Die jährlich erscheinende Zeitung von Adopt a Revolution hat in den vergangen Jahren immer wieder erklärt, dass der Syrien-Krieg einer Revolution gegen eine Diktatur entsprang. Dass das Wiedererstarken dieser Diktatur nicht Stabilität bringt, sondern Vertreibung, Inhaftierung, Folter und Mord. Dass über hunderttausend Menschen in Assads Gefängnissen verschwunden sind und Zehntausende zu dieser Stunde dort Qualen erleiden, die man sich nicht ausmalen kann. Dass diese Verbrechen weitergehen werden, solange die Verantwortlichen nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Und dass dieser Krieg noch lange nicht vorbei ist.
Doch längst sind die Bombardierungen durch das Assad-Regime und seine Verbündeten und die anhaltenden brutalen Repressionen keine Neuigkeiten mehr. Selbst über die türkische Offensive im Nordosten wird aktuell nur noch wenig berichtet. Je länger Gräuel andauern, desto gründlicher werden sie ignoriert.
Das schöne Märchen vom Kriegsende
Zudem ist die Sehnsucht, die schlechten Nachrichten und vor allem die Asylanträge von Syrer*innen mögen endlich abebben, weit verbreitet. Die Propaganda des Assad-Regimes, seiner russischen Verbündeten und auch rechter europäischer Akteure hat daher leichtes Spiel: Ihre Märchen, dass Syrien bald wieder „sicher“ sei, verbreitet sich immer stärker. Auch manche Landesinnenminister behaupten, die Situation habe sich „stabilisiert“.
Diesem Zynismus hält die diesjährige Ausgabe unserer Zeitung den Spiegel vor. Sie zeigt, dass es in Syrien keinen Neuanfang gibt, sondern die Ursache des Konflikts fortbesteht: Die brutale Herrschaft des Assad-Regimes. Und zugleich zeigt die Zeitung, was das Gegenteil von Ignoranz und Zynismus ist: Solidarität. Die Printversion unserer Zeitung liegt am 6. Dezember der taz bei und weiteren Zeitungen. Hier können Sie die Zeitung auch einfach online lesen, gerne schicken wir Ihnen Exemplare zu.
FAQ
Warum diese „Urlaubswerbung“?
Zahlreiche Akteure arbeiten daran, dass Assad-Regime international zu rehabilitieren und tun so, als kehre Syrien unter Assad bereits zu Ruhe und Frieden zurück – ganz so, als könne man in dem von Diktatur, Krieg und Terror zerrütteten Land bald wieder Urlaub machen. Darauf spielt diese Zeitung an.
International setzt vor allem die russische Regierung alles daran, dass das Assad-Regime wieder als „normale Regierung“ eines „normalen Landes“ angesehen wird. Dann wäre die russische Intervention zur Rettung des Assad-Regimes komplett. Putin setzt vor allem darauf, dass Europa unbedingt syrische Geflüchtete loswerden will und dafür auch bereit sein könnte, Syrien wieder aufzubauen.
In Deutschland fordern Teile der Linkspartei, vor allem aber die AfD eine „Normalisierung“ des Assad-Regimes – also die Aufhebung der Sanktionen und die Wiederherstellung diplomatischer Beziehungen. Vor allem die AfD propagiert, der Krieg in Syrien sei zu Ende und Assad „stabilisiere“ das Land. Tatsächlich führt das Regime weiterhin Krieg gegen einen großen Teil der syrischen Bevölkerung.
Auch Reiseblogger, Abenteurer und Tourismus-Unternehmer, die Werbung für Urlaub in Syrien machen, „normalisieren“ das Assad-Regimes – manche in voller Absicht, andere aus Naivität. Sie verbreiten, in Syrien sei alles wieder „normal“ – obwohl die Folter in den Gefängnissen des Regimes weitergeht, die Bombardierungen in Idlib und anderswo andauern und die Hälfte der Bevölkerung immer noch vertrieben ist.
Wäre Tourismus nicht gut für das Land?
Aufgrund des Krieges lebt ein großer Teil der syrischen Bevölkerung in Armut, die Wirtschaft liegt weitgehend am Boden. Unter bestimmten Bedingungen könnte Tourismus tatsächlich der Bevölkerung helfen, wieder auf die Beine zu kommen – doch sind solche Bedingungen nicht gegeben. Und zwar nicht nur aufgrund mangelnder Sicherheit.
Die syrische Wirtschaft ist nicht nur vom Krieg, sondern vor allem von einer Diktatur geprägt, die stark mafiöse Züge trägt: Wo immer Geld fließt, halten Regime-Angehörige und Günstlinge ihre Hände auf und sorgen dafür, dass ihre Gegner leer ausgehen. Tourismus oder andere Formen der wirtschaftlichen Kooperationen kommen daher stets nur wenigen Menschen zugute. Die massive Korruption ist auch einer der Gründe, warum 2011 große Teile der syrischen Bevölkerung versuchten, das Assad-Regime zu stürzen.
Zynisch scheint Syrien-Tourismus nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass rund ein Viertel der Bevölkerung ins Ausland vertrieben wurde und ein Großteil der Geflüchteten bei einer Rückkehr oder einem Besuch in Syrien Verhaftung und Folter fürchten muss. Viele Syrer*innen vermissen ihr Land und ihre Angehörigen sehr, können jedoch nicht zurück.
Machen nicht syrische Flüchtlinge “Urlaub in Syrien”?
Es gibt immer wieder Berichte über syrische Geflüchtete, die “Urlaub in Syrien” machen. Tatsächlich gibt es Reisebewegungen zwischen Deutschland und Syrien. Von “Urlaub” kann dabei in den meisten Fällen nicht die Rede sein. Hier finden Sie Fakten zum Thema „Heimaturlaub“ und Rückkehrergefährdung.
Warum »Auferstanden aus Ruinen«?
Diese Zeile aus der Hymne der ehemaligen DDR stand für den Neuanfang in Deutschland nach 1945. Nicht selten wird die Situation von 1945 in Deutschland auf Syrien übertragen – obwohl die Situation dort ganz anders ist: In Syrien gibt es keinen Neuanfang. Die Diktatur ist immer noch da, und die Verbrecher sind immer noch an der Macht und auch der Krieg ist noch nicht vorbei. Das darf nicht vergessen werden.
Die Zeile spielt aber zugleich auch darauf an, dass es in mancher Hinsicht Parallelen gibt zwischen der DDR und dem Assad-Regime in Syrien – und Oppositionelle aus der ehemaligen DDR und aus Syrien daher viele Erfahrungen teilen. Dem gehen wir in diesem Projekt nach – Schauen Sie rein!
Warum informiert Ihr nicht sachlich?
Sie mögen es lieber sachlich und vertiefen sich gerne in Quellen? Wir haben die wichtigsten Fakten zu Syrien hier für Sie zusammengefasst – samt umfangreichen Belegen:
