Syrien von unten – wo die Komitees arbeiten

Ein Überblick über die Lage im Land nach über 20 Monaten Aufstand Seit Anfang 2012 unterstützt Adopt a Revolution über 30 BürgerInnenkomitees in ganz Syrien. Die Medienarbeit der Komitees war lange Zeit die einzige Quelle für das Geschehen in dem abgeschotteten Land. Auch wenn inzwischen JournalistInnen in bestimmte Regionen gelangen, bieten die Berichte der Komitees […]

Ein Überblick über die Lage im Land nach über 20 Monaten Aufstand

Seit Anfang 2012 unterstützt Adopt a Revolution über 30 BürgerInnenkomitees in ganz Syrien. Die Medienarbeit der Komitees war lange Zeit die einzige Quelle für das Geschehen in dem abgeschotteten Land. Auch wenn inzwischen JournalistInnen in bestimmte Regionen gelangen, bieten die Berichte der Komitees einen guten Überblick darüber, was im Land vor sich geht.

Neben der Medienarbeit organisieren die Komitees Demonstrationen, übernehmen die Dokumentation von Menschenrechtsverbrechen, koordinieren humanitäre Hilfe für Verwundete und Flüchtlinge und übernehmen dort die zivile Verwaltung, wo das Regime nur noch mit Angriffen präsent ist. Diese Karte zeigt auf einen Blick, wo Adopt a Revolution BürgerInnenkomitees unterstützt und stellt anhand von Komiteeberichten die Lage in verschiedenen Regionen dar.

Syrien von unten

Überblickskarte Syrien: Wo Adopt a Revolution welche Komitees unterstützt. (Zum Vergrößern klicken.)

A. Urbane Küstenstadt Lattakia
Die Region um die Hafenstadt ist von der alawitischen Minderheit geprägt, auch wenn in der Stadt selbst mehr Sunniten leben. Die Sicherheitspräsenz ist hoch, so dass spekuliert wird, hierhin könnte sich der Diktator Assad zurückziehen, wenn Damaskus fällt. Im Komitee arbeiten AktivistInnen aller Konfessionen bei der Organisation von Demonstrationen und der Versorgung von Verletzten zusammen. Sie geben eine Untergrundzeitung heraus, die deutlich macht, dass die Revolution nicht nur von einer Bevölkerungsgruppe getragen wird.

B. Damaskus – ruhiges Zentrum, brodelnde Vorstädte
Straßensperren und Sicherheitskräfte sind im Zentrum der Hauptstadt allgegenwärtig. Abgesehen von kleinen Demonstrationen, die meist in Nebenstraßen und Hinterhöfen stattfinden müssen, gibt es nur selten sichtbare Proteste. Ganz anders ist die Lage in den abgeriegelten Vorstädten: Militär und Geheimdienste haben ganze Ortschaften umzingelt, sodass etwa in Mleha das Komitee die zivile Kontrolle übernommen hat. AktivistInnen organisieren die Müllabfuhr genauso wie medizinische Versorgung. Gleichzeitig koordinieren sie weiter Protestaktionen und kümmern sich darum, dass Gefangene des Regimes gut betreut werden.
Insgesamt arbeitet Adopt a Revolution im Großraum Damaskus mit 17 Komitees zusammen.

C. Dael – der wütende Anfang der Revolution
Die Kleinstadt liegt nur wenige Kilometer von Daraa entfernt, wo die syrische Revolution ihren Anfang nahm. Seit Monaten ist der Ort von der Armee umstellt. Demonstrationen werden sofort beschossen, die folgenden Beerdigungen werden zur wütenden Anklage gegen das Regime. Die AktivistInnen des Komitees versuchen diesen Kreislauf zu durchbrechen, indem sie andere Protestformen ausprobieren, wie Graffiti und „Verschönerungen“ an Bauten. Mit ihrem Projekt „Kamera der Leute“ dokumentieren sie die Ansichten der BewohnerInnen zur Revolution.

D. Die Wirtschaftsmetropole Aleppo
Lange Zeit blieb die wohlhabende Händlerstadt ruhig. Erst die bunten Proteste der Studierenden auf dem Campus und deren gewaltsame Niederschlagung trugen die Revolution in das ökonomische Herz Syriens. Inzwischen ist die Lage militärisch eskaliert: Einzelne Stadtteile sind heftig umkämpft, viele Menschen sind geflohen. Neben Demonstrationen und Medienarbeit organisieren die AktivistInnen die Betreuung von Inhaftierten und ihrer Familien. Außerdem nimmt die Dokumentation von Repression und Angriffen einen Hauptteil der Arbeit des Komitees ein.

E. Dair az-Zur – im grünen Flusstal des Euphrat
Die sechstgrößte Stadt Syriens ist derzeit verheerenden Angriffen ausgesetzt. Um Nachbarschaftshilfe besser koordinieren zu können, richteten Komitees hier den ersten Revolutionsrat mit über 100 Mitgliedern ein. Er koordiniert die verschiedenen Aktivitäten und sorgt für regelmäßigen Austausch. Unter seinem Dach gründeten MedienaktivistInnen eine eigene Presseagentur, richteten ein Fernsehstudio ein und berichten via Satellit über Ereignisse vor Ort.

F. Wenig beachteter Widerstand im kleinen Salamiyeh
In der Kleinstadt, je 50 Kilometer von den Großstädten Hama und Homs entfernt, wurden die Proteste lange wenig beachtet. Die multireligiöse Stadt blieb weitgehend von größeren Angriffen verschont, obwohl sie sich früh den Protesten anschloss. Weil aber die nahen Großstädte sehr unter Angriffen leiden, koordiniert das Komitee humanitäre Hilfe für Flüchtlinge und bindet sie in die Protestaktionen vor Ort ein.

G. Qamishli – der kurdische Nordosten
Der kurdisch geprägte Nordosten Syriens war lange Zeit militärisch ruhig. Die syrischen Sicherheitskräfte haben sich im Juli 2012 weitgehend aus den kurdischen Gebieten zurückgezogen. Das gab den AktivistInnen den Freiraum für vielfältige Aktivitäten: Sie organisierten Ausstellungen und Podiumsdiskussionen und zweimal wöchentlich wird demonstriert. Erst mit dem Vorstoß der Freien Syrischen Armee nach Ras al Ain (kurdisch: Serê Kaniyê) im November eskalierte die Lage militärisch. Das nahe Komitee Qamishli gründete ein Lagezentrum, um Flüchtlinge aus der Stadt zu unterstützen und bei Spannungen zwischen den Bevölkerungsgruppen zu vermitteln.
 

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Dieser Beitrag erschien in der Adopt a Revolution-Zeitung. Sie können die Zeitung auch als pdf herunterladen.

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