oder dass wir beim Versuch in die Türkei zu fliehen von der türkischen Gendarmerie erschossen werden“, berichtet der Aktivist Mohammed Shakerdy aus Atareb. Beide fordern von den EU-Außenministern, heute die Grundlagen zu legen für eine europäische Außenpolitik, die bereit ist, Verantwortung zu übernehmen, um Fluchtbewegungen an ihrer Wurzel zu bekämpfen.

Auch im Hinblick auf das Treffen zwischen Erdogan und Putin in Moskau ist die Botschaft der Aktivist*innen aus Idlib klar: „Wir fordern maximalen Druck auf Putin. Er muss aufhören das syrische Regime zu unterstützen und uns weiter in die Flucht zu zwingen!“, so Shakerdy im Video aus der Region Idlib. Es reiche nicht, wenn sich die beiden Präsidenten einigen, sie müssten eine internationale Überprüfung ihrer bereits erzielten Abkommen zustimmen, um den bewaffneten Konflikt in Nordost-Syrien endlich zu beenden.