Erdoğan ist kein Partner für die Bundesregierung!

Die deutsch-syrische Menschenrechtsorganisation Adopt a Revolution fordert von Bundeskanzler Olaf Scholz bei seinem Termin mit dem türkischen Präsidenten Erdoğan klare Worte zum völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Nordost-Syrien. Eine Neuauflage des EU-Türkei-Deals verbietet sich, denn Erdoğan ist kein legitimer politischer Partner Deutschlands.

Am heutigen Freitag empfängt Bundeskanzler Olaf Scholz den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan in Berlin. Dabei soll es laut Kanzleramt „um eine gesamte Bandbreite politischer Themen“ gehen. Als eines der wichtigsten Themen gilt die Neuauflage des EU-Türkei-Deals, den Scholz anvisiert. Adopt a Revolution kritisiert diese Pläne scharf: „Die Türkei führt einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg in Nordost-Syrien. Die Bundesregierung lässt Erdoğan nicht nur gewähren, sondern möchte auch ein Abkommen zu Lasten derer schließen, die unter seinen Angriffen leiden und fliehen müssen. Das ist nicht hinnehmbar“, erklärt Svenja Borgschulte, Pressesprecherin von Adopt a Revolution.

Die Türkei greift immer wieder den Nordosten Syriens an, seit Anfang Oktober täglich. Dabei zielt sie auch auf besiedeltes Gebiet und kritische Infrastruktur. Zu den Zielen gehören Wasser- und Stromwerke, Ölanlagen, Kranken- und Warenhäuser. Die Türkei handelt völkerrechtswidrig und verstößt gegen die Charta der UN und den Nordatlantik-Vertrag der NATO.

Scholz muss sich aus seiner Abhängigkeit befreien

Eine Neuauflage des EU-Türkei-Deals verbietet sich auch deshalb, weil die Türkei die Genfer Flüchtlingskonvention nicht vollumfänglich ratifiziert hat und eine einwanderungsfeindliche Politik betreibt, mit der Massenabschiebungen, Zwangsumsiedlungen und die Entrechtung Geflüchteter einhergehen. Im laufenden Jahr sind über 40.000 Personen in den vom Assad-Regime unter Dauerbeschuss stehenden Nordwesten Syriens abgeschoben worden, obwohl die betroffenen Personen gebürtig aus anderen Provinzen stammen und von den lokalen Autoritäten keinerlei Hilfe erwarten können.

Konsequenzen für all diese Rechtsbrüche gibt es von Seiten der Bundesregierung oder der EU bislang keine. Auch deshalb, weil sich die EU mit dem EU-Türkei-Deal erpressbar gemacht hat – die Türkei hält in deren Auftrag die syrischen Geflüchteten von Europa fern. Diese sind ein Faustpfand für Erdoğan, der seine Interessen ungehindert durchdrücken kann. Der Preis: Millionen im Nordwesten festsitzende Menschen unter katastrophalen humanitären Bedingungen, Hunderttausende Vertriebene im Nordosten und die weitere Destabilisierung einer bereits volatilen Region.

Statt Verhandlungen um ein neues Flüchtlingsabkommen fordert Adopt a Revolution deutliche Worte der Verurteilung und direkte Konsequenzen von: „Die Türkei ist kein sicheres Land für syrische Flüchtlinge, sie wird von Tag zu Tag unsicherer. Gleichzeitig ist Erdoğan ein Garant für Unsicherheit und Krieg im Nordosten Syriens und bedroht die dortige junge, demokratisch orientierte Gesellschaft. Damit darf Erdoğan kein Partner für die Bundesregierung sein. Bundeskanzler Scholz muss jetzt beweisen, ob er ein Staatsmann ist oder sich weiterhin von einem Autokraten erpressen lässt“, betont Borgschulte.

Konkret fordert Adopt a Revolution von Bundeskanzler Scholz:

  • Den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg zu verurteilen und den nötigen Druck auf Präsident Erdoğan – beispielsweise über Sanktionen – auszuüben, die Invasion sowie die Massenabschiebung von zwei Millionen Menschen sofort zu beenden.

  • Sich für einen Exportstopp wichtiger Komponenten der Kampfdrohne TB2 sowie für ein Waffenembargo auf EU-Ebene einzusetzen.

  • Statt sich für eine Neuauflage des EU-Türkei-Deals stark zu machen, sichere und legale Fluchtwege für syrische Geflüchtete nach Europa zu schaffen! Dafür braucht es einen humanitären Korridor und ein neues, völkerrechts- und rechtsstaatskonformes Asylverfahren für alle Menschen, die über die Türkei in die EU reisen möchten, um Asyl zu beantragen.

  • Sich mit allen Mitteln für eine gesamtsyrische nachhaltige Friedenslösung einzusetzen, um alle Menschen in Syrien vor Gewalt, Verfolgung und Vertreibung zu schützen – ob im Nordosten vor der Türkei, in der Provinz Idlib vor syrisch-russischen Bomben und im Rest des Landes vor der brutalen Verfolgung durch das Assad-Regime.