Mohammed Makhlouf flext mit seinem Reichtum – den er Vater Rami Makhloufs Ausplünderung Syriens verdankt.

Sanktionen den Palästen!

Syrien, 2021: Das ganze Land leidet unter Krieg, Flucht, Elend und Sanktionen. Das ganze Land? Nein, eine kleine Gruppe von Warlords, skrupellosen Geschäftsleuten und mafiösen Geheimdienstlern lebt in Saus und Braus. Wir stellen hier einige von ihnen vor.

Mohammed Makhlouf flext mit seinem Reichtum – den er Vater Rami Makhloufs Ausplünderung Syriens verdankt.

Das Assad-Regime ist nicht einfach eine korrupte Regierung, die nicht zu wirtschaften weiß, sondern eine von mafiösen Strukturen durchzogene Kleptokratie, deren Politik sich einzig um Herrschaftssicherung und Bereicherung dreht. Die Netzwerke aus Geschäftsleuten, Warlords und Geheimdienstlern rund um den Kern des Regimes sind relativ umfangreich, von etlichen Konflikten geprägt und unterliegen damit auch ständigem Wandel. 

Dieser Beitrag stammt aus unserer Zeitung Nr. XI – jetzt lesen!

Wir stellen Ihnen nur einige der Figuren aus diesen Netzwerken dar. Wie lange sich diese Liste fortsetzen ließe, demonstriert die „Blacklist“ der syrischen Iniiative Pro Justice, die sowohl die Kriegsverbrecher als die mafiösen Geschäftsleute listet, die die Verbrechen finanzieren. Eine Datenbank der von den USA und der EU sanktionierten Personen findet sich bei Karam Shaar.

Rami „Der Dieb“ Makhlouf

Rami Makhlouf ist für Syrer*innen das Symbol für Korruption schlechthin. Der Cousin Assads konnte sich dank der Unterstützung der Diktatur ein gewaltiges Imperium aufbauen, das sich über etliche Branchen erstreckt – von der Telekommunikation über Fluggesellschaften bis hin zum Drogenschmuggel. Das Regime schaltete für Rami Makhlouf Konkurrenten aus, er lieferte dafür Devisen. Aber Rami Makhlouf ist mittlerweile fast schon Geschichte: 2020 fiel er in Ungnade, seine mächtige Konkurrentin Asma Assad riss sich Teile seiner Geschäfte unter den Nagel und Bashar will Geld von ihm, um Kriegsschulden bei Putin bezahlen zu können. (Siehe dazu hier, hier und hier)

Rami Makhlouf in besseren Zeiten

Ali und Mohammed Makhlouf 

Protzen ist sein Geschäftsmodell: Mohammed Makhlouf

Die Instagram-Accounts der Söhne von Rami Makhlouf präsentieren das Ausmaß der Ausplünderung Syriens: Auf Dubai wurde Ali Makhlouf jüngst in einem Ferrari Spider gesichtet, der rund 300.000 Dollar kostet. Auf die Frage, was er beruflich mache, antwortete Ali, er mache ein Praktikum. Sein Bruder Mohammed posiert auf Instragram mit seinen Sportwagen, seiner Villa in Dubai, luxuriösen Booten und trainiertem Oberkörper und bezahlt diverse Online-Medien dafür, dass sie ihn als Wohltäter preisen. 

First Lady Asma Assad

Als Bashar Assad 2011 auf Demonstrierende schießen ließ, hegten manche westlichen Fans der in England geborenen Asma die Idee, die First Lady Syriens könnte mäßigend auf ihren Mann einwirken. Tatsächlich zeigten Leaks später, dass sie lieber 250.000 britische Pfund für neue Möbel ausgab und ihren Stylisten zum Shoppen nach Dubai schickte, um Sanktionen zu umgehen. Für ihre Bestellungen beim britischen Luxus-Modehändler Harrods nutzte sie einfach Pseudonyme.

Aber Asma Assad ist kein harmloses Modeopfer, sondern tüchtige Geschäftsfrau. Ihr „Charity“-Unternehmen „Syria Trust“ wurde zum zentralen Kanal für viele Millionen UN-Hilfsgelder, die das Regime stets ungeniert für seine Zwecke nutzte und die auch Asma halfen, ihren Einfluss auszubauen. Mittlerweile kontrolliert sie ein großes Telekommunikationsunternehmen und andere Firmen, die von großen Staatsaufträgen profitieren. Statt mit teuren Pumps präsentiert sie sich heute allerdings volksnah in Jeans und Sneakers und gibt die Mutter der Nation.

First Lady Asma Assad

Samer Foz, der Baumeister

Aufgestiegen in den Olymp der Kleptokratie: Samer Foz

Samer Foz gehört zu jenen, die erst mit dem Syrien-Krieg so richtig aufgestiegen sind. Der Geschäftsmann ist international in etlichen Sektoren aktiv. Bekannt ist vor allem sein Engagement im Immobilienbereich. In einem Joint-Venture mit dem Assad-Regime baut er unter dem Namen „Marota City“ auf dem Schutt einer zerbombten Oppositionshochburg schicke Immobilienkomplexe für Regime-Günstlinge sowie iranische und russische Investoren. Als Dank für das günstige Bauland finanziert Samer Foz regimeloyale Paramilitärs und hilft dem Regime, die Sanktionen zu umgehen. Seit 2019 steht allerdings auch er auf den Sanktionslisten von USA und EU. Samer Fox findet das naturgemäß ungerecht, schließlich baut er doch das Land wieder auf

