Weil ich eine Frau bin … LAILA

Laila lebt mit ihrer Familie in einem libanesischen Flüchtlingslager, nur 80 Kilometer von Damaskus entfernt. Nach der Abschiebung ihres Mannes steht sie allein da, ohne Unterstützung.

Oft sind es die Frauen, die zurückbleiben. Das zeigt die Geschichte von Laila*. Wie so viele Geflüchtete lebt sie seit Jahren in einem Lager im Libanon, nahe dem Ort Qaraoun. Von dort aus sind es theoretisch nur knapp 80 Kilometer bis nach Damaskus, doch tatsächlich trennen Laila Welten von ihrer Heimat. Mit ihrem Ehemann und drei Kindern haust sie in einem kleinen Zelt, das kaum Schutz vor den Herausforderungen des Lebens bietet.

Eines Nachts, es ist Ende April 2023, flackert das Licht von mehreren Taschenlampen durch den Zeltstoff. Augenblicke später steht die Familie vor einer libanesischen Armee-Patrouille. Lailas Ehemann wird abgeholt – und sie weiß, was das bedeutet. „Sie haben ihn nach Syrien deportiert“, sagt sie fast tonlos. Nach der Abschiebung steht sie allein da, ohne Unterstützung. Sie kann ihre Familie kaum versorgen. Auch die Schulbildung ihrer anderen Kinder droht auf der Strecke zu bleiben, da die Transportmöglichkeiten begrenzt und die Kosten hoch sind.

Dann beginnt die Belästigung. Ein Fremder, der Wind von der Abschiebung ihres Mannes bekommen hat, steht plötzlich vor ihrem Zelt. Er bietet ihr “Hilfe” an. Sie lehnt ab. Er kommt wieder. „Wenn du nicht öffnest, weiß ich, dass du es morgen tun wirst“, droht er eines Nachts, als sie nicht aufmacht. Die Furcht nagte an ihr, während sie sich in der Dunkelheit ihres Zeltes verkriecht. Laila weiß, dass echte Hilfe nicht nach Mitternacht angeboten wird. „Wenn jemand helfen will, kommt er am Tag“, denkt sie bei sich.

Immer wenn der Mann auftaucht, wächst die Bedrohung, und das Gefühl der Isolation schnürt Laila die Kehle zu. Schließlich beschließt sie, ihr Zelt zu verkaufen und nach einem sicheren Raum für sich und ihre Kinder zu suchen. Doch die Mietpreise sind unerschwinglich. „Ich hatte keine andere Wahl, als vorübergehend bei Verwandten unterzukommen“, sagt sie.

„Wir sind auf das Wohlwollen anderer angewiesen“, murmelt Laila. In einem System, das blind für die Nöte von Frauen ist, kämpft sie nicht nur um die Sicherheit ihrer Familie, sondern auch um ihre Würde und ihr Recht, in Frieden zu leben.

*aus dem Bericht “Forced deportation exhausts Syrian refugee women in Lebanon – even if they are not deported themselves“ von ““Medfeminiswiya”

DIE SITUATION IM LIBANON

Im Nachbarland Syrien, dem Libanon, lebten vor der israelischen Offensive mehr als 1,5 Millionen Geflüchtete. Damit hat das Land in Relation zur eigenen Bevölkerung von 5,5 Millionen die meisten syrischen Schutzsuchenden weltweit aufgenommen, was die wirtschaftliche und politisch instabile Lage extrem verschärfte.

Die libanesische Regierung hat 2015 die Registrierung von Flüchtlingen durch das UNHCR verboten – bedingt durch fehlende Dokumente, hohe Gebühren und willkürliche Entscheidungen. Häufig werden zuerst die Ehemänner abgeschoben, um die Frauen zur Rückkehr zu zwingen.

Nach der Abschiebung ihrer Partner sind Syrerinnen oft Belästigungen und schlimmeren Übergriffen durch vermeintliche Helfer ausgesetzt. Sie müssen dann alleine für ihre Familien sorgen und tragen die doppelte Belastung durch Haushalt und Arbeit – wenn sie überhaupt eine Beschäftigung finden.