Was ist in Sachen Syrien-Politik von den CDU-Kandidaten zu erwarten?

Mitte Januar entscheidet ein CDU-Parteitag: Welcher Mann aus Nordrhein-Westfalen wird CDU-Vorsitzender? Ob Merz, Laschet oder Röttgen, der Sieger dürfte gute Chancen haben, Kanzlerinkandidat zu werden. Für viele Syrer*innen ist Angela Merkel wegen ihrer Migrationspolitik im Jahr 2015 eine Heldin. Hat einer der Männer auch das Potenzial dazu?

Mit Außenpolitik hatte Armin Laschet in seiner Karriere bisher nicht viel zu tun. Dass es diese Rubrik in seinem Wikipedia-Artikel trotzdem gibt, ist bemerkenswert. Demzufolge hatte er zwei Mal er den damaligen Außenminister Westerwelle kritisiert. Einmal ging es um die Freilassung des weggeputschten ägyptischen Präsidenten Mursi, unter dem doch Christen verfolgt worden seien. Das andere Mal kritisierte er die Unterstützen syrischer Oppositioneller durch die Bundesregierung.

“Man sollte Assad mal Assad sein lassen” hatte Laschet im Oktober 2014 über einen der brutalsten Diktatoren unserer Zeit gesagt. Und wenige Monate später rühmte er, dass in Syrien vor 2011 Raum für alle Religionen gewesen sei. Seine Nähe zur christlichen Minderheit in Syrien führt offenbar dazu, dass er den Aufstand gegen Korruption und Verfolgung, Folter und Unterdrückung ablehnt. Vor einem Sturz Assads warnte er jedenfalls.

Der Außenpolitiker im Rechtsschwenk

Wenn es um Syrien geht, hat – rein formal – Norbert Röttgen die höchsten Kompetenzwerte der CDU-Vorsitz-Kandidaten. Seit 2014 ist Röttgen Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag. Schon allein deshalb muss er sich viel mit Syrien beschäftigt haben. In dieser Funktion ist er in der Vergangenheit auch in Talkshows wie Anne Will aufgetreten und hat durchaus menschenrechtsfreundliche Positionen vertreten.

Angesichts der von Russland unterstützten Offensive des Assad-Regimes auf Idlib forderte er schon “maximalen Druck” auf die russische Luftwaffe. Im Zusammenhang mit der mangelhaften Versorgung der Zivilbevölkerung und Vetos im UN-Sicherheitsrat gegen grenzüberschreitende Hilfe kritisierte er die UN-Hilfen in Syrien. (Zurecht, da Berichten zufolge die UN in Syrien nicht neutral hilft.) Sein durchaus zutreffendes Fazit: Ein Scheitern des Westens auf ganzer Linie.

“Es gibt Möglichkeiten, nach Syrien abzuschieben (…), in den nödlichen Teil. Da liegt die Hürde, nicht (die Abgeschobenen) da hin zu bringen, (…) diese Möglichkeit besteht, und die sollte der Staat sich nicht nehmen lassen.” – Norbert Röttgen im CDU-Kandidaten-Duell.

Doch das feit Röttgen nicht davor, im Wahlkampf um den CDU-Vorsitz, nach rechts zu schwenken. In der Debatte um die Verlängerung des Abschiebungsstopps nach Syrien verkündete er überraschend, Syrien-Abschiebungen zu unterstützen – im Zweifelsfall nach Nordsyrien. Letztlich leitet er damit einen außenpolitischen Paradigmenwechsel der Union ein, der zu einer Anerkennung des Assad-Regimes führen könnte.

Der Favorit ohne Position

Und Friedrich Merz, in Umfragen der Favorit der Vorstandswahl? – Der hat sich einfach nicht positioniert. Außenpolitik ist nicht sein Thema. Das Wohl der Wirtschaft liegt ihm am Herz, ob ihm das Wohl der Menschen in anderen Ländern am Herzen liegt, ist fraglich. Flüchtlinge aus Griechenland oder Bosnien will Merz jedenfalls nicht aufnehmen.

Dass er keine Ahnung hat belegte er etwa, als er fragte – während der genereller Abschiebestopp nach Syrien noch galt – warum ein syrischer Straftäter nicht abgeschoben worden war. Darin ist mehr als nur eine Spur Populismus zu erkennen, zumal er inzwischen heftig nickt, wenn andere davon sprechen, dass es keine praktische Möglichkeiten der Abschiebungen nach Syrien gibt. Alles andere als eine an deutschen Wirtschaftsinteressen ausgerichtete Außenpolitik unter Merz wäre jedoch ein handfeste Überraschung.


Fazit: Während Norbert Röttgen für eine aktive und progressive Syrien-Politik in der Vergangenheit eine Chance gewesen sein mag – mit seiner Wende nach rechts (“abschieben auch nach Syrien”) kann das inzwischen bezweifelt werden. Die Position von Armin Laschet mag im Fall von Syrien-Abschiebungen realistisch sein (“derzeit praktisch nicht umsetzbar”). Jenseits dessen qualifiziert er sich jedoch als Diktatoren-Versteher, weil im vor 2011 ach so stabilen Syrien Christen ja in Frieden hätten leben können. Und Friedrich Merz? Der denkt in Warenströmen und Außenhandelsbilanzen. Migrationsbewegung und Menschenrechtsbilanzen sind nicht sein Thema.

Obwohl inzwischen rund 1% der Bevölkerung in Deutschland aus Syrien stammt, ist von der Wahl zum CDU-Vorsitz nicht viel zu erwarten. Magere Bilanz für eine “Volkspartei”.