Himmel über Syrien: Was dort alles so fliegt

Im Internet gibt es Websites, die anzeigen, wo sich gerade welche zivilen Flugzeuge bewegen. Es kommt in letzter Zeit nicht häufig vor, dass welche im syrischen Luftraum dargestellt werden. Der wird, so scheint es, tunlichst gemieden. Fast nur Flüge, die den Libanon mit dem Osten verbinden, überfliegen syrisches Gebiet, ganz selten ist einmal auch ein […]

Im Internet gibt es Websites, die anzeigen, wo sich gerade welche zivilen Flugzeuge bewegen. Es kommt in letzter Zeit nicht häufig vor, dass welche im syrischen Luftraum dargestellt werden. Der wird, so scheint es, tunlichst gemieden. Fast nur Flüge, die den Libanon mit dem Osten verbinden, überfliegen syrisches Gebiet, ganz selten ist einmal auch ein Flugzeug zu beobachten, das in dem Land startet oder landet.

Dass es kaum noch zivile Flugverbindungen von und nach Syrien gibt, ist verständlich, denn wer will schon in ein Bürgerkriegsland reisen? Der gleichen Karte zufolge sind noch drei Flughäfen in Betrieb: Damaskus, Aleppo und Latakia. Rund um die beiden ersten kam es in der Vergangenheit schon zu heftigeren Kämpfen zwischen Regime-Armee und Rebellen – potenziell würden Airlines sogar ihre Flugzeuge riskieren, wenn sie dort starten und landen würden.

Dennoch passiert sehr viel im Luftraum über Syrien. AktivistInnen berichten täglich von Toten im Zusammenhang mit Luftangriffen – seien es Helikopter, die Fassbomben auf zivile Ziele abwerfen oder Kampfjets russischer Bauart, die Märkte mit Raketen beschießen wie etwa vor gut einer Woche in Douma. Dabei sind die Verantwortlichen für die Opfer von Luftangriffen recht einfach auszumachen – zumindest in Gebieten, in denen ISIS nicht aktiv ist. Denn von den bewaffneten Gruppen aus Syrien verfügt lediglich die Assad-Armee über eine Luftwaffe – weder der „Islamische Staat“ noch die verschiedenen Rebellengruppen haben dazu die militärische oder technische Fähigkeit.

Fassbomben sind die Hauptursache für Flucht und Vertreibung.

Doch den gleichen Luftraum nutzt auch die internationale Anti-ISIS-Koalition unter Führung der USA. Ob mit Drohnen oder Kampfflugzeugen, die Koalition geht mit Luftangriffen gegen Ziele der Terrororganisation vor. Insbesondere als der Kanton Kobani, unter PYD-dominierter Selbstverwaltung, von ISIS massiv bedrängt wurde, flog die Koalition dutzende von Luftangriffen, um die kurdischen Selbstverwaltungskräfte YPG zu unterstützen. Doch auch in den Provinzen Raqqa und Dair ez-Zor gab und gibt es Angriffe gegen die ISIS-Strukturen. Die Flugzeuge der Koalition fliegen in der Regel sehr hoch, um nicht beschossen zu werden und nutzen dafür Präzisionswaffen. AktivistInnen berichten trotzdem, dass es immer wieder zivile Opfer gibt – wenn auch in verhältnismäßig kleiner Zahl.

Schließlich gibt es noch weitere Staaten, die immer wieder militärisch in den syrischen Luftraum eingreifen: Die israelische Luftwaffe bombardiert hin und wieder militärische Ziele in Syrien. Die Begründungen dafür sind zum einen, dass die Weitergabe von Waffen des Assad-Regimes an die libanesische Hisbollah verhindert werden soll; zum anderen schießt die israelische Armee auf Ziele, die an die besetzten Golanhöhen grenzen, wenn von dort auf israelisch beanspruchtes Gebiet geschossen wurde. Zuletzt kamen bei einem solchen Vergeltungsangriff nach israelischen Angaben fünf Menschen ums Leben.

Und schließlich beschießt in den letzten Wochen auch die Türkei Ziele in Syrien aus der Luft. Zwar war dieser Schritt rhetorisch vor allem als Krieg gegen ISIS eingeführt worden, doch zeigt ein Faktencheck, dass bisher vor allem die PKK Ziel des neuen militärischen Engagements des türkischen Militärs ist.

Das Assad-Regime tötet 7 Mal mehr ZivilistInnen als ISIS.
Das Assad-Regime tötet 7 Mal mehr ZivilistInnen als ISIS.

Es tummelt sich also so einiges an Fluggeräten im syrischen Luftraum, scheinbar eine große Mehrheit davon mit Tötungs- oder Zerstörungsabsichten. Für den Krieg in Syrien – sowohl dem der US-geführten Koalition gegen ISIS als auch dem Krieg zwischen Assad-Regime und Rebellen – sind die jeweiligen Luftwaffen eine wichtige Säule. Kein wunder, dass AktivistInnen davon ausgehen, dass ein Ende des Kriegs aus der Luft zentral dafür wäre, eine gerechte Friedenslösung finden zu können.

Mit einem Aufruf fordern zivile AktivistInnen aus Syrien insbesondere ein Ende der Abwürfe von Fassbomben – den tödlichsten Waffen des Kriegs – als Voraussetzung für eine gerechte Friedenslösung in Syrien. Sie bitten zudem die internationale Gemeinschaft um Hilfe, denn alleine werden sie den Konflikt nicht beenden können. Helfen Sie mit, unterstützen Sie den Aufruf!

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