Spekulation um Chemiewaffen, Drohungen der USA, die Not der Flüchtlingsfrauen – Netzschau 07. Dezember 2012

Nach den tagelangen Spekulationen um einen möglichen Einsatz syrischer Chemiewaffen durch das syrische Regime – eine mögliche Einschätzung hierzu gibt auch die ZEIT – ist die Weltgemeinschaft alarmiert. UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon hat unterdessen Bashar al-Assad in einem Brief vor dem Einsatz von Chemiewaffen gewarnt. Wie die SZ schreibt, habe Ban den Einsatz von Chemiewaffen ein […]

Nach den tagelangen Spekulationen um einen möglichen Einsatz syrischer Chemiewaffen durch das syrische Regime – eine mögliche Einschätzung hierzu gibt auch die ZEIT – ist die Weltgemeinschaft alarmiert. UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon hat unterdessen Bashar al-Assad in einem Brief vor dem Einsatz von Chemiewaffen gewarnt. Wie die SZ schreibt, habe Ban den Einsatz von Chemiewaffen ein “abscheuliches Verbrechen mit schrecklichen Konsequenzen” genannt. Heute wollte Ban Flüchtlingslager in der Türkei besuchen.

Die Warnungen an das syrische Regime kamen diese Woche aus verschiedensten westlichen Staaten, allen voran den USA. US-Verteidigungsminister Leon Panetta zeigte sich „sehr besorgt“, wie die SZ weiterhin schreibt. Die USA nannten den syrischen Einsatz von Chemiewaffen mehrmals eine „rote Linie“. Laut dem Regierungssprecher Carney ist nun wohl auch die Vernachlässigung der Sicherung der Chemiewaffen ein Grund für die USA einzuschreiten.

Die taz fragt sich, ob die Chemiewaffen in Syrien herbeigeredet werden. Dieser Meinung ist zumindest der Chef des Bundeswehrverbands, Ulrich Kirsch. Er sieht die Verlegung von 400 deutschen Soldaten und Patriot-Systemen an die türkische Grenze kritisch. Nächste Woche wird wohl der Bundestag über die Entsendung in die Türkei entscheiden.

Wie die taz auch erwähnt, hat sich Hillary Clinton mit ihrem russischen Kollegen Lawrow und dem Syrien-Sonderberater Brahimi 40 Minuten lang beraten. Dass dieses Gespräch sehr fruchtbar war, lässt Brahimis Äußerung vermuten: „Wir haben keine sensationellen Entscheidungen getroffen. Aber ich denke, wir sind übereingekommen, dass die Situation schlimm ist.“ Wie seit langem in einem gewissen Zyklus üblich gibt es erneute Spekulationen, dass sich Russland und die USA in der Syrien-Frage annähern.

Derweil hat laut ntv der UN-Beauftragte für palästinensische Flüchtlinge bei einem Besuch in Syrien die Palästinenser Syriens aufgefordert, im syrischen Konflikt neutral zu bleiben. Wie realistisch diese paternalistische Aufforderung ist, bleibt fraglich. Was derzeit in Damaskus vor sich geht, beschreibt Mohammed Sergie bei „Syria Deeply“. Sowohl das Regime als auch die Rebellen rüsten sich für den Kampf auf Damaskus, das Regime habe seit dem Sommer Truppen in Damaskus zusammengezogen. Die Rebellen hätten sich ihrerseits besser strukturiert, derzeit ist der zivile Flughafen samt Umland umkämpft. Sergie rechnet mit einem langen Kampf um Damaskus. Jonas Nonnemann von der Frankfurter Rundschau sieht hingegen die Entscheidung in Syrien – nicht zuletzt aufgrund stärkerem westlichen Eingreifen – näher rücken.

Karen Leigh und Mohammed Sergie beschreiben für „Syria Deeply“ ein erschreckendes Phänomen: Flüchtlingsfrauen und –mädchen werden in Flüchtlingscamps, v.a. dem Zaatari-Lager in Jordanien, zur Handelsware für heiratswillige Männer und Eheanbahner. Teilweise würden sich Heiratsverkuppler gar getarnt als „aid worker“ in die Flüchtlingscamps einschleusen. In den Camps besteht ferner eine hohe Gefahr von sexueller Gewalt. Die Verheiratung von Mädchen an ausländische Männer entlaste die Familien und gebe ihnen das Gefühl, ihre Tochter in eine sicherere Zukunft zu entlassen. Für manche arabische Männer gilt die Hochzeit mit einer Syrerin als „gute Tat“, die meisten träumen lediglich von einer jungen hübschen Frau. Auf Facebook engagiert sich die Seite „Lajiaat la sabayaa“ („Flüchtlinge, keine Bräute“) gegen die Ausbeutung und Verheiratung junger syrischer Flüchtlingsfrauen.

Die Rolle der Frauen im zukünftigen Syrien thematisiert Rafif Jouejati, die Sprecherin der LCCs, in einem Beitrag für NOW Lebanon. Sie argumentiert, dass Frauen im post-Assad-Syrien Gleichheit erringen müssten. Sie kritisiert den SNC, der sich für Frauen weder interessierte noch ihnen die Möglichkeit politischer Teilhabe einräumte. Sie sieht die neue Nationale Koalition in der Pflicht, Frauen aktiv in den politischen Prozess einzubeziehen. Im Blick auf die Islamisierung in Syrien meint sie, die theokratischen Anrainerstaaten Syriens seien kein ermunterndes Beispiel. Jouejati fordert, den Blick auf Frauen in der syrischen Gesellschaft zu verändern. Bildung sei ein zentraler Schlüssel, um Gleichheit für alle Syrer zu erlangen.


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