Ayman, Mohammed und Ibrahim Jaber 

Die Gebrüder Jaber wurden in den neunziger Jahren unter anderem mit Öl-Schmuggel aus dem Irak reich und kauften mit dem Geld vom Assad-Regime privatisierte Unternehmen. Als Dank für die guten Geschäfte finanzierten sie regimeloyale Schlägertrupps („Shabiba“) und gründeten eine regimeloyale Privatarmee namens „Desert Hawks“, die zahlreiche Kriegsverbrechen beging, für Plünderungen berüchtigt war und sich Gefechte mit anderen regimeloyale Milizen lieferte. Nachdem Ibrahim Jabers Leute 2017 mit vorgehaltenen Waffen einen Konvoy aufhielten, in dem dummerweise niemand anderes als Präsident Assad saß, wurde es dem Regime zu bunt, die Jabers fielen in Ungnade und die Desert Hawks wurden aufgelöst. (Siehe etwa hier,hier oder etwa hier)

Ayman Jaber, einst mächtiger Warlord der Desert Hawks

Maher Assad

Kleiner Bruder für’s Grobe: Maher Assad

Bashars jüngerer Bruder Maher ist vor allem ein Mann fürs Grobe. Er führt die elitäre Vierte Division des syrischen Militärs an, die etliche Massaker an unbewaffneten Zivilist*innen und andere Kriegsverbrechen begangen hat und die zum besonders loyalen Kern des Regime-Militärs zählt. In Kooperation mit der Makhlouf-Familie ist er in unterschiedliche Geschäfte eingebunden, unter anderem soll er von Geldwäsche-Aktionen profitiert haben. Auch wenn sich Maher als Militär gern bescheiden inszeniert, besitzt er Berichten zufolge einen Bugatti im Wert von rund 2 Millionen Dollar und führt mit der Vierten Division nicht nur eine Armee-Einheit, sondern ein sehr spezielles Unternehmen.

Khoder Ali Taher 

Das Sicherheitsbüro der von Maher Assads geführten Vierten Division ist eine Art kriegswirtschaftliche Business-Zentrale: Es organisiert den Schmuggel archäologischer Schätze, die systematische Plünderung zurückeroberter Oppositionsgegenden sowie Einnahmen aus dem Wegelagerer-Business. Denn wer in Syrien Güter über die diversen Frontlinien transportieren will, muss zum einen in paramilitärische Konvoy-Begleitung investieren und zum anderen an diversen Checkpoints Wegegelder zahlen. Ein Profiteur dieser Art von Geschäften ist Khoder Ali Taher, Günstling von Maher Assad. 2019 legte sich der syrische Innenminister mit ihm an – selbst ein einflussreicher Geheimdienst-Mafiosi. Er verbat der ihm unterstellten Polizei, mit Khoder Ali Taher Geschäfte zu machen. Nur musste er diesen Befehl in kürzester Zeit wieder kassieren. Denn so mancher Geschäftsmann hat in Syrien mehr zu sagen als der Innenminister. (Siehe etwa auch hier, hierhier)

Aufgestiegen dank Kriegswirtschaft: Khoder Ali Taher

Der „Tiger“ Suhail Al-Hassan

Suhail al-Hassan, Kriegsverbrecher höchsten Ranges

Im Gegensatz zu Warlords wie Ayman und Mohammed Jaber und ihren Desert Hawks inszeniert sich Suhail al-Hassan von den „Tiger Forces“ gern als unkorrumpierbarer Saubermann, der nichts im Sinne hat als die Vernichtung der „Feinde Syriens“. Der von Putin persönlich ausgezeichnete Kriegsverbrecher personifiziert die Strategie des Regimes, oppositionelle Gebiete in Schutt und Asche zu Bomben und die Überlebenden nach Norden zu vertreiben. Zur Motivation seiner Truppen rezitiert er gern selbstgeschriebene blutrünstige Poesie. Freilich ist auch er Teil der Kriegsökonomie und in Schmuggelgeschäfte involviert – ähnlich wie Maher Assad. 

Während aber Maher Assad eng mit dem Iran verbunden ist, gilt Al-Hassan als enger Partner Putins. Die Konkurrenten im syrischen Warlordbusiness haben stets auch eine Proxy-Funktion im Ringen der Regionalmächte um das größte Stück vom Kuchen. Denn Russland und der Iran hoffen, dass sich die Kosten für ihre Unterstützung Assads irgendwann amortisieren. Nur: Assads kleptokratische Entourage gibt ungern etwas ab. Und ansonsten ist kaum noch etwas zu holen.

Dass Krieg und Geschäft in Syrien kaum zu unterscheiden sind, gilt auch für die bewaffnete Opposition. Die Leittragenden der Kriegswirtschaft sind Zivilist*innen ohne Verbindung zu den jeweiligen bewaffneten Gruppen und deren mafiösen Auswüchsen.

Was das für die Zivilbevölkerung konkret bedeutet, können Sie in unserer Adopt-a-Revolution-Zeitung Nr. XI 2021/22 nachlesen, in der fünf syrische Familien aus unterschiedlichen Landesteilen ihre Geschichte erzählen – und in der auch dieser Beitrag zu den sanktionierten Kriegsgewinnlern erschienen ist. Schauen Sie rein!

Unsere Zeitung erscheint jährlich als Beilage in der taz und anderen Zeitungen.

Adopt a Revolution unterstützt in Nordsyrien zivilgesellschaftliche Projekte, die mit Bildungsangeboten, Beratung und Hilfe zur Selbstorganisation Alternativen zur gewaltbasierten Kriegswirtschaft aufzeigen. Können Sie mit einer Spende zu dieser Arbeit beitragen? Vielen Dank!