Graffiti in Nordsyrien: Keine Rückkehr mit Assad

“Flüchtlingskonferenz” in Damaskus – Stellungnahme

Russland und das Assad-Regime laden zur Flüchtlingskonferenz nach Syrien. Zwar haben europäische Staaten und die EU eine Beteiligung abgelehnt, jedoch müssen internationale Akteure weiter daran arbeiten, Gerechtigkeit in Syrien zu schaffen, um eine sichere Rückkehr zu ermöglichen.

Graffiti in Nordsyrien: Keine Rückkehr mit Assad

Organisationen der Zivilgesellschaft verurteilen das Stattfinden einer Flüchtlingskonferenz unter der Schirmherrschaft der syrischen Regierung. Auf Einladung der syrischen und der russischen Regierung findet in Damaskus eine Konferenz über die Rückkehr syrischer Flüchtlinge und Vertriebener statt. Diese Konferenz fällt zusammen mit einer militärischen Eskalation, welche die beiden Regierungen im Nordwesten Syriens vorantreiben. Seit dem 26. Oktober 2020 wurden mehr als 60 getötete und 94 verletzte Zivilist*innen gezählt, darunter mindestens 12 Kinder. Die syrische Regierung, sie unterstützende Milizen und ihr russischer Verbündeter waren in den letzten zehn Jahren für mehr als 90% der Angriffe auf zivile Ziele in in Syrien verantwortlich.

Eine Umfrage des UN-Flüchtlingskommissariats zeigt, dass der Anteil der Flüchtlinge, die nicht nach Syrien zurückkehren möchten, auf 89% gestiegen ist. Die Studie geht auch davon aus, dass der Hauptgrund für die fehlende Rückkehrbereitschaft der Flüchtlinge mit der Sicherheit zusammenhängt. Mehrere Berichte von Menschenrechtsorganisationen bestätigen, dass Rückkehrer*innen in Syrien von “Sicherheitsmaßnahmen” betroffen sind. So wurden etwa mehr als 2.000 Rückkehrer*innen festgenommen, von denen schließlich mehr als 20 Personen an den Folgen von Folter ums Leben gekommen sind, darunter einige Kinder.

Zusätzlich spielt die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage eine zusätzliche Rolle bei der Entscheidung der Flüchtlinge, nicht zurückzukehren. In den letzten zehn Jahren des Konflikts wurden große Teile der Infrastruktur zerstört, die COVID-19-Pandemie grassiert, was zu erheblichen Einschränkungen der Arbeit internationaler wie lokaler Hilfsorganisationen führt. Auch die Unfähigkeit oder der Unwillen der syrischen Regierung, Entschädigungen an von Vertreibung Betroffene zu zahlen, reduziert die Rückkehrbereitschaft. Schließlich hat die syrische Regierung mehrere Gesetze erlassen, die den Zugang der Vertriebenen zu ihrem Eigentum und ihren Immobilien einschränken, wie das Dekret Nr. 10 von 2018, das Dekret Nr. 39 von 2019, sowie die Einschränkungen der Behörden hinsichtlich des Zugangs von Bürger*innen zu Unterlagen, die als Eigentumsnachweise dienen würden. (Vgl. Studie zum Wiederaufbau in Syrien.)

Zur Umfrage: Die Mehrheit flieht vor Assad

Mit der Einladung zur Flüchtlingskonferenz versuchen die syrische und russische Regierung die Belastungen und Befürchtungen von Aufnahmeländern auszunutzen und zielen darauf ab, die Bemühungen um eine Aufarbeitung der in den letzten Jahren in Syrien begangenen Verbrechen zu untergraben. Die Konferenz zielt zudem darauf ab, Ressourcen für den Wiederaufbau des Landes zu mobilisieren, die jedoch der gleichen Regierung zu Gute kommen würden, die weiterhin Verbrechen begeht, welche direkt oder indirekt Gründe für die Flucht und Vertreibung von Millionen von Syrer*innen waren.

Jede internationale Beteiligung an der Konferenz ignoriert die oben genannten Tatsachen und trägt dazu bei, Flüchtlinge zur Rückkehr zu ermutigen unter Bedingungen, in denen ihre Sicherheit nicht garantiert ist. Dies ist entsprechend ein deutlicher Verstoß gegen den völkerrechtlich verankerten Grundsatz der Nichtzurückweisung. Dieser Grundsatz erfordert, dass die Rückkehr sicher, freiwillig und dauerhaft geschieht. Dies ist angesichts der anhaltenden Unsicherheit, der Verhaftungen und des Verschwindenlassens, sowie des Drucks, den Flüchtlinge in Asylländern ausgesetzt sind, nicht gegeben. Der wichtigste Schritt, um eine sichere und freiwillige Rückkehr syrischer Flüchtlinge und Vertriebener zu ermöglichen bestünde darin, Maßnahmen zur strafrechtlichen Verfolgung der Täter*innen aller am Konflikt in Syrien beteiligten Parteien, insbesondere auch des syrischen Regimes, einzuleiten.

Die Unterzeichnenden fordern deshalb:

Der UN-Generalsekretär und die Vereinten Nationen, insbesondere der UN-Flüchtlingskommissar, setzen sich dafür ein, den Druck der an der Konferenz beteiligten Länder, insbesondere Russlands und der syrischen Regierung, auf Flüchtlingen zu stoppen und einen Mechanismus zur Überwachung der Sicherheit und der Lebensbedingungen in Syrien zu errichten, der gewährleistet, dass Initiativen oder Konferenzen zur Rückkehr von Flüchtlingen nur unter dem Dach der Vereinten Nationen unter Beteiligung von Flüchtlingen und der Zivilgesellschaft abgehalten werden.

Die Länder, in denen die Flüchtlinge untergebracht sind, werden aufgefordert, keinen Rückkehrdruck auf syrische Flüchtlinge auszuüben, und die Sicherheits- und Lebensbedingungen in Syrien als grundlegendes Kriterium für eine mögliche Rückkehr in den kommenden Jahren anzuerkennen.

Internationale Geldgeber werden aufgeforderte, Aufnahmeländer zu unterstützen und in Zusammenarbeit mit dem UN-Flüchtlingskommissar Programmen zu erarbeiten, die Flüchtlingen einen sicheren Rechtsstatus und einen gesicherten Aufenthalt in ihren Aufnahmeländern zu ermöglichen.