Unsere Partner*innen Souad und ihr Team verteilen Care- und Hygienepakete in Flüchtlingscamps und klären zu überlebenswichtigen Schutzmaßnahmen auf.

David gegen Goliath: Selbstorganisiert gegen Corona in syrischen Flüchtlingslagern

Was tun, wenn Abstandhalten und Infektionskontrolle nicht möglich sind? Unsere Partner*innen in Idlib nehmen die Dinge selbst in die Hand: Sie schultern derzeit eigenverantwortlich die Notversorgung für mehrere tausend mittellose Flüchtlingsfamilien, um sie vor Corona bestmöglich zu schützen.

Unsere Partner*innen Souad und ihr Team verteilen Care- und Hygienepakete in Flüchtlingscamps und klären zu überlebenswichtigen Schutzmaßnahmen auf.
Souad in einem der vielen Flüchtlingscamps

An staubige, nicht asphaltiert Wege reihen sich die Zelte. Im Hintergrund ragen Hochhäuser in den Himmel empor. Trotz der Nähe sind solche Unterbringungen für die Bewohner der Camps unerreichbar, die erst in den letzten Monaten als Folge der anhaltenden Bombardierungen und Fluchtbewegungen entstanden sind. Zu viele Menschen sind auf der Flucht vor Assads Bomben hier in Idlib gestrandet – für 1,5 Millionen Menschen ist in der kleinen Region kein Platz. Sie harren daher in kleinen Zelten aus, die notdürftig nebeneinander gesetzt wurden. Einige sind dunkelblau, die meisten sind aber weiß – zumindest schimmert die Farbe noch ein wenig durch den Staub und Dreck durch, der das ganze Camp umhüllt.

Im Inneren der Zelte sind bunte Tücher und Teppiche ausgelegt, die es wohnlicher und einladender machen sollen. Aber auch sie können über die prekären Lebensbedingungen der Camp-Bewohner*innen hier nicht hinwegtäuschen. Schlimmer als das wiegt die sanitäre Situation. Weil viele Camps nicht ausreichend mit Wasser versorgt sind, ist die allgemeine Hygienesituation schlecht. Selbst wenn fließendes Wasser vorhanden ist – es fehlt auch an Hygieneartikeln. Das erschwert die Vorbeugung gegen das Corona-Virus.

Wissen ist Schutz

Corona ist allerdings weder die erste, noch die einzige Sorge, welche die Menschen umtreibt. Auch wenn die Gefahr im Vergleich noch sehr abstrakt scheint: Die Angst nimmt zu. Ein Ausbruch des Corona-Virus bedeutet für viele Menschen den sicheren Tod, denn eine medizinische Versorgung, Intensivbetten oder gar Beatmungsgeräte sind Mangelware. Hinzu kommt, dass wegen des Stresses des Kriegs und der Flucht, sowie aufgrund von Mangelernährung quasi alle Teil einer Risikogruppe sind. Das gilt insbesondere für die Binnenvertriebene in den Flüchtlingscamps. Umso wichtiger ist hier ein bewusster Umgang mit dem Corona-Virus.

Souad bei der Übergabe von Desinfektionsmittel in einem Camp.

Unsere Partnerin Souad al-Aswad hat daher mit weiteren Aktivist*innen eine Aufklärungskampagne gestartet und weitere Fraueninitiativen zur Verstärkung mit ins Boot geholt. “Wir haben Aufklärungs-Broschüren und Flyer erstellt und gedruckt, eine andere Gruppe hat einen Fahrer besorgt, der uns in die Camps bringt.“

Das Problem: Bei der Ankunft von Autos im Camp strömen die Menschen aus ihren Zelten, denn normalerweise kündigen sie Essens- und Hilfspakete an und keine*r will leer ausgehen. Souad teilt sie deshalb schnell in Kleingruppen ein und informiert wie sich die Menschen ihren Lebensumständen entsprechend vor einer Ansteckung schützen können.

Bei ihren Einsätzen wird immer wieder deutlich, wie wichtig ihre Aufklärungsarbeit ist, denn die Gefahr durch Corona ist im Vergleich zu Bomben, Hunger und der Bedrohung durch Dschihadisten zu abstrakt. “Deshalb machen wir immer wieder deutlich, dass sie alle auf ihre Gesundheit aufpassen müssen, damit ihre Kinder keine Waisen werden. Wir alle müssen versuchen zu verhindern, dass Corona die Camps erreicht.”

Aufklärung allein reicht nicht

Aufklärung allein reicht dafür aber nicht aus. „Was nützen unsere Empfehlungen zum Händewaschen, wenn es in den Flüchtlingslagern kein fließendes Wasser gibt?“, so Souad. „Deshalb geben wir den Menschen Mittel an die Hand, mit denen sie sich trotzdem schützen können: Desinfektionsmittel, Seife und demnächst auch selbstgenähten Mund-Nasen-Schutz.“


In mittlerweile drei Camps konnte das Team die Bewohner*innen für mindestens einen Monat ausstatten. In den Paketen sind Seife, Desinfektionsmittel, aber auch Grundnahrungsmittel enthalten: Die Menschen sollen nicht mehr auf den belebten Markt gehen müssen.


Nur Nachhaltigkeit wirkt

Huda beim Verteilen von Hilfspaketen im Camp

Auch unsere langjährige Partnerin Huda will nicht abwarten, bis das Corona-Virus Idlib und die Camps erreicht hat. Die Aktivistin und Leiterin des Women Support und Empowerment Centers kümmert sich bereits seit langem um die Ärmsten der Armen in Idlib. Schon früh, als es in Idlib noch kaum ein Verständnis für die Gefahren des Corona-Virus in der Bevölkerung gab, hat sie begonnen in ihrem Zentrum Aufklärungskurse zu COVID-19 zu geben. Aus der Präventionskampagne hat sie nun ein langfristig angelegtes Projekt gestaltet. Denn nur langfristig können Krankheiten auch nachhaltig bekämpft werden.


Mehrere tausend Familien versorgen die Aktivist*innen mit unserer Unterstützung derzeit regelmäßig mit grundlegenden Hygieneartikeln wie Seife, Damenbinden, Zahnbürsten, Chlor und Desinfektionsmittel.


Auch Infomaterial zu Corona liegt den Paketen bei. Im Zusammenspiel mit der Arbeit von Souad können so mehr Camps und damit mehr Familien erreicht und versorgt und vor Corona so gut es geht geschützt werden.


Die Corona-Nothilfe ist für unsere Partner*innen ein Kraftakt besonderen Ausmaßes – ein Ende der Bedrohung durch das Virus ist nicht absehbar. Damit unsere Partner*innen vor Ort möglichst lange Menschen in den Flüchtlingscamps versorgen können, brauchen wir auch Ihre Unterstützung!