Eine Woche nach den verheerenden Erdbeben hat Adopt a Revolution bereits 100.000 Euro Nothilfe nach Nordsyrien transferiert, mindestens weitere 100.000 Euro sollen diese Woche folgen. „Unsere langjährigen Partner*innen vor Ort haben bereits am ersten Tag mit der Notversorgung der Überlebenden in Nordwestsyrien losgelegt und konnten diese aufgrund unserer finanziellen Unterstützung ausweiten“, erklärt Svenja Borgschulte, Head of Outreach & PR bei Adopt a Revolution. „Wir haben es hier mit einer Katastrophe nie da gewesenen Ausmaßes zu tun, externe Nothilfe ist mehr als dringend.“
Denn eine Woche nach den verheerenden Erdbeben ist nach wie vor kaum internationale humanitäre Hilfe in den betroffenen Regionen Nordsyriens angekommen. Deshalb organisieren sich die Menschen vor Ort selbst. Adopt a Revolution unterstützt derzeit Partner*innen im Nordwesten Syriens, selbstorganisiert Nothilfe zu leisten.
Unsere Partner*innen leisten folgende Nothilfe:
- Sie sichern die Grundversorgung der Überlebenden, indem sie Trinkwasser, Lebensmittel, Decken, Matratzen, Windeln, Babynahrung und Hygieneartikel verteilen.
- Sie koordinieren medizinische Hilfe für Verwundete und organisieren Schmerzmittel, Medikamente und weiteres medizinisches Verbrauchsmaterial und -geräte.
- Sie organisieren Not-Unterkünfte.
- Sie koordinieren die lokalen als auch internationalen freiwilligen Helfer*innen vor Ort.
- Sie organisieren Solarzellen, um Not-Camps mit Strom zu versorgen.
- Sie richten rudimentäre, sanitäre Anlagen in Not-Camps ein.
- Sie erarbeiten eine digitale Notdienstkarte in Kooperation mit anderen lokalen Gruppen und NGOs, die Menschen anzeigt, wer was wo verteilt und welche Services für Betroffene anbietet.
- Zusammen mit Ingenieuren sollen Häuser begutachtet werden, um zu erfassen, welche wieder in Stand gesetzt werden könnten. Die Arbeitsgruppe ist bereits einsatzbereit, allerdings werden noch weitere, kleinere Erdbeben (Stufe 4) erwartet, sodass noch Gebäude beschädigt werden oder einstürzen können. Daher ist der Start der Arbeit nach dem 20. Februar vorgesehen.
Frauenzentrum Change Makers in Salqin
„Es ist beschämend, dass hier keine internationale Hilfe ankommt. Es sieht nicht so aus, als wolle die UN überhaupt versuchen, uns zu unterstützen. Erst am vierten Tag nach den Beben kamen wenige Lastwagen mit UN-Hilfe hier in der Stadt an. Zwei Lastwagen für eine 80.000 Einwohner Stadt, die zur Hälfte zerstört wurde? Das kann nicht als Hilfe bezeichnet werden! Ausrüstung zur Rettung und Bergung von Verschütteten gab es ebenso wenig, wie Decken oder Zelte für die Zehntausenden, die hier jetzt mit einem Schlag obdachlos sind. Viele Menschen, die das Erdbeben überlebt haben, sind jetzt tot, weil sie nicht medizinisch behandelt werden konnten oder schlichtweg erfroren sind. “ – Souad Al-Aswad von „Change Makers“.
Die Frauenorganisation Change Makers leistet derzeit Nothilfe im grenznahen Salqin in der Region Idlib. In der 80.000 Einwohnerstadt, die vom Erdbeben massiv zerstört wurde, leben überwiegend Binnenvertriebene, deren Situation besonders prekär ist. Die Aktivistinnen von Makers of Change leisten in der derzeitigen Situation gezielt auch Hilfe für betroffene Frauen.
Hooz-Zentrum in Azaz
„Auf unseren Einsatztouren in Jenderis sind wir immer wieder in extrem zerstörte Viertel gelangt, die bis zu diesem Zeitpunkt keine Hilfe erreicht hatten. Die Straßen sind noch komplett verschüttet und man kommt dort mit Autos oder LKW nicht durch, deshalb werden wir jetzt in die abgeschnittenen Viertel Hilfe mit Rollern und Motorrädern bringen. Wir planen als Priorität auch uns irgendwie an der Instandsetzung von Gebäuden zu beteiligen, die nicht einsturzgefährdet, sondern nur beschädigt sind. In unserer Region hier gab es schon vor dem Erdbeben unzählige IDP-Camps, in denen die Lebensbedingungen extrem prekär sind. Unser Ziel ist es, dass es nicht zu neuen Camps kommt, sondern dass so viele Menschen wie möglich in Häuser zurückkehren können.“ – Hayyan Al-Faisal vom Hooz-Zentrum
Obwohl auch drei Mitarbeiter des Hooz-Zentrums im weniger stark betroffenen Azaz selbst durch das Erdbeben obdachlos geworden sind, leisten sie solidarisch Nothilfe im benachbarten Jenderis (60.000 Einwohner*innen). Dort ist mindestens die Hälfte der Stadt vollständig zerstört, 90 Prozent der Bevölkerung sind nach Angaben lokaler Organisationen unmittelbar von den Auswirkungen der Erdbeben betroffen und derzeit wohnungslos. Vor Ort fehlt es weiterhin an Geräten zur Bergung der Leichen.
Ziviles Zentrum in Atareb
„Der gesellschaftliche Zusammenhalt aktuell ist sehr groß. Dank der gut organisierten Zivilgesellschaft hier in der Stadt können wir vielen Menschen helfen. Alle teilen alles mit den am stärksten Betroffenen, auch wenn sie selbst wenig haben. Langfristig wird die Versorgungslage hier aber für uns alle zum Problem werden – es kommt keine internationale Hilfe an und die Warenzufuhr aus der Türkei hat gestoppt. Was machen wir, wenn die Lager der Händler hier leer sind? Das bedeutet jedoch nicht, dass internationale Hilfen über das Regime abgewickelt werden sollten: Man kann sich sicher sein, dass das Assad mittelfristig den Zugriff auf die Hilfen in den Nordwesten instrumentalisieren und verhindern würde, dass sie wirklich hier ankommen.“ – Mohammad Shakerdy, Leiter des zivilen Zentrums Atareb.
In der Kleinstadt Atareb sind bisher keinerlei internationale Hilfen angekommen. Das zivile Zentrum fokussiert seine Nothilfe derzeit auf die Versorgung der Verwundeten des Erdbebens.