Seit Tagen geht es beim Thema Syrien nur noch um die Militärintervention der Vereinigten Staaten und ihrer möglichen Verbündeten. Der Disput zwischen US-Präsident Obama und Russlands Staatsoberhaupt Putin, die Abstimmung im US-Kongress über den Kurs der dortigen Regierung, die Verantwortlichen für den jüngsten Giftgas-Einsatz – Themen wie diese beherrschen die nationalen und internationalen Medien. Inmitten der Kriegsrhetorik und diplomatischen Streitigkeiten gehen Sätze, wie sie kürzlich von Angela Merkel gesagt wurden, ein wenig unter. Abgesehen von ihrer Forderung nach einer eindeutigen Antwort der internationalen Staatengemeinschaft auf den Gebrauch von Chemiewaffen betonte die Bundeskanzlerin, dass es am Ende nur eine politische Lösung geben könne. Eine politische Lösung – die einzige Möglichkeit für ein stabiles Syrien der Zukunft und doch ein so weit entferntes Ziel. Denn zwischen beiden Kriegsparteien stehen neben ideologischen Differenzen auch weit über 100.000 Tote, unzählige Verletzte und auf brutale Arten und Weisen gefolterte Menschen. Zudem scheint sich die Oppositionsbewegung immer weiter zu zersplittern. Wenn Syrien jedoch die Schrecken des Krieges überwinden und eines Tages wieder ein funktionierender Staat werden soll, dann müssen sich alle Seiten irgendwann an einen Tisch setzen. Die bereits im Mai von den USA und Russland angekündigten Bemühungen um eine internationale Syrien-Konferenz, an der auch Regierungs- und Oppositionsvertreter des krisengeschüttelten Landes teilnehmen sollen, sind deshalb trotz aller Schwierigkeiten hinsichtlich der Realisierung dieses Vorhabens richtig. Aus diesem Grund bleibt nur zu hoffen, dass UN-Generalsekretär Ban Ki-moon seinen auf dem G20-Gipfel in Sankt Petersburg geäußerten Worten, er wolle die Einberufung der Konferenz beschleunigen, bald Taten folgen lässt. Das Mindestziel muss jedoch sein, das Thema nicht vollends aus der öffentlichen Debatte verschwinden zu lassen.
Ähnlich verhält es sich mit der syrischen Flüchtlingskrise, die mittlerweile als größte seit dem Bürgerkrieg von Ruanda gilt. Ein Viertel aller Syrer_innen sind bisher vor dem Krieg geflohen. Vier Millionen Menschen davon suchten in anderen Teilen des Landes Schutz, während die Vereinten Nationen weitere zwei Millionen in den Nachbarländern Jordanien, Libanon, Irak, Türkei sowie in Nordafrika registriert haben. Aufgrund dieser alarmierenden Zahlen ist es wichtig, dass die internationale Gemeinschaft weiterhin finanzielle Unterstützung leistet. Gerade in den kommenden Herbst- und Wintermonaten werden unter anderem Notunterkünfte, Nahrungsmittel und Kleidung benötigt. Bisher sind allerdings nur rund 43 Prozent der von den UN veranschlagten Hilfsleistungen von den Geberländern gezahlt wurden. Ebenfalls Nachholbedarf gibt es beim Thema Asyl. Der jüngste Vorstoß Schwedens, allen syrischen Flüchtlingen eine permanente Aufenthaltserlaubnis zu gewähren, hat in Europa für Aufsehen gesorgt. Allerdings sind die meisten anderen Staaten meilenweit von einem solchen Schritt entfernt. Die Bundesrepublik Deutschland hatte sich beispielsweise im vergangenen März gerade einmal dazu durchgerungen, maximal 5.000 Syrer_innen eine befristete Aufenthaltsgenehmigung für zwei Jahre zu erteilen. Derweil hat es die Europäische Union noch nicht geschafft, eine gemeinsame Asylpolitik für das Bürgerkriegsland zu formulieren. Die Mitgliedsstaaten entscheiden in dieser Problematik selbst. Auch hierbei handelt es sich also um ein Thema, dass für die Syrer_innen von größter Wichtigkeit ist. Die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft zur Lösung der Flüchtlingskrise dürfen keinesfalls abreißen, sondern müssen eher noch verstärkt werden.
Für eine wöchentliche Zusammenfassung unserer Beiträge im Syrischer Frühling-Blog schicken Sie uns doch einfach eine E-Mail an: newsletter[ätt]adoptrevolution.org.
Dieser Beitrag ist lizensiert als Creative Commons zur freien Verwendung bei Namensnennung. Bei kommerzieller Weiterverwendung bitten wir um eine Spende an Adopt a Revolution.