PM: Abstimmung in Syrien ist Wahl-Farce

Die “Wahlen” in Syrien sind eine Farce. Wenn sich Assad in diesen Tagen zum “Präsidenten” “wählen” lassen möchte, sollten Medienvertreter*innen ihm diese demokratische Legitimation nicht zusprechen. Unsere Pressemitteilung mit sieben syrischen und deutsch-syrischen Vereinigungen.

Gemeinsame Presseerklärung syrischer und deutsch-syrischer Organisationen

Berlin, 25. Mai 2021. – Morgen endet die Stimmabgabe zu den sogenannten „syrischen Präsidentschaftswahlen“, mit denen sich Diktator Bashar al Assad einen demokratischen Anstrich als „syrischer Präsident“ verleihen will. Zahlreiche syrische und deutsch-syrische Organisationen weisen darauf hin, dass die Wahlen illegitim sind und vom Assad-Regime in jeder Hinsicht manipuliert werden. Der Sieger der Wahl-Farce steht deshalb bereits fest.

Auch nach der inszenierten Abstimmung wird deshalb gelten: Bashar al Assad und die regierende Baath-Partei verdanken ihre Macht nicht dem Willen der syrischen Wähler*innen, sondern der Unterdrückung der Bevölkerung durch Milizen und Geheimdienste. Assad ist kein legitimer Präsident, sondern ein Diktator, der seine Herrschaft im Jahr 2000 von seinem Vater Hafez al Assad erbte und diese nur mit brutalster Unterdrückung und ausländischer Hilfe sichern kann. Darum sollte Diktator Assad in den Medien demokratischer Staaten weder als „syrischer Präsident“ bezeichnet werden noch sein Regime als „syrische Regierung“.

Diese Präsidentschaftswahlen haben nichts mit einer Wahl zu tun, vielmehr lässt sich das Assad-Regime hier von seinen Unterdrückten die Füße küssen”, sagt Christin Lüttich, Geschäftsführerin der deutsch-syrischen Menschenrechtsorganisation Adopt a Revolution. “Assads und Putins Plan, dem Regime durch die Wahl-Farce international Legitimität zu verschaffen, darf keinesfalls aufgehen”.

Informationen zu den „Präsidentschaftswahlen“

Keine freien Wahlen: Syrien unter Bashar al Assad ist ein Überwachungs- und Folterstaat. Wer oppositioneller Aktivitäten verdächtigt wird, dem drohen Verhöre, willkürliche Inhaftierung, Folter, Verschwindenlassen und Tötung. Zehntausende Menschen sind in Syrien aus politischen Gründen inhaftiert. Das Syrische Netzwerk für Menschenrechte (SNHR) geht von aktuell rund 130.000 Gefangenen aus und rund 86.000 Menschen, die das Assad-Regime in seinen Gefängnissen verschwinden hat lassen. Mindestens 14.000 Menschen wurden zu Tode gefoltert. Schon angesichts dieser Bedingungen kann von „freien Wahlen“ nicht die Rede sein.

Ausschluss großer Teile der Bevölkerung: Mindestens 8 Millionen Syrer*innen leben im Ausland, rund 6 Millionen davon flohen vor dem seit 2011 andauernden Konflikt. Zwar können syrische Staatsbürger*innen, die außerhalb des Landes leben, theoretisch in einigen syrischen Botschaften wählen – aber nur, wenn sie in ihrem Pass einen Ausreisestempel vorweisen können. Damit schließt das Regime den allergrößten Teil der Geflüchteten von den Wahlen aus. Denn wer auf der Flucht ist, reist in der Regel undokumentiert aus. Keine Chance auf Wahlteilnahme haben auch mehrere Millionen Menschen, die im oppositionell kontrollierten Norden Syriens leben oder die vom Assad-Regime dorthin vertrieben wurden.

Wahlen nach UN-Resolution illegitim: Die UN-Resolution 2254 von 2015 verlangt, dass Wahlen in Syrien eine Verfassungsreform vorausgehen muss. Der von der UN moderierte Prozess hin zu einer Verfassungsreform wird aktuell vom Assad-Regime blockiert. Zudem verlangt die Resolution, dass die Wahlen unter der Aufsicht der Vereinten Nationen stattfinden, sie gemäß den höchsten internationalen Standards für Transparenz und Rechenschaft durchgeführt werden und dass sich alle Syrer*innen, einschließlich der Diaspora, an ihnen beteiligen dürfen. All das ist nicht gegeben.

Auswahl der Kandidat*innen durch das Regime: Erst seit 2014 lässt das insgesamt seit über 50 Jahren herrschende Assad-Regime überhaupt Gegenkandidat*innen zu Präsidentschaftswahlen zu. Kandidat*innen müssen zahlreiche Bedingungen erfüllen, die vom Obersten Gericht überprüft werden. Dessen Richter werden von Diktator Assad berufen und entscheiden nach politischem Gutdünken. Dieses Jahr wurden von 51 Bewerber*innen nur zwei Gegenkandidaten zugelassen: Abdullah Sallum Abdullah, dessen Partei einem Bündnis angehört, das Assads Baath-Partei untersteht, sowie Mahmoud Ahmad Marai, der der „tolerierten Opposition“ angehört. Beide Gegenkandidaten dienen als Staffage.

Wahlmanipulation: Wie statistische Analysen zeigen, waren die Wahlergebnisse der letzten „Präsidentschaftswahl“ von 2014 auf jeden Fall fabriziert. Auch dies dürfte sich 2021 wiederholen. Offen ist nur, welche Zustimmungswerte das Regime dem Diktator diesmal zuspricht.

Eine deutschsprachige Zusammenstellung von Hintergründen zu den Wahlen in Syrien finden Sie hier. Siehe auch: Syrian Association for Citizens Dignity: 10 reasons why elections in Syria are impossible without a political solution

Dieses Statement wird unterstützt von:

Für Rückfragen und O-Töne, sowie weitere Hintergründe zu den Wahlen in Syrien wenden Sie sich bitte an unseren Pressekontakt.