Bericht: Willkür türkisch-finanzierter Milizen in Nordsyrien

Unsere Partner*innen von PÊL reichen eine Beschwerde beim UN-Sonderberichterstatter für die Rechte indigener Völker ein. Darin weisen sie auf die gezielte Verfolgung von Kurd*innen in den türkisch-kontrollierten Gebieten Syriens hin. Ihre Forderungen: Unabhängige Untersuchungen und Druck auf die Türkei, die Praxis systematischer Verfolgung zu beenden.

Grundlage der Beschwerde ist ein monatlich erscheinender Bericht von Syrians for Truth and Justice (STJ). Die Menschenrechtsorganisation dokumentierte allein im August 108 willkürliche Festnahmen in der Region Afrin und dem türkisch-kontrollierten Gebiet an der türkisch-syrischen Grenze. Diese beiden Gebiete hatte das türkische Militär mit ihren Interventionen im Januar 2018 (Afrin) und im Oktober 2019 (Gebiet um Ras al-Ayn/Serê Kaniyê und Tal Abyad) übernommen. Kontrolliert werden beide Gebiete mittlerweile von türkisch finanzierten Milizen.

Kurz erklärt: Türkische Intervention gegen Kurden in Syrien

Im folgenden dokumentieren wir die Beschwerde von PÊL, STJ, dem Syrian Center for Justice and Accountability (SCJA) und der Hevdestî Association in Auszügen.

Jeden Monat reisen Forscher*innen von Syrian for Truth and Justice durch die Region Afrin in Syrien und erfassen die Anzahl und Namen von Personen, die willkürlich inhaftiert wurden und von der Militärpolizei und anderen Sicherheitsdiensten im Nordwesten Syriens mit Unterstützung der Türkei festgehalten werden. Die Organisation überprüft diese Angaben mithilfe eines Netzwerks von Forscher*innen, zivilen Quellen und Augenzeugen.

Im Jahr 2018 führte die Türkei ihre Militäroperation namens „Olive Branch“ in der mehrheitlich kurdisch-bewohnten Region Afrin durch und begann damit die langfristige Besetzung von syrischem Gebiet, was zur Vertreibung von mehr als 300.000 Menschen führte. Es folgten gezielte Maßnahmen zur Drangsalierung der lokalen Bevölkerung, die nicht geflohen ist.

Untersuchungen der Unabhängigen Internationalen Untersuchungskommission zu Syrien haben ergeben, dass Kurden*innen, die in dem besetzten Gebiet leben, einem unverhältnismäßig hohen Risiko willkürlicher Inhaftierungen ausgesetzt sind.

Mit einem Beispiel belegt der Bericht die Feststellung, dass die meisten Festnahmen willkürlich erfolgen.

STJ sprach mit einem Mann, der in einer Buchhandlung in Afrin arbeitete. Er wurde von der türkischen Militärpolizei festgenommen, als er eine Schachtel Zigaretten kaufen wollte. Er wurde an verschiedene Orte gebracht, die er nicht alle identifizieren konnte, bevor er zwei Monate lang im Zentralgefängnis von Maratah festgehalten wurde.

Als das Opfer schließlich vor Gericht stand, wurde es gegen Zahlung einer Geldstrafe freigelassen. Wie in diesem Fall deuten die STJ-Dokumente darauf hin, dass die Festnahmen meistens nicht aufgrund eines offiziell verfolgten Vergehens erfolgen, sondern willkürlich zum Zwecke der materiellen Ausbeutung.

Ihre Beschwerdeschrift schließen die vier Organisationen mit Forderungen:

„Wir wollen eine Kultur des Austauschs und der Akzeptanz schaffen, damit eines Tages der Dialog stärker ist als die Waffen.“ Mehr über PÊL…

Mit ihrem Bericht über willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen fordern die klagenden syrischen Organisationen die UN-Institutionen dazu auf, Druck auf die Türkei auszuüben, die Praxis systematischer willkürlicher Festnahmen in den von ihr und von ihr unterstützten Milizen besetzten Gebieten zu beenden.

Darüber hinaus empfehlen die Partnerorganisationen, dass die UN solche Fälle willkürlicher Festnahmen für künftige Gerichtsverfahren dokumentieren.

Die Partner fordern schließlich die UN-Institutionen auf, Opfer von Verschwindenlassen und ihre Familien zu treffen und zu befragen, um die Auswirkungen der Inhaftierung und der Haftbedingungen in den von der Türkei besetzten Gebieten Syriens besser zu verstehen.

Unsere Partnerorganisation PÊL setzt sich für eine Kultur des Austauschs und der Akzeptanz im Nordosten Syriens ein. Hierfür organisieren sie Dialogprogramme zwischen Binnenflüchtlingen und empowern Jugendliche, sich in die Gesellschaft einzubringen. Helfen Sie mit, stärken Sie diese Arbeit mit Ihrer Spende!